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Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Tizian
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gesagt, erst einige Tage, nachdem die Brüder Pellegrino verhaftet worden waren.
    Angeklagt wurden sie wegen Zuhälterei in einigen Nachtlokalen, darunter auch jenem, das ein Jahr zuvor bereits auf der Liste der Exekutive zu finden war. Die Carabinieri schickten ihren Bericht an den Präfekten in Imperia, der im August 2010 hierzu eine Kommission einberief. Im März 2011 wurde schließlich der Gemeinderat von Bordighera »wegen mafiöser Verstrickungen« aufgelöst. Dies führte zu Schlagzeilen in den regionalen und überregionalen Blättern. Bordighera war erst die dritte Gemeinde außerhalb Süditaliens, die diesen Weg gehen musste. Seit 1991, dem Jahr, in welchem das entsprechende Gesetz verabschiedet worden war, wurden in Italien bislang über zweihundert Gemeindeparlamente aufgelöst.
    Die Kommission, die die Auflösung des Gemeinderats von Bordighera vorbereitet hatte, bezeichnete das Verhalten der Stadtverwaltung als nicht nachvollziehbar. Obwohl die Familie Pellegrino mit juristischen Mitteln gegen die Gemeinderatsbeschlüsse zur Verhinderung »wilden Bauens« vorging, hatte die Stadtverwaltung es ihrerseits nicht für nötig gehalten, den Einsatz juristischer Mittel in Betracht zu ziehen. Darüber hinaus hatte sie es unterlassen, die Umsetzung der entsprechenden Beschlüsse zu überprüfen. Dieses Verhalten führte zu einem erheblichen Bearbeitungsstau, was den geplanten Abriss der illegal errichteten Gebäude betraf.
    Die Auflösung des Gemeinderates scheint allerdings keine wirklichen Auswirkungen auf die Gemeindeverwaltung gehabt zu haben. Noch heute arbeiten einige der ehemaligen Beigeordneten in verschiedenen Funktionen in der Leitung dieser Behörde mit. Sowohl die Besuche, die der Assessor Rocco Fonti von Mitgliedern der Organisierten Kriminalität Kalabriens und von den »Familien« von Bordighera erhielt, als auch jene, von denen der stellvertretende Bürgermeister Iacobucci berichtete, lassen sich als Belege für diese Haltung heranziehen. Darüber hinaus konnte nachgewiesen werden, dass der Bürgermeister zusammen mit zahlreichen Vorbestraften bei der Einweihung eines Cafés, das von der Ehefrau eines Clan-Mitgliedes geführt wurde, anwesend war.
    In einem unter der sengenden Augustsonne geführten Interview erklärte Iacobucci, dass jeder, der für das Amt kandidiere, seine eigenen Heiligenbildchen unters Volk bringe. Auch an Mafiosi, schließlich seien diese ebenfalls stimmberechtigt. Weitaus schlimmer ist es allerdings, wenn mit den Mafiosi Stimmenkäufe ausgehandelt werden. Geschäfte, die bei einem Mittagessen im Restaurant oder in sonstigen öffentlichen Lokalen vereinbart werden. »In einer Kleinstadt wie Bordighera ist es leicht möglich, auf den Straßen einem Mafioso zu begegnen. Man kann es gar nicht vermeiden. Ein Zusammenleben mit ihnen darf jedoch nicht in Komplizenschaft ausarten.« Iacobucci ist ein ziemlich dreister Typ, der der Rechten ernsthaft nachtrauert. »Ich hab mit Fini schon vor Jahren gebrochen. Jetzt repräsentiere ich das, was er aufgegeben hat: Politik von rechts«, sagte er im selben Interview.
    Der Bericht der Kommission belegt, dass die betreffenden Clans gewisse »Vergünstigungen« erhielten, vor allem in den Jahren 2003 bis 2007 und noch einmal verstärkt vor den Wahlen im Mai 2007, als es um die unterlassenen Kontrollen bei der Vergabe und der Durchführung öffentlicher Aufträge an jene Clans ging. »Besonders schwerwiegend erscheint die Unterlassung, nicht beim juristischen Strafregister nach dem [Anti-Mafia-]Zertifikat gefragt zu haben. Denn aus einer solchen Rücksprache hätte sich ergeben, dass die Dachgesellschaft des betreffenden Clans weder mit öffentlichen Aufträgen oder Subaufträgen hätte bedacht werden, noch dass die öffentliche Verwaltung mit ihr hätte Verträge schließen dürfen.
    Der Unterschied in der Behandlung der verschiedenen Firmen erscheint noch greifbarer und bezeichnender, wenn man sie mit Ausschreibungen vergleicht, die zum Zuschlag an andere juristische Personen führten und wo es nicht zu vergleichbaren Anomalien und Unterlassungen kam. Obwohl der größte Teil der Ausschreibungsprozeduren dem vorherigen Gemeinderat oblag, existiert auch eine Verantwortlichkeit der jetzigen Verwaltung. Erst recht, wenn man sich die Kontinuität anschaut, wie sie der Bürgermeister und Teile der vorherigen Verwaltungsorgane repräsentieren, die in der neuen Verwaltung mitarbeiten.«
    Aussagen von Gewicht, die das Parteienspektrum Mitte-Rechts

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