Maerchenmond - Das Buch zum Musical
je erobert und niemand wird sie je erobern!«
»Ihr habt es noch nie mit einem solchen Gegner zu tun gehabt«, gab Kim zu bedenken. »Es sind zu viele!«
»Das ist lächerlich«, beharrte Priwinn.
»Und trotzdem ist es die Wahrheit, Prinz«, sagte Themistokles ernst. »Kim hat recht. Ich weiß, wie tapfer Eure Männer sind, doch sie werden Caivallon nicht halten können. Und außerdem gibt es etwas, das wichtiger ist.«
Priwinn sah ihn eine ganze Weile schweigend an, und Kim meinte regelrecht sehen zu können, wie hinter seiner Stirn eine ganz bestimmte Erkenntnis heraufdämmerte.
»Oh nein, alter Mann«, sagte er schließlich. »Das könnt Ihr nicht verlangen!«
»Gebt Caivallon auf«, sagte Themistokles traurig, aber unerbittlich. »Reitet mit Euren Männern nach Gorywynn. Die gläserne Burg muss unter allen Umständen geschützt werden. Wenn Gorywynn fällt, dann gibt es nichts mehr, was meinen Bruder noch aufhalten kann.«
»Was bildet Ihr Euch ein?«, fragte Priwinn herausfordernd. »Caivallon aufgeben? Unser Zuhause – unsere Heimat? Niemals!«
»Es wäre euer aller Ende«, versuchte es Themistokles noch einmal, wenn auch mit wenig Hoffnung in der Stimme.
»Mach dir keine Sorgen, alter Mann«, sagte Priwinn verächtlich. »Eurer gläsernen Burg wird nichts geschehen. Die Steppenreiter bleiben in Caivallon. Wir werden Boraas und seine schwarzen Reiter aufhalten. Er hat keine Ahnung, mit wem er es zu tun bekommt!« Demonstrativ schlug er noch einmal auf seinen Boxsack ein, und noch mehr Sand rieselte zu Boden.
»Dann gibt es hier nichts mehr für uns zu tun«, schloss Themistokles unglücklich. »Kommt, meine Freunde. Setzen wir unseren Weg fort. Gorywynn ist noch weit.«
»Frischling«, grollte Kelhim.
Priwinn verpasste dem Sandsack einen weiteren Hieb und sah dabei ganz so aus, als würde er lieber auf den Bären einschlagen. »Geht nur, ihr Helden!«, sagte er böse. »Nichts und niemand wird dasVolk der Steppenreiter aus seiner Heimat vertreiben, hört ihr? Nichts und niemand!«
»Ich hoffe, Ihr behaltet recht, Prinz«, sagte Themistokles. Er wollte sich umwenden, doch Priwinn hielt ihn mit einer unwilligen Geste noch einmal zurück.
»Wartet!«
Tatsächlich hielt der weißhaarige Zauberer in der Bewegung inne, und in seinen Augen glomm noch einmal neue Hoffnung auf. Aber sie hielt nur so lange an, bis der Prinz der Steppenreiter weitersprach.
»Es ist ein weiter Weg nach Gorywynn. Mein Diener wird euch zum Fluss begleiten, wo ein Boot auf euch wartet. So seid ihr schneller dort.«
»Ich danke Euch, Prinz«, sagte Themistokles. Kelhim brummte irgendetwas.
»Fahrt nach Hause«, schloss Priwinn. »Und wartet dort auf das nächste Boot aus Caivallon, das die Kunde von unserem Sieg bringen wird!«
E s war ein anderes Schloss, ein anderer Tag und ein anderer Thronsaal, und doch kam Kim alles hier auf unheimliche Weise bekannt vor.
Als sie vor drei Tagen angekommen waren, hatte er angesichts der gläsernen Pracht Gorywynns stundenlang den Mund nicht mehr zubekommen, und selbst jetzt verging kaum ein Augenblick, in dem er nicht irgendetwas Neues und Aufregendes entdeckte. Gorywynn war im Wortsinne ein Juwel – ein Wunder aus verschiedenfarbigem Glas und Kristall, das voller glücklicher und stets fröhlicher Menschen, aber auch anderer Wesen war: Sprechende Tiere gab es und freundliche Fabelwesen, und eine ganze Menge Geschöpfe, von denen er noch nie zuvor gehört, geschweige denn, sie schon einmal gesehen hatte.
Und doch hatte er erst hierher in dieses Turmzimmer kommen müssen, um zu begreifen, was Gorywynn wirklich war.
Das Zimmer war groß, spärlich möbliert und hatte nur ein einziges schmales Fenster, das noch nicht einmal nötig gewesen wäre, denn durch die gläsernen Wände drang mehr als genug Sonnenlicht herein. Der Raum lag ungefähr zehn Meter über dem Boden in einem der kristallenen Türme Gorywynns. Kims Blick fiel weit über die blühenden Wälder und Wiesen rings um die gläserne Burg sowie den breiten, ruhig dahinfließenden Fluss, über den sie hergekommen waren.
So, wie dieser Anblick genau das Gegenteil der sterbenden Natur des Schattenreiches war, hatte Kim auch die Turmkammer sofort als das Spiegelbild des Thronsaales der Feste Morgon erkannt: auch wenn hier alles licht und fröhlich war statt aus schwarzem Stein und tausend Jahre altem Staub. Und obwohl an den Wänden statt düsterer Gemälde fröhliche Bilder hingen und bunte Wandteppiche anstelle barbarischer
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