MärchenSpiel (German Edition)
gestresst.
Ach!! Welch Wunder! 23.30 Uhr, wieso war ich denn wohl gestresst?!
Schlafen! Schlafen! Bitte! Vier Stunden am Stück wären toll, fünf ein Wunder, auf sechs wagte ich gar nicht mehr zu hoffen.
Vier Taxen, ein knutschendes Liebesschwurtauschendes Pärchen, eine kaputte Ehe, ein weinendes Kind das ins Bett wollte, ein schreiendes Kind, das ins Bett musste, ein verschwundener und wiedergefundener Hund, fünf klingelnde Handys, drei Gesangseinlagen, ein lallender Prophet, der der Welt um vier Uhr morgens die Wahrheit über das Leben als solches verkündete und ein Rolleranfahrwettbewerb später, kam ich zu dreißig Minuten Schlaf, dann musste ich los.
An diesem Morgen überfuhr ich den Hund der Nachbarn direkt vor meinem Zechenviertelhaus.
Glauben Sie, was Sie wollen, aber es war wirklich ein Unfall, auch wenn der Hund jede Nacht von vier bis sechs den Mond oder was auch immer angeheult hat. – Genau in der Zeit, in der die Nachbarn ruhig waren. Wahrscheinlich mochte er keine Stille und füllte sie.
Er war selber Schuld! Hätte er mich einmal diese zwei Stunden schlafen lassen, wäre ich nicht am Steuer meines Rovers eingeschlafen und hätte ihn nicht überfahren. Sie sehen: Mich trifft wirklich keine Schuld!
Meine Nachbarn sahen das anders. Typisch, sie haben ja diese zwei Stunden Schlaf bekommen. Nach einer Anzeige und einer Geldstrafe wurde drüben munter weitergefeiert.
Es gab eine Todesfeier, eine Begräbnisfeier, einen Monatstag und schließlich einen neuen Hund, der Geburtstag hatte. Und Namenstag und Er-ist-jetzt-sieben-Wochen-alt-Tag und Er-ist-endlich-Stubenrein-Tag.
Immerhin bellte der neue Hund nicht, er jaulte. An Jaulen konnte man sich gewöhnen, es war so langgezogen, dass es die ganzen zwei Stunden dauerte. Doch kaum hatte ich mich an den Nachbarhund gewöhnt, kam die nächste Lärmbelästigung: „Ihr seid Abschaum! Das allerletzte!“ Ich gab dem Besitzer der Stimme insgeheim Recht. Aber musste er das mitten in der Nacht herausbrüllen? Und hatte er damit warten müssen, bis meine Nachbarn schliefen? Hätte er eher mit der Brüllerei angefangen, hätten die ihn wenigstens verprügelt.
Ich wollte ihm eins auf die Mütze geben. Ich bin kein gewalttätiger Mensch und irgendwie hatte er Recht. Aber es gab keinen Grund mitten in der Nacht unter meinem Fenster Recht zu haben.
Wer brauchte da noch Freddy? All meine Nachbarn waren mir viel näher als Freddy es mir in Träumen je sein würde. Außerdem waren sie viel schlimmer, denn sie kamen immer wieder. Es gab kein Entkommen.
Auch nicht vor dem Jungen. Wieder unter meinem Fenster. – Wohnte denn sonst niemand in dieser Straße unter dessen Fenster er schreien konnte?
Als er fünf Minuten krakelt hatte, er würde Selbstmord begehen, begann er mir leid zu tun. Ich zog mir einen Morgenmantel über meinen Pyjama.
Als ich die Tür hinter ihm öffnete, wäre er fast vor Schreck gestorben. Ich gab ihm einen Strick, Paketband und ging wortlos wieder ins Bett. Endlich war Draußen Ruhe. Sogar der Hund schien zu schlafen.
Musste meine Glücksnacht sein!
Am nächsten Tag stand die Polizei vor meiner Tür. Der Junge hatte sich echt erhängt. – Immerhin hatte er es still getan.
Man befragte mich, genau wie man meine Nachbarn befragt hatte. Die hatten aber nichts gehört, weil sie mit Ohropax schliefen. Sonst konnten sie angeblich nicht schlafen! – Lachhaft!
Ich sei als einschlägiger Denunziant bekannt, jemand, der wegen jeder Kleinigkeit ausrasten würde und sogar einen Hund absichtlich überfahren hatte. Also verwunderte es niemanden, dass ich zu Protokoll gab, der Junge hätte Krawall gemacht. Man fand meine DNS auf dem Strick und das genügte. Ich stand unter Mordverdacht.
Nach einigen Ermittlungsarbeiten, Verdächtigungen und Untersuchungen wurde ich verhaftet. Nicht nur, dass ich immerzu laut Musik hören würde, in der Mittagsruhe meinen Rasen mähte, am Steuer meines Wagens einschlief und weil ich gestresst war Leute in den Tod trieb. Nein! Angeblich litt ich auch noch unter Insomnia. Die macht aggressiv und sorgt für Wahnvorstellungen. Selten so was Blödes gehört. Ich kann schlafen!
Wenigstens bin ich hier vor meinen Nachbarn sicher. Das heißt: Ich war es bis gestern, da kamen sie mich besuchen. Nachbarschaftshilfe nennen sie es. Ich sage dazu: Psychoterror!
Der Fall eines Werwolfes
Sie zitterte vor Angst und Erschöpfung. Längst hatte sie aufgehört sich die Straßenecken zu merken,
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