Märchen unter dem Wüsenhimmel
Geschehnisse.“
„Kannst du es sehen?“, flüsterte Bethany.
Liana reckte den Hals und blickte auf der anderen Seite des Flugzeugs aus dem Fenster. Die junge Frau, die aus dem Flugzeug geführt worden war, lag in den Armen eines Mannes und wirkte überglücklich. „Sie küssen sich. Der Mann scheint recht zu haben. Es war nur ein Spaß, der außer Kontrolle geraten ist.“
Grinsend legte Bethany sich eine Hand auf die Brust. „Ich dachte schon, mein Herz würde aus meiner Brust springen.“
Liana lächelte. „Ich auch, Kind. Da hätten sie zappelnd auf dem Fußboden gelegen.“ Sie demonstrierte es mit einer zuckenden Handbewegung.
Bethany kicherte.
„Also hast du dich erholt, junge Dame? Du fürchtest nicht mehr, El Bahar zu betreten?“
Gleichzeitig drehten sie sich zum Gang um. Der große Prinz stand neben ihren Sitzen. Bethany starrte zu ihm auf. „Ich würde El Bahar gern sehen, aber nicht, wenn Sie uns die Köpfe abhacken.“
Er zwinkerte ihr zu. „Mir gefällt dein Kopf, wo er ist. Ich verspreche, dass du hier in Sicherheit sein wirst. Wenn dich jemand belästigt, dann sag ihm, dass du den Kronprinzen persönlich kennst.“
Mit großen Augen blickte sie ihn an. „Sind Sie ein richtiger Prinz? Wie in Aschenputtel?“
„Genau so einer.“ Er wandte sich ein Liana. Gerade wollte sie ihm ein höfliches Lächeln schenken und ihm versichern, dass es auch ihr gut ging, als sich ihre Blicke begegneten und einander gefangen hielten.
Seine Augen waren so dunkel wie die Nacht, und sie spürte deren Wirkung bis hinab in die Zehenspitzen. Obwohl sie die vernünftigste Frau war, die sie kannte, spürte sie eine heftige Anziehungskraft. In ihr erwachte ein überwältigender Drang, diesen Fremden anzuflehen, sie zu berühren und zu küssen – geradewegs in diesem Flugzeug. Es schien, als wäre ihr eine Überdosis einer Liebesdroge verabreicht worden. Sie konnte nicht sprechen, konnte kaum atmen.
Zum Glück lächelte der Prinz nur und kehrte wortlos in den vorderen Bereich zurück.
„Wow! Der ist aber cool“, flüsterte Bethany verklärt. „Ich habe einen lebendigen Prinzen kennengelernt! Er ist viel netter, als ich dachte. Findest du, dass er gut aussieht, Mommy?“
„Ja, das finde ich“, gestand Liana ein. Beide beobachteten, wie er von Bord ging. Die Tür wurde geschlossen, und das Flugzeug rollte zum Gate. Als sie ihren Liebesroman im Handgepäck verstaute, musterte sie den Einband und dachte dabei, dass der Inhalt ansteckend sein musste. Denn einen flüchtigen Moment lang hatte sie sich wie die Heldin zu einem großen, dunklen, unerreichbaren Mann hingezogen gefühlt.
Nur eine Verirrung, sagte sie sich, während sie und Bethany sich in der trägen Schlange zur Gepäckausgabe begaben. Der lange Flug, die Angst oder der Genuss von zu viel Kaffee musste einen Schalter in ihrem Gehirn betätigt haben. Das war die einzige Erklärung für ihre spontane, überwältigende Zuneigung zu einem Fremden.
Vierzig Minuten später, als Liana und Bethany an der Zollabfertigung warteten, trat ein schmächtiger Mann zu ihnen. „Würden Sie bitte mitkommen?“, bat er und bückte sich bereits nach einem ihrer Koffer.
„Was tun Sie denn da?“, fragte Liana schroff. „Fassen Sie das nicht an.“
Die Zollabfertigung befand sich in einem großen klimatisierten Raum. Obwohl die Schlangen an den Schaltern lang waren, ging es zügig voran. Gerade wollte sie einen der Sicherheitsbeamten rufen, die durch die Menge patrouillierten, als sich der kleine Mann entschuldigend verbeugte.
„Ich wurde geschickt, um Sie zu einer kürzeren Schlange zu führen“, erklärte er. „Da Sie ein Kind bei sich haben, möchten wir Ihnen lange Wartezeiten ersparen. Gleich da drüben.“ Er deutete zu einem einsamen Zollbeamten am anderen Ende des Gebäudes.
Liana fragte sich, warum niemand sonst diesen Schalter wählte. Sie hob den Blick und sah ein Schild mit der Aufschrift: Staatsbesucher und Residenten . „So gern ich es mir auch anders wünsche“, entgegnete sie mit einem freundlichen Lächeln, „bin ich weder Staatsbesucher noch Resident. Aber vielen Dank für das Angebot.“
Der kleine Mann presste die dünnen Lippen zusammen. Er hatte dunkle Augen und einen spärlichen Bart, und er trug einen vorzüglich geschneiderten Anzug. „Bitte, Madam. Wir wären Ihnen gern zu Diensten.“
Ein uniformierter Sicherheitsbeamter trat zu ihnen. „Es ist wirklich in Ordnung, Madam. Wir bemühen uns nur, den Prozess zu
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