Maerchenmond - Das Buch zum Musical
Waffen.
Einen Unterschied gab es jedoch, und darüber war Kim außerordentlich froh:Der unheimliche Spiegel fehlte genauso wie der bizarre Lavathron, auf dem er Boraas gesehen hatte. Stattdessen erhob sich in der Mitte des Raumes ein einfacher Stuhl, auf dem er sich jetzt niederließ. Auch seine beiden unterschiedlichen Reisegefährten waren bei ihm. Sie hockten beide auf dem Fußboden und starrten Löcher in die Luft. Kelhim gähnte ganz ungeniert.
»Der alte Schlapphut lässt sich heute aber mächtig Zeit«, sagte er, immer noch gähnend. Seit Priwinn den Zauberer so genannt hatte, hatte er offenbar Spaß an dieser Bezeichnung gefunden.
»Ja, ich frage mich auch, wo Themistokles so lange bleibt«, pflichtete ihm Gorg bei. Wenn auch nicht ohne einen gebührend missbilligenden Blick. »Er müsste längst hier sein.«
»Er hat gesagt, dass er etwas Wichtiges zu erledigen hat und wir hier auf ihn warten sollen«, überlegte Kim laut.
»Er wird schon kommen«, sagte Kelhim schmatzend. Er gähnte noch einmal ausgiebig, und Kim konnte einfach nicht mehr anders, als zu fragen: »Sag mal, hast du nicht gerade erst den halben Taggeschlafen und so laut geschnarcht, dass die Wände wackelten?«
Die letzte Bemerkung war übertrieben. Allerdings nicht sehr.
»Nur ein paar Stunden«, widersprach Kelhim und gähnte noch ausgiebiger.
»Vielleicht solltest du dir eine gemütliche Höhle suchen und in den Winterschlaf gehen«, schlug Kim spöttisch vor.
»Ich hatte eine gemütliche Höhle, bevor ein gewisser Jemand gekommen ist und mein ganzes Leben durcheinandergebracht hat«, erinnerte ihn Kelhim säuerlich, gähnte noch einmal und fuhr dann fort: »Und ich würde nichts lieber tun, als in den Winterschlaf zu gehen, aber hier ist immer Sommer.«
»Oh«, machte Kim betroffen.
»Und wenn ich du wäre«, fügte Kelhim, schon wieder genüsslich gähnend hinzu, »dann würde ich aufhören, an anderen rumzumäkeln und lieber da runtergehen. Ich glaube nicht, dass der alte Schlapphut es gerne sieht, wenn du da rumfläzt.«
Kim sah ganz automatisch auf den einfachen Stuhl hinab, auf dem er saß. Er war nicht einmal besonders bequem. »Warum nicht?«
»Weil du auf dem Thron von Märchenmond sitzt«, erklärte Gorg.
»Dieses schäbige Ding?«, fragte Kim, stand aber trotzdem hastig auf und fühlte sich ein wenig schuldbewusst.
»Bleib ruhig sitzen, Kim«, sagte eine Stimme von der Tür aus. »Niemand hier hat etwas dagegen. Und der alte Schlapphut schon gar nicht.« Themistokles lachte gutmütig, schloss die große, ebenfalls ganz aus farbigem Glas bestehende Tür hinter sich und tastete mit der anderen Hand nach seinem Kopf, wie um nach einem nicht vorhandenen Hut zu greifen. Gorg grinste breit, und der Bär wusste plötzlich nicht mehr, wohin mit seinem Blick.
»Beib ruhig sitzen«, sagte der Zauberer noch einmal. »Es ist nur ein Stuhl, nichts weiter. Wer darauf sitzt, ist entscheidend.«
»Aber wenn das der Thron von Märchenmond ist …«, murmelte Kim.
»Dann muss der, der darauf sitzt, wohl der König von Märchenmond sein, oder?«, schmunzelte Themistokles. »Und? Wie fühlt sich das an?«
Kim machte fast ohne sein eigenes Zutun einen großen Schritt zur Seite. »Ich … weiß nicht. Wie ein König komme ich mir nicht gerade vor«, sagte er stockend.
»Und warum nicht?«, fragte Themistokles. Aus irgendeinem Grund wirkte er zufrieden.
Kim fühlte sich ein bisschen hilflos und schnell wurde aus diesem Gefühl so etwas wie Zorn auf sich selbst. »Ein König sollte groß und stark sein«, sagte er. »Und tapfer. Und er sollte sein Volk beschützen, wenn es angegriffen wird. Und Märchenmond wird angegriffen, und es gibt nichts, was wir dagegen tun können!«
»Doch«, widersprach Kelhim und gähnte schon wieder. »Schlafen. Ich bin müde von der langen Reise.«
»Das ist drei Tage her!«, sagte Kim.
»Aber im Grunde hat Kelhim recht«, fand Themistokles, der ganz offensichtlich schon wieder Mühe hatte, ein Lächeln zu verbergen. »Es war ein langer und anstrengender Weg, für uns alle. Wir sollten uns ausruhen und Kräfte schöpfen, solange wir es noch können. Morgen ist auch noch ein Tag.«
Wenn man es genau nahm, dachte Kim, dann hatten sie seit drei Tagen kaum etwas anderes getan als ausgeruht und Kräfte geschöpft . »Morgen ist es vielleicht zu spät«, erwiderte er bitter. Je länger sie hier untätig herumsaßen, desto mehr kam er sich vor wie ein Versager.
»Zu spät wofür?«, wollte Themistokles
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