Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67
Schloß. Vor dem Schlosse wird ein großer Haufen Soldaten liegen, die allesammt schlafen und schnarchen. Geh' du nur mitten durch sie hin, sie werden gewiß nicht erwachen; dann gehe weiter im Schlosse, bis du in eine Stube kommst, wo der Goldvogel im hölzernen Käfig sitzt. Daneben hängt aber ein Käfig von Gold, in den sollst du den Goldvogel nicht stecken. Das merke dir wohl; hörst du? sonst möchte es dir schlimm ergehen! Und nun setze dich auf!«
Als sich der jüngste Gärtnerssohn aufgesetzt hatte, ging es sausend vorwärts über Stock und Stein, und gegen Mittag waren sie schon am Schlosse, und die Soldaten schliefen, und Alles im Schlosse schlief. Da ward es dem jungen Burschen leicht, hindurch zu kommen bis zu dem Saale, wo der Vogel nur in einem schlechten Holzkäfig hing, obwohl sich neben demselben ein prächtig glänzender Goldkäfig befand. Er nahm den Holzkäfig herab, und der Vogel blieb ganz ruhig sitzen. »Ei,« dachte er, »der schöne Vogel in dem schlechten Käfig, das ist auch nicht recht; ich will ihn nur in den schönen Goldkäfig setzen, der schickt sich besser für ihn.« Darauf nimmt er den Goldkäfig, und will nun den Vogel greifen; der aber schlägt gewaltig mit den Flügeln, und fängt an, sich jämmerlich zu gebehrden. »Das kann schlimm werden!« dachte der Gärtnerssohn, und setzte den Goldbauer eiligst wieder fort, und nahm den hölzernen, worin der Vogel ganz ruhig sitzen blieb, und ging damit ab.
Vor dem Schlosse aber stand der Fuchs, und freuete sich, als er den Jüngling mit dem Goldvogel im hölzernen Käfig kommen sah, und versprach, ihn auf dem Rückwege zu begleiten, damit er ihm mit seinem Rathe beistehen könne, wenn er etwa in Noth gerathen möchte.
Als sie so mit einander gingen, und in einen Wald kamen, sagte der Fuchs zum Gärtnerssohne: »Schieße mich todt, und haue mir dann Kopf und Schwanz ab; mehr verlange ich nicht von dir für meinen Rath und Beistand.«
»Ei!« sagte der Jüngling, »das wäre ein schöner Lohn für deine Liebe und Treue! Nein, ich kann dich nicht tödten, du lieber, guter Fuchs.«
»Nun,« erwiederte der Fuchs, »wenn du durchaus nicht willst, so will ich dir noch einen guten Rath geben: Nimm deine Brüder nicht mit dir, denn die sind falsch, und setze dich an keinen Brunnenrand.« Damit ging er in den Wald.
Als nun der dritte Sohn in das Dorf kam, wo er zuerst eingekehrt war, erfuhr er, daß seine Brüder in dem prächtigen Wirthshaus viel Lärm und Unfug getrieben, und weil sie all ihr Geld durchgebracht, und nichts mehr gehabt hätten, den Wirth zu bezahlen, so wären sie in's Gefängniß geworfen, wo sie noch säßen. Da empfand der Jüngste Mitleid, und es jammerte ihn derselben, und sprach: »Sie sind doch immer brave Bursche gewesen, nur das Vergnügen hat sie verdorben; ich will sie wieder frei kaufen, und mit mir nehmen.«
Das that er auch, und nahm die Brüder mit sich. Unterwegs aber hielten diese heimlichen Rath, um dem jüngsten Bruder den Vogel wegzunehmen, und ihn dann dem Könige zu überbringen, ohne daß dieser es erführe, wer eigentlich den Vogel gefunden habe.
Als sie nun im Walde an einem Brunnen lagerten, setzte sich der Jüngste an den Brunnenrand; da stürzten ihn die beiden Brüder rücklings in den Brunnen hinab, und zogen ab mit dem Vogel, und brachten ihn zum König, und sprachen, sie hätten ihn erbeutet, und erhielten dafür große Ehre und Macht. Aber der Vogel saß ganz still, und pfiff nicht.
Als aber der jüngste Bruder bis an das Wasser des Brunnens hinabgesunken war, da dachte er an das Wort des Fuchses, und sagte: »Ich bin doch recht dumm gewesen, daß ich nicht guten Rath befolgt habe, nun muß ich hier elendiglich umkommen.«
»Nein,« sagte der Fuchs, der gleich wieder da war, »ich bringe dich durch einen unterirdischen Gang wieder an's Tageslicht, wenn du mir gelobst, mich nachmals zu tödten, und Kopf und Schwanz abzuhauen.« Das gelobte er nun, und wurde von dem Fuchs herausgebracht; und als er nun den Fuchs getödtet, und mit ihm gethan hatte nach seinem Verlangen, siehe, da stand mit einem Male ein wunderschöner Prinz vor ihm.
Der Prinz aber ging sogleich mit ihm zum Könige, und erzählte ihm Alles, wie es sich zugetragen hatte. Da wurde auch der Vogel recht lustig, und flatterte umher, und pfiff ganz allerliebst. Die Brüder aber fielen vor dem Könige nieder, und baten um Gnade. Der König jedoch ließ sie zur Strafe in's
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