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Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Titel: Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: JazzyBee Verlag Jürgen Beck
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tief, »ist denn keine Rettung für uns?«

     
    Da holte das Mäuschen ein Paar Halme aus dem Strohsacke, und ließ die Halme dann liegen.

     
    Da sann die Königinn hin und her, was wohl das Mäuschen damit habe sagen wollen. »Meinst du vielleicht,« sagte sie nach einem Weilchen, »es ließe sich ein Körbchen aus Stroh für das Kind flechten? und ein Seil, das Körbchen daran vom Thurme herabzulassen, damit es ein Vorbeigehender an sich nähme? – Ja, fürwahr, das wird gehen!«

     
    Die Königinn wurde ordentlich vergnügt über diesen Gedanken, und fing fleißig an zu flechten, erst an dem Körbchen, dann an dem Seil, und da sie kein Stroh mehr in dem Strohsacke hatte, schleppte ihr das Mäuschen viel Strohhalme zu, die es durch sein Löchelchen hereinzog. Es bekam jetzt so viel Erbsen und Brosamen, als es nur wollte, und dafür standen immer auf dem Tische viel bessere Gerichte, nahrhaft und wohlschmeckend.

     
    Eines Tages sah die Königinn aus dem Fenster, um zu untersuchen, wie lang das Seil seyn müsse, um das Kind daran herablassen zu können. Da ging zum Glück eben eine alte ehrbare Frau vorbei, die sahe hinauf, und sagte: »Ich weiß deine Noth wohl, du arme Gefangene, und bin bereit, dir zu dienen.« Darüber ward die Königinn sehr erfreut, und bat sie, alle Abende unter das Fenster zu kommen, wo sie nächstens ein Kind am Seile wolle herablassen, dessen möchte sich dann die Frau wohl annehmen, sie wolle es ihr gut vergelten, wenn ihr nur Gott erst aus dem Thurme würde geholfen haben.

     
    »Nach Geld und Gut frage ich nicht,« erwiederte die Alte, »denn ich habe so viel, als ich brauche; aber ich habe zuweilen ein seltsam Verlangen, ein fettes Mäuslein zu speisen. Fange doch einige, und tödte sie, und wirf sie mir vom Thurme herab, so will ich dafür mich deines Kindes erbarmen.«

     
    »O ich Unglückliche! Es ist nur ein einziges Mäuschen auf meiner Kammer, das ist so freundlich und zuthulich, und ist meine einzige Gesellschaft. Mein Herz würde mir brechen, wenn ich es tödten sollte!«

     
    »So?« sagte die Alte spöttisch. »Nun, wenn du deine Maus lieber hast, als dein Kind, so ist es mir auch recht; ich will schon noch Mäuse anderswo finden!« Damit ging sie murrend davon.

     
    Aber die Königinn war nun untröstlich, und sah das Essen nicht auf ihrem Tische, und das freundliche Mäuschen nicht, das in der Kammer umherspielte.

     
    In der Nacht brachte die Königinn ein wunderschönes Kind zur Welt, welches ein Mädchen war. Sie küßte es mit tausend Thränen, und jammerte: »Ach, wer wird dir nun helfen, du kleiner, holder Engel? Ach, ich muß von dir scheiden!«

     
    Sie legte das Kind in's Körbchen, und band das Körbchen an's Seil. Sie hatte einen Zettel mit zum Kinde gelegt, darauf stand, es sollte Thränenblüthe heißen, und sey ein sehr unglückliches Kind.

     
    Als sie es nun wollte herablassen, und hatte es noch zuvor geküßt, kam die kleine Maus, und sprang zum Kinde in's Körbchen. Da sprach die Königinn: »Ach, du liebes kleines Thier, du weißt nicht, wie viel du mir kostest. Vielleicht mein armes Kind! Ich sollte dich tödten, aber das konnte ich nicht über's Herz bringen.«

     
    Da that die Maus das kleine Spitzmaul auf, und fing an zu sprechen. Die Königinn aber erschrak gewaltig darüber, weil sie das gar nicht vermuthet hatte. »Wohl weiß ich,« sagte die Maus, »was du gethan hast; es soll dich gewiß nicht gereuen.«

     
    Nach diesen Worten verwandelte sich die Maus. Die kleinen Vorder- und Hinterpfoten streckten sich aus, und wurden Hände und Füße, der kleine Kopf wurde ein Menschenkopf, und Alles an ihr wurde größer und immer größer, und stand zuletzt als Fee da, welche sie mit dem bösen König besucht hatte.

     
    »Königinn,« sprach die Fee, »ich wollte dein Herz nur prüfen, weil mich gleich anfangs dein Unglück jammerte, und ich habe dich sanft und gut gefunden. Ich war die Maus nicht nur, sondern war auch die alte Frau. Nun will ich mich deines Kindes treulich annehmen, und es soll einmal deine Freude und dein Stolz seyn!«

     
    Jetzt ließ die Fee die Kleine am Seile herunter, und verwandelte sich wieder in eine Maus: denn sie mochte wohl nur in dieser Gestalt zum Thurme hinaus können. Die Fee kroch als Maus zum Thurme hinaus, am Seil herab, als sie aber hinab kam, war das Kind fort.

     
    Da kroch sie zitternd wieder zu der Königinn hinauf, und klagte ihr das Unglück, und sagte, das habe ihr die böse Fee Gangrüne

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