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Märchen von den Hügeln

Titel: Märchen von den Hügeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waltraut Lewin & Miriam Magraf
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gab es keinen Durchschlupf mehr. Dodo wandte sich um, doch gleichsam als hätten sich die niedergetretenen Gerten hinter ihm wieder aufgerichtet, war da kein Pfad mehr, der zurückführte. Verzweifelt zerrte er das Gestrüpp fort, fühllos die Finger. Betäubt vom Schmerz und zu Tode erschöpft, ließ er sich fallen. Zweige brachen, darunter bröckelte Gestein. Dodo konnte sich gerade noch an ein paar Äste klammern. Unter ihm klaffte ein Abgrund. Er blickte schaudernd in die Tiefe.
    Da ertönte heller Hufschlag auf einem Plateau, das sich über ihm erhob. Steinsplitter flogen umher wie ein Sternenregen. Oben, bedrohlich nahe am Rand, stand ein weißes, zierliches Pferd. Sein Reiter wirkte hochgewachsen, schlank und hatte eigenwillig gelocktes, helles Haar. »Elen sila lumenn’ omentielvo!« sprach er spöttisch die freundliche Begrüßungsformel der Elben. »Wen wünschen Sie denn zu sprechen, daß Sie so eilig eintreten, ohne anzuklopfen?«
    »Helfen Sie mir!« keuchte Dodo und streckte mit Anspannung seiner letzten Kräfte die Hand nach der Fessel des Pferdes aus. Der Reiter gebot dem Tier, vorsichtig seinen Fuß zu heben, so daß Dodo auf diese Art emporgezogen wurde. Schwer atmend blieb er liegen, einer leichten Sopranstimme lauschend, die Alonzos Lied sang:
    »Kein edler Tier ich jagen kann,
    Des muß ich oft entgelten,
    Noch halt ich stets auf rechter Bahn,
    Wie wohl mein Glück kömmt selten.«

    Sie kickste ein paar geschwinde Läufe hinein und sang weiter:

    »Mag ich nit han ein Hochwild schon,
    So laß ich mich begnügen 
    An Hasenfleisch, nit mehr ich heisch,
    Das kann mich nit betrügen.«
    Tanzend sprang Diana über die Ranken und Schlingpflanzen dahin, kaum daß sie die Erde berührte. Der Reiter glitt vom Pferd, um sie in die Arme zu schließen.
    Dodo ächzte, zu schwach, um aufzustehen.
    »Das ist mein Bruder«, sagte Diana.
    Der Jäger ließ den angespannten Oberkörper zurücksinken. Neugierig beschnupperte ihn das Pferd.
    »Den Weißen Hirsch wolltest du also jagen«, bemerkte der Elb und trat vor Dodo hin, »was niemandem gelang seit Jahrhunderten, meintest du vollbringen zu können?«
    »Nicht dem Hirsch folgte ich!«
    Der Elb schwieg und reichte ihm wortlos die Hand. Mit einer raschen Bewegung hatte er des Jägers Arm im Griff. »Ich muß dich in Gewahrsam nehmen«, sagte er hart, »denn du bist eine Gefahr.« Er deutete auf Diana, die Dodo schelmisch zublinzelte.
    Dodo, erschrocken und überrascht zugleich, gab jeden Widerstand auf. »Gefahr für Diana?« fragte er ungläubig.
    »Sie ist Aina-Aglar, eine Tochter der Erstgeborenen. Verstehst du nun?«
    Dodo war wund und müde, kaum vermochte er ein Bein vor das andere zu setzen, und der Elb half ihm schließlich, aufs Pferd zu steigen, das er nun am Zügel führte.
    Sie kamen durch lichte Laubwälder und über sonnige Wiesen. Die Landschaft hier leuchtete hell und freundlich. Zwar war Dodo zu erschöpft, um sich am vielfältigen Grün zu ergötzen, aber es linderte die Angst und Unruhe in seinem Herzen.
    Er schaute immerfort auf Dianas weißblonden Schopf. Die Elbin hatte des Bruders Hand gefaßt und unterhielt sich mit ihm in der Elbensprache, die wie Gesang klang. Beide lachten oft. Und obwohl Dodo nichts verstand, fand er es angenehm, ihnen zu lauschen.
    Nachdem sie eine Weile gegangen waren und es Dodo fast schien, als hätten die Elben seiner vergessen, gelangten sie zu einer Felswand, die am Rande einer Lichtung schroff emporragte. Tar-Ciryatan hieß Dodo absitzen, befreite das Pferd von Sattel und Zaum und ließ es grasen. Zu Fuß kamen sie an einen schmalen, kaum sichtbaren Spalt im Gestein, durch den sie Zutritt zu einer Höhle fanden.
    Was Dodo drinnen im Licht der Fackel, die der Elb entzündete, sah, machte ihn vor Staunen stumm: Wände und Decken funkelten von Edelsteinen, von glitzernden Metallen und Gläsern, die, Prismen gleich, das Licht der Diamanten brachen und in allen Farben des Regenbogens zurückschickten. Der Boden war mit Marmorplatten ausgelegt, die hell zu dunkel ein Schachbrettmuster ergaben.
    Das erste Gewölbe, das sie durchquerten, war leer. Im zweiten standen lange Tafeln und Bänke - Zeugen einstiger Gastmahle.
    »Laß uns einen Augenblick verweilen, Schwester«, sagte Tar-Ciryatan und schritt die Wände ab, um die Fackeln zu entzünden. Da wurden die Farben noch mannigfaltiger. Der Elb stand am Ende einer großen Tafel, und um ihn tanzten die Schatten der flackernden Lichter wie Gestalten. Sein Blick

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