Märchen, Der Falke unter dem Hut ab 9 Jahre
sein Tun ablegen.“ „Und wer soll dem Löwen deine Worte ausrichten?“ fragte der Affe. Imana sah die drei an und las Furcht in ihren Blicken.
„Der weise Marabu, mein Bote, wird sie dem Löwen überbringen!“ sagte Imana.
Da machten sich die drei erleichtert auf den Heimweg.
Der Löwe empfing den Marabu sehr höflich, doch Imanas Befehl vernahm er mit geteilten Gefühlen. Scheinheilig lächelnd sprach er: „Imana hat gut gesprochen. Mag es so sein!“
Nun erwählte sich der Löwe Jahr für Jahr aus der Reihe seiner Untertanen einen Ratgeber, umschmeichelte ihn und nannte ihn seinen besten Freund. Mit ihm trat er dann seine große Reise an. Seltsamerweise aber kehrte er jedesmal allein zurück.
„Imana hat meinen Freund, den Schakal, bei sich behalten, um seiner treuen Dienste willen“, sprach der Löwe im ersten Jahr. „Meiner Freundin, der Antilope, hat es auf Imanas Weideplätzen so gut gefallen, daß ihre Bitte erfüllt wurde und sie jetzt dort leben kann“, sagte der Löwe im zweiten Jahr. Und ein Jahr später berichtete er betrübt von seinem besten Freunde, dem Leoparden, der von einem Baum gestürzt sei und sich das Rückgrat gebrochen habe.
Anfangs hatten die Tiere seinen Worten Glauben geschenkt. Dann aber raunten sie sich zu, der Löwe fresse seine Freunde unterwegs auf. Nun wollte keiner mehr der Ratgeber und Freund des Königs sein, und keiner drängte sich danach, als Zeuge die Wahrheit über ihn zu sprechen.
Für das neue Jahr wurde der Hase durch das Los bestimmt. Er fügte sich in alles, war sanft, schnell, zuverlässig und ging jedem Streit aus dem Wege. Der Löwe glaubte, endlich einen Begleiter gefunden zu haben, der vor Imana gewiß nur Gutes über ihn aussagen würde.
Als der Zeitpunkt der großen Wanderschaft herangekommen war, bedauerten die Tiere den kleinen freundlichen Hasen, der aber lächelte listig: „Sorgt euch nicht um mich, ich komme wieder !“
Der Löwe hatte dem Hasen befohlen, sieben Brote als Proviant für die Reise zu backen. Also buk der Hase sieben Brote, zierlich und leicht, damit er nicht so schwer zu tragen hätte.
Als sie einen Tag gewandert waren, hatte der Löwe plötzlich ein Gelüst auf frisches Brot und sagte: „Freund Hase, laß mich die Brote beriechen!“
Er schaute in den Sack und rief grollend: „Wie? Du hast kleine Brote gemacht? Wie sollen wir beide davon satt werden?“
Erstaunt antwortete der Hase: „Freund Löwe, du befahlst mir, sieben Brote zu backen. Daß es große Brote sein sollten, davon sagtest du nichts. So habe ich Hasenbrote gemacht.“
Der Löwe ärgerte sich und überlegte, wie er die duftenden Brote allein verzehren könnte.
Als er in der Ferne einen Brunnen erblickte, der um diese Zeit immer ausgetrocknet war, sagte er mit leiser Stimme: „Siehst du diesen Brunnen, Freund Hase? Darin wohnt ein böser Geist. Wir wollen einen Bogen um den Brunnen machen, denn jeder, der daran vorbeikommt, muß ihm ein Opfer spenden. Vielleicht hat der Brunnengeist uns noch nicht entdeckt. Setz dich dort in das hohe Gras und warte auf mich bis zum Abend, denn ich will jagen gehen. Vernimmt aber dein Ohr den lauten und grollenden Ton des Brunnengeistes, dann mußt du ihm, so leid es uns tut, den Sack mit den sieben Broten überlassen. Wirf die Brote mit abgewandtem Gesicht in den Brunnen, und hüte dich, über den Brunnenrand zu blicken, sonst zieht er dich hinab, und es ist um dich geschehen.“
Der Löwe ging fort, doch der Hase folgte ihm unbemerkt und sah, wie der Löwe heimlich in den Brunnen sprang und sich versteckte. Nichts anderes hatte der Hase erwartet. Er machte es sich im schattigen Gebüsch bequem und verzehrte vergnügt die sieben Brote. Bald darauf ertönten aus dem Brunnen dumpfe Rufe: „Bringe! Bringe!“
Da hob der Hase einige schwere Steine auf und warf sie in den Brunnen. Der Löwe wurde arg verletzt, und er heulte auf vor Zorn und Schmerz. Bis zur Dämmerung mußte er mit knurrendem Magen im Brunnenloch warten, erst dann konnte er ungesehen herausspringen. Es fiel ihm nicht leicht, sich zu beherrschen und sich die Geschichte vom Brunnengeist, der die sieben Brote verschlang, vom Hasen anzuhören. Kein böses Wort durfte er dabei verlieren. Aber voller Grimm dachte er: Na warte, auf der Heimreise wirst du mir das büßen, Hase.
Die Nacht brach herein, und der Löwe war so hungrig, daß er nicht einschlafen konnte.
Am nächsten Morgen wanderten sie durch einen Blaubeerwald. Der Löwe sprach zum Hasen: „Laß
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