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Märchen, Der Falke unter dem Hut ab 9 Jahre

Titel: Märchen, Der Falke unter dem Hut ab 9 Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viele Verschiedene
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uns Beeren sammeln, um unseren Hunger zu stillen. Geh du links, ich will rechts gehen. Doch höre auf meinen Rat: Nimm nur von den roten und weißen Beeren, die reifen schwarzen aber laß hängen, die gehören Imana, dem Beherrscher des Waldes. Er bestraft jeden Diebstahl schwer.“
    Der Löwe hoffte, die Beeren, die auf der anderen Seite wuchsen, auf dem Rückweg verspeisen zu können.
    Doch der Hase durchschaute ihn und aß sorglos von den schwarzen, wohlschmeckenden Beeren. Als sie am Ende des Waldes wieder zusammentrafen, entdeckte der Löwe das beschmierte Hasenmaul.
    „Wehe, Freund Hase!“ rief er. „Du hast von den schwarzen Beeren gegessen. Ich sehe es an deinem Maul.“
    „So ist es“, entgegnete der Hase gleichgültig, „doch bedenke, o Löwe, sind wir nicht Freunde? Als ich sah, daß auch du von den schwarzen Beeren nahmst, wollte ich die Strafe Imanas, die dir bevorstand, mit auf mich nehmen. Freunde müssen Freud und Leid miteinander teilen!“
    Auch jetzt mußte sich der Löwe den Ärger verbeißen.
    Am dritten Tag wanderten sie durch einen Mangrovenwald. Dort zeigte der Löwe dem Hasen eine seltene Pflanze und sprach: „Du bist mir allezeit ein treuer und ergebener Freund gewesen, und ich weiß, daß ich mich auf dich verlassen kann. Sollte es mir einmal schlecht ergehen, sollte ich an einer Magenverstimmung oder an Kopfschmerzen leiden, dann bitte ich dich, an diese Stelle zu laufen und mir die Arzneiwurzel zu holen. Sie heilt alle Gebrechen!“
    Der Hase durchschaute den Löwen. Indem er vorgab, seine Notdurft zu verrichten, verschwand er im Busch, grub rasch eine Arzneiwurzel aus und verbarg sie unter seinem Rock.
    Am Abend erreichten Löwe und Hase Imanas Reich. Für den König der Tiere und seinen Ratgeber war eine Tafel mit erlesenen Speisen gedeckt worden. Der Löwe hatte einen mörderischen Hunger und überlegte, wie er alles möglichst allein verschlingen könnte. Zum Schein krümmte er sich vor Schmerzen und jammerte: „Mein Leib tut weh. Keinen Bissen kann ich von diesen guten Dingen anrühren, ehe ich nicht die Arzneiwurzel verschluckt habe. Freund Hase, du bist ein schneller Läufer, ich bitte dich, hole sie mir!“
    Da zog der Hase die Wurzel unterm Rock hervor und sagte lächelnd: „Weil ich dein Freund bin und um dein Wohlergehen besorgt, o Löwe, habe ich die Wurzel, die du mir zeigtest, schon mitgenommen. Du kannst sie also gleich verschlucken.“
    Jetzt hätte der Löwe am liebsten dem Hasen den Garaus gemacht, statt dessen mußte er die gallebittere Wurzel fressen, und davon wurde ihm nun wirklich so übel, daß er von den guten Sachen nichts verspeisen konnte. Der Hase aber probierte von allem ein wenig und war fröhlich und guter Dinge.

    Bald darauf trat Imana zu ihnen und sagte: „Ihr seid müde von der Wanderschaft, und du, Löwe, bist sogar krank. Ruht euch bis morgen aus, dann sollt ihr mir Rechenschaft ablegen.“
    Es wurde ihnen ein schöner Schlafraum gewiesen, darin gab es weiches Heu zur Genüge. Der Hase machte sich’s gleich bequem und schlief auch bald ein. Den Löwen aber quälte der Hunger. Durch die Ritzen atmete er den Geruch der Ziegen, die im Stall nebenan schliefen.
    Wie kann ich es einrichten, dachte er, daß ich den Zorn Imanas schon vor der großen Abrechnung auf den Hasen lenke und dabei noch zu einer ordentlichen Abendmahlzeit komme? Ohne langes Zögern schlich er hinüber in den Stall, schlug eine Ziege und fraß sie.
    Der Hase, der immer mit offenen Augen schläft, hatte alles gehört und war auf der Hut. Als der Löwe zurückkam, band er dem Hasen ein Stück Ziegenfleisch unter den Rock, beschmierte ihm das Maul und die Pfoten mit Blut, dann legte er sich in eine Ecke und fiel in einen satten, tiefen Schlaf.
    Jetzt rappelte sich der Hase auf, befestigte das blutige Fleisch vorsichtig unter dem Gewand des Löwen, wischte sich Mund und Pfoten sauber und schlief friedlich bis zum nächsten Morgen.
    Im Morgengrauen stand Imana vor ihnen und fragte streng: „In meinem Ziegenstall fehlt ein Tier. Wer von euch weiß, wo es geblieben ist?“
    Selbstgefällig sagte der Löwe: „Wer in Imanas Reich stiehlt, ist des Todes. Ich, ein König, kenne alle Gesetze und werde mich hüten, sie zu verletzen. Nur der unwissende Hase kann es gewesen sein. Sieh nach, ob er Blut an seinem Rock oder an seinen Pfoten hat.“
    „Was hast du zu deiner Rechtfertigung zu sagen, Hase?“ fragte Imana.
    Der Hase antwortete bescheiden: „Imana ist der Klügste und weiß

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