Märchen unter dem Wüsenhimmel
hatte er in den vergangenen sechs Jahren mit vielen Frauen verkehrt und war demnach nicht völlig gegen Intimitäten eingestellt. Vielleicht hatte er also gar nichts dagegen, ihre Ehe zu vollziehen. Das Problem lagdarin, wie sie das Thema zur Sprache bringen und ihre Bereitschaft kundtun sollte. Vielleicht war es das Beste, eine direkte Konfrontation zu vermeiden und ihm einfach eine E-Mail zu schicken.
Heather lächelte über den Gedanken, während sie um eine Ecke bog und prompt gegen eine sehr breite, starke Brust stieß. Kräftige Arme packten sie, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor.
„Heather“, sagte Jamal überrascht. „Wo willst du denn hin?“
Ihr Herz begann zu pochen. „Oh. Ich … Meinst du mich?“
Fieberhaft suchte sie nach einer plausiblen Erklärung. Natürlich stand es ihr frei, den Palast zu verlassen. Sie besaß sogar einen eigenen Wagen, aber sie fühlte sich schuldig, weil sie eine Besorgung für Honey tätigen wollte.
„Oh. Ich … Ja, ich meine dich.“ Lächelnd musterte er sie. „Du hast einen sehr interessanten Ausdruck auf dem Gesicht. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich schwören, dass du dich heimlich wegschleichen willst.“ Er legte einen Finger unter ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. „Ist dem so?“
Sein Blick schien bis in ihr Innerstes zu dringen. „Ich will zum Markt platz.“
„Aha. Du willst also mein Geld ausgeben. Kein Wunder, dass du so schuldbewusst wirkst.“
„Ich wollte nur ein paar Kleinigkeiten besorgen.“
Sein Blick glitt über ihre Gestalt. „Ich wollte dich nur necken. Ich möchte, dass du schöne Sachen hast. Deshalb freut es mich, dass du einkaufen gehst.“ Spontan fügte er hinzu: „Was hältst du davon, wenn ich dich begleite? Ich kann meine Termine für heute Nachmittag absagen. Möchtest du gern die Meinung eines Mannes zu deiner Wahl hören?“
Heather zögerte. Wenn sie ablehnte, musste er annehmen, dass sie nicht an ihm oder ihrer Ehe interessiert war. Wenn sie jedoch zusagte, konnte sie keine Schleier kaufen.
Seine Miene wurde streng. „Schon gut. Geh nur und amüsier dich. Wir sehen uns später.“ Er wandte sich zum Gehen.
Sie holte tief Luft und legte eine Hand auf seinen Arm. „Ich möchte sehr gern, dass du mitkommst. Aber ich weiß nicht, was ich kaufen soll. Daher dachte ich, dass du dich langweilen würdest.“
„Nicht, wenn ich mit dir zusammen bin“, entgegnete er und nahm ihre Hand. „Außerdem kenne ich die besten Geschäfte für wundervolle Kleider, in denen du dich wie eine Märchenprinzessin fühlen wirst.“
„Ich vermute, du kennst diese Geschäfte, weil du für deine anderen Frauen dort eingekauft hast“, murrte sie.
„Das stimmt“, erwiderte er grinsend. Dann zog er ihre Hand an die Lippen. „Aber das war vor deiner Zeit. Jetzt kleide ich meine Ehefrau ein, und das ist etwas ganz anderes.“
Sie nahmen ihren Wagen, einen kleinen Mercedes. Jamal lenkte ihn geschickt durch den Verkehr. Er mied die verstopften Hauptstraßen, nahm kleine Seitenstraßen und parkte schließlich hinter einem zweistöckigen Gebäude, das völlig in Pink und Gold gehalten war.
„Madame Monique“, verkündete er. „Und bevor du fragst, sage ich gleich, dass ich hier nicht oft einkaufe. Aber Fatima und Dora schwören auf diese Boutique.“ Er schaltete den Motor ab. „Wie ich dich kenne, möchtest du zuerst über den Basar bummeln, bevor du Kleider kaufst. Richtig?“
Sie wollte schon verneinen, doch dann wurde ihr bewusst, dass sie den souk seit ihrer Rückkehr nach El Bahar noch nicht aufgesucht hatte und sich nach all den exotischen Anblicken und Gerüchen sehnte. „Nichts wäre mir lieber.“
„Ich wusste es doch.“ Jamal stieg aus, legte Jackett und die Krawatte ab und warf beides auf den Sitz. Nachdem er den Wagen verschlossen hatte, öffnete er den obersten Hemdknopf und krempelte die Ärmel bis zum Ellbogen hoch.
In wenigen Sekunden hatte er sich von einem strengen Geschäftsmann in einen charmanten, lässigen Begleiter verwandelt. Er nahm Heather bei der Hand und führte sie zwischen den Gebäuden hindurch. Der Lärmpegel stieg beträchtlich, als sie die Marktstraße erreichten. Sie hielt sich an seiner Hand fest, damit sie von der Menschenmenge nicht getrennt werden konnten.
Tief atmete sie die vertrauten Gerüche ein. Parfums und Duftöle mischten sich mit gegrilltem Fleisch, frischen Blumen, Früchten, Kamelen und dem lieblichen Duft, der El Bahar eigen war.
Was früher einmal als
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