Maerchenmond - Das Buch zum Musical
endlich zugeben würde …«, begann Gorg, und Kelhim fiel ihm brummend ins Wort:
»… dass du dauernd mit dem Streit anfängst? Kein Problem!«
»He!«, rief Kim. »Ist die Luft bei euch da oben so dünn oder seid ihr beide taub?«
»Ich hätte ihn doch fressen sollen«, grollte Kelhim.
»Boraas ist mit einer ganzen Armee auf dem Weg hierher«, sagte Kim, der allmählich wirklich wütend wurde. »Wie oft soll ich das denn noch sagen? Ich muss dringend Themistokles sprechen! Nur er kann euch noch retten!«
»Na, dann tu das doch«, sagte Kelhim trocken.
»Wie?«, fragte Kim verwirrt.
»Er steht direkt hinter dir«, fügte der Riese hinzu.
Kim starrte ihn eine geschlagene Sekunde lang an, fuhr dann auf dem Absatz herum und sog erschrocken die Luft zwischen den Zähnen ein. Keine zwei Schritte hinter ihm stand eine weißhaarige Gestalt. Es erging ihm wie bei Boraas, nur genau umgekehrt: Im allerersten Moment konnte er nicht sagen, wem von beiden er gegenüberstand. Die beiden Zauberer sahen sich so ähnlich wie das berühmte Ei dem anderen. Nur, dass Themistokles ganz in Weiß gekleidet war, wogegen die Lieblingsfarbe seines Bruders Schwarz zu sein schien, und es in seinen Augen gutmütig und ganz eindeutig amüsiert funkelte.
Es dauerte trotzdem noch eine Sekunde, bis Kim begriff. »Wie lange stehst du schon hier?«, fragte er.
»Lange genug, um zu wissen, dass du den beiden ganz schön auf den Leim gegangen bist«, antwortete Themistokles belustigt. »Aber mach dir nichts draus. Das geht fast jedem so. Beim ersten Mal ist es sogar mir so gegangen.«
»Auf den Leim gegangen?«, wiederholte Kim lahm.
Themistokles lachte. »Die beiden sind die besten Freunde, die du dir nur denken kannst. Aber das hast du bestimmt schon längst gemerkt.«
»Sicher«, sagte Kim hastig. Den spöttischen Unterton in Themistokles’ Stimme ignorierte er, genauso wie das schadenfrohe Grunzen des Bären und das breite Feixen des Riesen.
»Ich bin froh, dass du endlich hier bist«, sagte Themistokles. »Wir alle waren schon in großer Sorge um dich.« Er maß Kim mit einem langen Blick, als sehe er ihn zum ersten Mal. »Deine Aufmachung ist … ungewöhnlich.«
Kim schenkte Kelhim und dem Riesen noch einen giftigen Blick, antwortete dann jedoch an Themistokles gewandt: »… aber sie hat mir das Leben gerettet.«
Themistokles sah ihn zweifelnd an, und Kim fuhr, heftig in Richtung der grauen Schatten am Horizont gestikulierend, fort: »Zuerst war ich im Schattenreich. Den Weg nach Märchenmond hätte ich ohne diese Verkleidung wahrscheinlich nicht geschafft. Boraas und seine Armee sind nämlich hinter mir her.«
»Dann hast du meinen dunklen Bruder also schon kennengelernt«, schloss Themistokles. Das Lächeln verschwand endgültig von seinem Gesicht.
»Ihn und seine schwarzen Reiter«, antwortete Kim. »Sie sind auf dem Weg hierher.«
»Lass sie nur kommen«, grollte Kelhim. »Wir hauen ihnen schon die Hucke voll!«
»Und wie!«, fügte Gorg hinzu.
»Und wenn es nun ein ganzes Heer ist?«, fragte Kim ernst.
»Dann umso besser!«, sagte Kelhim.
»Dann ist es noch schlimmer, als ich dachte«, seufzte Themistokles. »Kim hat recht, Kelhim. Es sind zu viele, ihre Zahl geht in die Tausende. Ich fürchte, wir allein haben ihnen nichts entgegenzusetzen. Wir brauchen Hilfe.«
Der Riese machte ein kampflustiges Gesicht und schwang seine Baum-Keule auf die andere Schulter. »Aber die Bewohner der berühmten gläsernen Burg Gorywynn …«
»… sind ein friedliebendes Volk«, unterbrach ihn Themistokles traurig. »Sie haben keine Chance gegen die schwarzen Reiter.«
»Dann gebt ihnen Waffen«, verlangte Kim. Gorg schwang seine Keule wieder auf die andere Schulter und nickte bekräftigend, doch Themistokles’ Blick blieb traurig.
»Wir kämpfen nicht gerne, Kim«, sagte er. »Das liegt nicht in unserer Natur.«
»Das heißt, ihr wollt einfach aufgeben?«, fragte Kim ungläubig. Warum hatte Themistokles ihn eigentlich hierhergeholt, wenn er seine Hilfe gar nicht wollte?
»Gemach, junger Freund«, sagte Themistokles. »Wir sind nicht allein. Es gibt das Volk der Steppenreiter. Ein stolzes und mutiges Volk, das uns helfen wird.«
»Ihre Burg Caivallon liegt ganz in der Nähe«, sagte Gorg. »Kaum einen Tagesmarsch entfernt.«
»Ja, wenn man Beine so lang wie eine hundert Jahre alte Fichte hat«, stichelte Kelhim.
»Worauf warten wir dann noch?«, fragte Kim aufgeregt. »Wie weit ist es nach Caivallon? Auf in den
Weitere Kostenlose Bücher