MärchenSpiel (German Edition)
hielt.
Simone versuchte noch weiter zurückzuweichen.
Der Mann blieb stehen und ließ seine Hand sinken. „Ich hieße Mark!“, stellte er sich vor und wich wieder nach hinten zurück. „Ich wollte dir keine Angst machen, …ich wollte…“, er stoppte und schien mit sich zu kämpfen, „…ich wollte nur, dass du alles weißt und begreifst und verstehst, dass es nichts mit dir zu tun hat, dass es nicht persönlich ist, dass ich keine andere Wahl haben werde und das die anderen verantwortlich sind und…“, er stoppte wieder und sah sie mit einem verlegenen Lächeln an. „Ich rede Unsinn, oder?“
Simone schwieg und starrte den Verrückten vor sich entgeistert an. Sie fragte sich, wie sie sich am besten und unauffälligsten verhalten sollte. Wie konnte sie reagieren und hoffen, zu überleben?
„ Ich fange noch einmal an: Mein Name ist Mark Tilts, ich bin 29 Jahre alt, Jurastudent im letzten Semester und Werwolf!“ Der junge Mann hatte endlich den letzten Knopf seines Hemdes geöffnet und offenbarte Simone mit einer einzigen ausziehenden Armbewegung seinen Oberkörper. Eine tiefe, noch leicht blutige Bisswunde prangte dort. Jemand – oder etwas – hatte Mark in die rechte Schulter gebissen.
„ Werwolf?“ Simone zog eine Augenbraue hoch.
„ Du glaubst es nicht, oder?“
Simone überlegte. Ihr Verstand arbeitete fieberhaft. Vor kurzem war es wieder zu einigen Ungereimtheiten gekommen. Nicht in der Nähe, aber nah genug. Die Regierung hatte zwar versichert, alles sei unter Kontrolle und mit einer Verbreitung sein nicht zu rechnen, aber sie hatten sich in den letzten drei Jahren schon fünfmal geirrt und es war zu Ansteckungen gekommen.
Sie schloss die Augen.
„ Ich werde mich verwandeln!“, behauptete Mark und Simone fand nicht einen einzigen Grund, ihm nicht zu glauben.
„ Beiß mich!“, bat sie und sah ihn an. Ihre Blicke trafen sich und verhakten sich ineinander. Sie konnte förmlich spüren, wie Mitleid in Mark aufwallte.
„ Das funktioniert nur, wenn ich ein Wolf bin und du überlebst!“ Seine Stimme war nur ein Hauch.
„ Was wollen die Männer?“
„ Mich jagen und töten“, vermutete Mark.
Auch davon hatte Simone gehört: Ein makaberes Spiel für das angeblich Unsummen geboten wurden. Genug Geld um eine weibliche Leiche in Kauf zu nehmen. Eine Entführung und hinterher eine Beseitigung oder ein Beweis für die Behörden und die Miliz.
„Ich will nicht sterben!“ Simone starrte auf den hellen Streifen Mondlicht, der zu ihr nach unten fiel.
Mark machte eine wegwischende Handbewegung, als sei er in Gedanken schon jedes denkbare Gespräch mit einem Opfer durchgegangen und als habe er keine Möglichkeit, ihr zu helfen, oder Mut zu machen. „Und ich will dich nicht töten!“
Simone lachte bitter. „Dann tu es doch nicht!“
Mark starrte sie nur stumm an.
„Noch bin ich nicht tot!“, schrie Simone patzig und sprang nach vorne. Sie hatte gehofft den jungen Mann mit einem gut gezielten Schlag außer Gefecht setzen zu können, aber er reagierte automatisch und fing sie ab.
Scheinbar mühelos erwehrte er sich ihrer Fäuste und drückte sie gegen das Gitter.
„Beruhige dich!“ Mark bemühte sich, Simone nicht weh zu tun und sie nicht zu verletzen. Schließlich gab die junge Frau auf und ließ sich festhalten.
„ Ich bin noch nicht tot!“ Herausfordernd sah sie ihren Mitgefangenen an.
„ Ich weiß!“ Sein Atem streifte ihr Gesicht und er wirkte mitleidig und verunsichert.
„ Ich habe doch noch nicht einmal richtig gelebt!“, flüsterte Simone und drehte ihr Gesicht von Mark weg, so dass er ihren Ausdruck und die Tränen in ihren Augen nicht erkennen konnte.
Er ahnte sie trotzdem und trat zurück.
Als Simone sich wieder unter Kontrolle hatte, drehte sie sich zu ihm. Mark war zur Mauer zurückgewichen und hielt Abstand zu ihr. Sein Blick huschte immer wieder zu dem schmalen Fenster, als könne er so den Mond davon abhalten, seine baldige Verwandlung zu erzwingen.
Er wirkte unruhig und verzweifelt.
„Wenn ich dich niederschlage und du bis morgen früh ohnmächtig bist….“, philosophierte Simone leise.
Vage nahm sie wahr, dass die Kellertür geöffnet wurde und die Männer lachend und grölend nach unten kamen.
Mark warf einen kurzen Blick auf die Bagage, dann sah er Simone nachdenklich an. Er trat einen Schritt näher an sie heran.
„ Mark Tilts!“, flüsterte er so leise, dass die Männer ihn nicht hören konnten. Simone lag ein bissiger Kommentar auf der
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