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Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Tizian
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Femia, Präsident und Aufsichtsrat der Firma
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aus Turin, einer Gesellschaft, die sich der ergänzenden Mobilität zum öffentlichen Nahverkehr verschrieben hat und zu deren Gesellschaftern auch die GTT gehört, die Gesellschaft für öffentlichen Nahverkehr von Turin. Demasi sagt zu, ihm zu helfen, und verweist ihn an Domenico Marando, der in Ciriè lebt.
    Im Schatten der Stadtmauer von Turin geht es zu wie im Hinterland von Locri. Umworbene Bosse, die für Wählerstimmen sorgen können, aber natürlich nur für die richtigen »Pferde«. Ganz Italien ist ein Dorf. Auch die Politik einer Stadt wie Alessandria (bei Turin) bleibt von den raffiniert angelegten Intrigen der ’Ndrangheta nicht verschont. Eine ’Ndrangheta, die gern im Hintergrund bleibt, auch im piemonteser Hinterland, und ihre Schlägertypen auch schon mal unter den Lokalpolitikern rekrutiert. Im übertragenen Sinne. Ein Gemeinderat, der zum »Ehren-Schläger« der ’Ndrangheta ernannt wird, ist das beste Beispiel für die Vorgehensweise der ’Ndrangheta in Piemont und im gesamten italienischen Norden, deren Hauptanliegen die eigene öffentliche Unsichtbarkeit ist.
    Es handelt sich hierbei um Giuseppe Caridi, der den Ermittlern von der Anti-Mafia-Behörde Turin zufolge als
Consigliere
(dt.: Ratgeber) der ’Ndrangheta tätig war. Er wurde 2007 auf die Liste der PdL gewählt und zum Vorsitzenden des Ausschusses für Landwirtschaft und Umwelt ernannt. Darüber hinaus war er bis zu seiner Verhaftung Organisationsbeauftragter der
Alleanza Democratica
, der politischen Bewegung, die aus den Überresten der Christdemokraten hervorging und von Giancarlo Travagin gegründet wurde, ihrem aktuellen Präsidenten. Diese Erkenntnis ist der Operation »Maglio« zu verdanken, die von der Anti-Mafia-Behörde Turin koordiniert wurde und die zur Verhaftung von 19 Beschuldigten führte, denen Zusammenarbeit mit einer mafiösen Vereinigung vorgeworfen wurde. Den Staatsanwälten zufolge sind sie Mitglieder der ’Ndrangheta, und gehören zur Mafia-Zelle »Unterer Piemont«.
    Es gab Zeiten, da durften Politiker, »Bullen« und all diejenigen, die anderen Organisationen einen Eid geschworen hatten, auf keinen Fall Mitglieder der ’Ndrangheta werden. Sie konnten es höchstens zum
Contrasto Onorato
, zum Helfer ehrenhalber bringen. Aber die Zeiten haben sich geändert. Einige vom Lauf der Geschichte überholte Regeln müssen den Bedingungen der Gegenwart angepasst werden. Dieser Ansicht sind zumindest die ’Ndrangheta-Bosse in Piemont und Ligurien. »Wir müssen mal wieder Reformen machen«, empfiehlt der Boss von Genua, »Italien hat sich verändert, die Welt hat sich verändert, dann müssen auch wir uns anpassen, auch wir müssen viele Kleinigkeiten verändern.« Eine Reformer-’Ndrangheta, zumindest was den ligurischen Ableger betrifft, aber die Harmonie mit dem konservativen Block des Mutterhauses in Reggio di Calabria darüber zu riskieren, ist sie nicht bereit.
    »Die ganze Welt hat sich verändert, mancherorts gehört der Bürgermeister zu uns, auch bei mir macht er sich ganz prächtig«, erklärt der Mafia-Boss von Genua. Der Fall von Alessandro Figliomeni, dem ’Ndrangheta-Bürgermeister von Siderno (bei Reggio di Calabria), der im Zuge der Operation »Bene Commune« 2010 verhaftet wurde, war nur das eklatanteste Beispiel für diese Form der Einbindung öffentlicher Würdenträger. Oder Domenicantonio Cosimo »Tony« Vallelonga, halb Australier, halb Kalabrese, der von 1996 bis 2005 Bürgermeister der Stadt Stirling (bei Perth) in Australien war und im März 2011 verhaftet wurde. Er wurde beschuldigt, ein Mitglied der ’Ndrangheta zu sein.
    Wenn man den Worten der ligurischen Bosse Glauben schenkt, ist die Plage noch sehr viel weiter verbreitet. »Zu meiner Zeit, als ich noch dort im Dorf lebte«, erklärte Pino seinen Männern, »da gab es meinen guten Freund Pasquale Napoli. Der schaffte es, bis zum Leiter der Kulturabteilung der Stadtverwaltung aufzusteigen. Und das war schon vor 40 oder 45 Jahren.« Und Gangemi fasst die diesbezügliche Weltsicht der Mafia wie folgt zusammen: »Wenn einer kein Politiker ist und sich schlecht verhält, verhält er sich schlecht. Wenn er kein Politiker ist und sich gut verhält, verhält er sich gut. Wenn er ein Politiker ist und sich trotzdem gut verhält, ist er ein guter Christ. Und so soll es bleiben.« Gutes Verhalten heißt in diesem Zusammenhang natürlich immer, den Anweisungen der Mafia Folge zu

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