Märchen unter dem Wüsenhimmel
kaum vierundzwanzig Stunden nach der Hochzeit abgewiesen zu werden. Er wusste, dass im Palast bereits darüber geredet wurde und es bald in der Stadt bekannt werden würde.
„Du musst was tun“, teilte sie ihm mit. „Sonst bleibt sie für immer sauer.“
Malik versteifte sich im Sattel. „Ich bin Prinz Malik Khan. Ich schließe keine Kompromisse.“
„Wenn das bedeuten soll, dass du einen Fehler gemacht hast und es zugeben sollst, dann ist es das, was Mommy will.“ Sie lächelte ihn an.„Sie sagt, dass sie viele andere Dinge auch will, aber ich glaube nicht, dass sie es ernst meint. Besonders nicht, dass sie dir den Kopf abhacken und auf einen Stock mitten in der Stadt stellen will.“
„Wie anschaulich“, murmelte er trocken.
„Mommy hat ganz viel Fantasie. Sie kann langweilige Sachen interessant machen. Deswegen ist sie so eine gute Lehrerin. Ach ja, sie ist außerdem sauer, weil sie ihren Job verloren hat, und noch mehr, weil sie all das Geld gekriegt hat, obwohl sie nicht dafür gearbeitet hat.“ Vertraulich senkte sie die Stimme. „Du steckst ganz schön in der Patsche. Ich wusste gar nicht, dass Erwachsene wie Kinder in der Patsche stecken können.“
Malik blickte zum Horizont, wo die Sonne gerade aufging. Manchmal erschien ihm sein Leben so leer und kalt wie die Wüste im Winter. Liana konnte seine Sonne sein, doch sie hatteihm den Rücken zugekehrt.
„Ich glaube, sie mag dich, aber das will sie nicht zugeben.“ Verwirrt blickte Bethany ihn an.
„Sie sagt, dass du genau wie mein Dad bist. Aber das stimmt gar nicht. Du vergisst nie, mit mir auszureiten, und du bist immer nett zu mir. Das hab ich ihr gesagt, aber sie meint, dass ich zu jung bin, um das zu verstehen.“
Malik verstand es auch nicht, aber das wollte er nicht eingestehen. „Ich bin sicher, dass wir uns einigen werden.“
„Hoffentlich, weil ich im Palast wohnen und eine richtige Prinzessin sein will.“
„Ich werde sehen, was ich tun kann.“
Sie grinste. „Dann muss sich jeder in der Schule vor mir verbeugen, und ich muss nicht mehr tun, was die Lehrer sagen.“
„Leider ist das nicht so einfach, Kleines. Wenn man der Königsfamilie angehört, muss man manchmal Dinge tun, die man nicht tun will. Es gibt sehr viele Pflichten.“
Sie seufzte. „Ich hab mir schon gedacht, dass es nicht so schön sein kann, wie ich denke. Hast du Mommy deswegen geheiratet? Damit sie dir bei deinen Pflichten hilft?“
„Das auch. Ich wollte vor allem nicht, dass sie weggeht.“
„Aber sie sagt, dass wir trotzdem weggehen, und nicht erst in zwei Jahren, wie wir eigentlich wollten, sondern in einem Monat.“ Sie runzelte die Stirn. „Du musst unbedingt was tun.“
„Ich weiß. Hast du einen Vorschlag?“
Sie verdrehte die Augen. „Ich bin doch erst neun. Ich kenne mich in so was nicht aus. Aber in den Büchern, die sie immer liest, bringen die Männer die Frauen immer dazu, sich zu verlieben. Und dann heiraten sie und sind für immer glücklich. Ich glaube, du hast das mit dem Verlieben vergessen. Das hättest du zuerst tun müssen.“
„Da könntest du recht haben.“
„Dann mach Mommy doch verliebt in dich. So schwer istdas bestimmt nicht. Du kannst doch so einen Liebesroman lesen, und dann weißt du, was du tun musst.“
„Ich werde es mir überlegen“, versprach er.
„Und ich rede noch mal mit Mommy, damit wir nie weggehen müssen.“
„Ich will auch nicht, dass ihr weggeht“, gestand er ein, doch er verschwieg, dass sie zum Teil der Grund dafür war. Sie war nicht nur der Beweis dafür, dass Liana seinen Söhnen eine gute Mutter sein würde, sondern er hatte sie auch ins Herz geschlossen.
Manchmal, wenn er mit ihr zusammen war, vergaß er all die Verantwortlichkeiten, die ihn erwarteten. Durch sie sah er, wie seine Kindheit ausgesehen hätte, wenn er nicht der Kronprinz wäre.
Sie rief ihm in Erinnerung, wie sehr er seine Brüder beneidet hatte. Sie hatten spielen dürfen, während er von seinem Vater und den Ministern in Regierungsangelegenheiten ausgebildet worden war. Sie hatten zu ihrer Mutter zurückkehren dürfen, während er selbst nach dem Dinner hatte lernen oder an Staatsereignissen teilnehmen müssen. Im Alter von vier Jahren hatte er sich bereits wie ein Mann benehmen müssen.
Malik wollte dieses Schicksal nicht für seine Kinder, aber er kannte es nicht anders. Daher brauchte er Liana. Sie sollte ihre Kinder schützen, sogar vor ihm. Sie sollte ihnen beibringen, zu lieben und geliebt zu werden,
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