dich hier vergessen?", fragte sie den Korb. Natürlich antwortete der Korb nicht, denn Körbe können nicht sprechen. So beschloss Rotkäppchen, den Korb mit zur Oma zu nehmen. Sie nahm den gepflückten Blumenstrauß, den gefundenen Korb und ihre Tasche und lief nun auf geradem Wege zum Häuschen der Oma. Mit den vielen Sachen wurde der Weg für Rotkäppchen ganz schön anstrengend und sie freute sich, endlich bei der Oma anzukommen.
Die Oma freute sich und staunte über so viel Geschenke. Sie ließ Rotkäppchen auf dem Sofa ausruhen und gab ihr ein Glas Saft zu trinken. Rotkäppchen sagte, der Korb sei nicht von ihrer Mutter, sie habe ihn im Gras gefunden und weil er so allein herumstand und kein Besitzer zu sehen war, hatte sie ihn mitgenommen.
"Wer den wohl vergessen hat?", wunderte sich die Oma. In diesem Moment läutete es an der Tür. Rotkäppchens Großmutter winkte ihr, sitzen zu bleiben und stand bereits an der Tür. Erst schaute sie durch das Guckloch, dann öffnete sie die schwere dicke Holztür. Vor sich sah sie eine kleine Gestalt mit langen Ohren, kaum halb so groß, wie sie selbst. Der Osterhase stand vor ihr. Er sah ganz traurig aus und weinte dicke Tränen.
"Oh, welch seltener Gast", staunte die Oma. "Komm herein und sag, was ist denn los? Warum weinst du so sehr?"
"Es ist etwas schlimmer passiert", begann der Osterhase. "Ich befand mich auf dem Weg zu dir, wollte nur noch schnell ein paar Blumen pflücken und als ich dir die Blumen und den Osterkorb mit deinen Ostergeschenken bringen wollte, war der Korb weg. Einfach weg! Nun habe ich keine Geschenke für dich." Der Osterhase schniefte laut.
Rotkäppchen sah ihn mit großen Augen an, sie hatte noch nie einen Osterhasen gesehen. Als sie hörte, was der Hase sagte, erschrak sie. Sie schlug sich die Hand vor den Mund und ihr Herz pochte schnell.
"Ich ... ich", stammelte sie. "Ich wusste doch nicht ..."
"Was wusstest du nicht?", fragte der Osterhase.
"Ich wusste doch nicht, dass das dein Korb ist. Der Korb stand so allein auf der Wiese, da habe ich ihn mitgenommen." Rotkäppchen sah traurig zu Boden, ihr Gesicht war ganz blass geworden.
"Sie hat ihn mit zu mir gebracht, weil sie dachte, er wurde vergessen", sagte nun die Oma, strich Rotkäppchen durch das Haar und holte den Korb herbei.
"Mein Korb, mein Korb", jubelte der Osterhase. "Ich habe meinen Korb und die Geschenke wieder."
Rotkäppchen standen nun auch Tränen in den Augen, sie dachte, der Osterhase hält sie für einen Dieb, der anderen Leuten Dinge wegnimmt. Aber der Osterhase legte ihr einen Arm um die Schulter. Er war ja fast genau so groß wie sie. "Das ist schon in Ordnung", sagte er tröstend zu Rotkäppchen. "Sei nicht traurig, liebes Kind. Du bist kein Dieb. Du hast den Korb nur mitgenommen, weil du dachtest, er wurde vergessen. Jetzt habe ich meinen Korb wieder und alles ist gut." Er lächelte glücklich die Oma und Rotkäppchen an und diese lächelten zurück.
"Puh, da bin ich aber froh, dass du nicht böse auf mich bist." Rotkäppchen überlegte einen Moment. Dann fragte sie: "Warst du denn schon bei uns, Osterhase?"
Der lächelte und sagte: "Das verrate ich dir nicht. Nun will ich aber hinaus in den Garten und die Ostergeschenke für die Oma verstecken. Und ihr dürft nicht gucken!"
Als er dies getan hatte, verschwand er so schnell, wie er gekommen war. Schließlich musste er noch weitere Geschenke für andere Leute holen und verstecken.
Rotkäppchen blieb noch ein wenig bei ihrer Oma und ging dann wieder heim. Sie wollte rechtzeitig und noch im Hellen wieder zu Hause bei der Mama sein. Sie war gespannt darauf, ob der Osterhase auch bei ihr zu Hause gewesen war und ein Geschenk für sie gebracht hatte.
Ende
Ω
Impressum
Märchen von den Grimms und mir
© 2012 Heiko Grießbach
© Cover Heiko Grießbach
1. Auflage 2012
Autor: Heiko Grießbach
Glambecker Ring 59
12679 Berlin
[email protected]http://xheiko.de
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