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Maerchenmond - Das Buch zum Musical

Maerchenmond - Das Buch zum Musical

Titel: Maerchenmond - Das Buch zum Musical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang und Heike Hohlbein
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mit dem er gerechnet hatte, erblickte er etwas, das ihn eher an die Mittelalter-Version eines Fitness-Studios erinnerte. Der Mann, der sie hier heraufgebracht hatte, stand mit dem Rücken zur Tür und räusperte sich laut, um die Aufmerksamkeit eines hochgewachsenen Jungen zu erregen, der mit nacktem Oberkörper und von Schweiß überströmt dastand und einen ledernen Sandsack mit kraftvollen Fausthieben malträtierte.
    »Mein Gebieter?«
    Der Wächter räusperte sich noch einmal und noch lauter, bekam aber noch immer keine Reaktion. Der Junge drosch weiter hart auf den Sandsack ein, und Kim spürte einen dünnen Stich von Neid, als er das perfekte Spiel seiner Muskeln unter der schweißnassen Haut beobachtete.
    »Prinz Priwinn«, sagte der Wächter und räusperte sich ein letztes Mal.
    Der Sandsack erbebte unter zwei festen, dicht aufeinanderfolgenden Hieben.
    »Lausejunge«, murmelte der Wächter.
    Der Sandsack zitterte unter einem weiteren Schlag, der ihn fast aus seiner Verankerung riss.
    »Das habe ich gehört«, sagte Priwinn, lachte aber dabei und schlug noch einmal zu. »Wer wagt es, mich bei wichtigen Staatsgeschäften zu stören?«
    »Themistokles, der Herr von Gorywynn, bittet um Einlass, junger Herr«, antwortete der Wächter ungerührt, während er die wichtigen Staatsgeschäfte , die unter der Decke schaukelten, mit einem misstrauischen Blick maß. Auch Kim war nicht ganz sicher, ob der malträtierte Sandsack noch viele dieser kraftvollen Hiebe vertragen würde. Der junge Prinz der Steppenreiter war gut in Form, das musste er ihm lassen.
    »Er sagt, es sei wichtig, junger Herr.«
    »Nenn mich nicht so«, keuchte Priwinn, während er dem Sandsack einen Karate-Drehtritt verpasste, bei dem Jackie Chan blass vor Neid geworden wäre. »Keiner nennt mich so! Nicht einmal mein Vater! Außerdem bin ich beschäftigt.«
    »Er sagt, es sei dringend«, erwiderte der Wächter unbeeindruckt. Der bemitleidenswerte Sandsack büßte für diese Entgegnung mit zwei weiteren, harten Schlägen, die seiner Kette ein warnendes Ächzen entlockten.
    »Soll morgen wiederkommen«, fauchte Priwinn. »Oder in einer Woche!«
    »Und er ist nicht allein«, sagte der Wächter. »Er hat ein Menschenkind mitgebracht, junger Herr.«
    Priwinn fuhr eindeutig wütend herum, versetzte dem Sandsack einem rückwärtigen Fußtritt und schrie den Wächter beinahe an: »Du sollst mich nicht so …« Dann stockte er, blinzelte und fuhr in verändertem Ton fort: »Ein Menschenkind, sagst du? Das ist in der Tat seltsam. Also gut. Sie sollen reinkommen!«
    »Sehr wohl, mein Gebieter«, antwortete der Wächter.
    Der Mann drehte herum und Kim zog sich hastig von seinem Horchposten zurück und ging zu seinem Stuhl. Allerdings nicht schnell genug: Das amüsierte Funkeln in den Augen des Wächters war ihm nicht entgangen.
    Kaum hatte er sich gesetzt, da stand Themistokles auch schon wieder auf – offenbar hatte er alles gehört –, und diesesMal betraten sie alle vier die Mittelalter-Muckibude. Prinz Priwinn, der jetzt dekorativ ein weißes Handtuch um den Nacken trug, sah ihnen neugierig entgegen. Der Sandsack hinter ihm schaukelte immer noch.
    »Themistokles, alter Schlapphut!«, sagte er aufgeräumt. »Was gibt es denn so Wichtiges?«
    Der alte Schlapphut (der keinen trug) deutete eine respektvolle Verbeugung an und hatte Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken.
    »Prinz Priwinn, der zukünftige Herr von Caivallon! Bitte verzeiht unser unangemeldetes Erscheinen. Ich weiß, es ist ungehörig.«
    »Aber das macht doch nichts«, sagte Priwinn großzügig. »Für einen guten Freund habe ich immer Zeit … wenigstens ein bisschen.« Sein Blick wanderte aufmerksam vom einen zum anderen und blieb – unangenehm lange, wie er fand – an Kim hängen, bevor er fortfuhr. »Was für ein ungewöhnliches Gefolge. Hast du unterwegs einen Zirkus ausgeraubt?«
    »Mitnichten, Prinz«, antwortete der Zauberer. »Darf ich vorstellen?« Er wiesnacheinander auf den Bären und den Riesen. »Kelhim und Gorg, zwei wirklich gute Freunde.«
    Gorg verbeugte sich vor dem jungen Prinzen, so tief er konnte – was bedeutete, dass sich sein Kopf immer noch ein gutes Stück über dem Priwinns befand. Er stupste den Bären unauffällig an. Zumindest hatte er das vor, als er dem Bären stattdessen einen ordentlichen Seitenhieb versetzte. »Los, verbeugen!«, zischte er.
    »Aber das ist doch noch ein Kind«, brummte Kelhim.
    »Das habe ich gehört, du sprechender Bettvorleger«, sagte

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