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Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Tizian
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machte sich als Finanzberater selbständig. Den Staatsanwälten hat Cavazzuti zahlreiche Begebenheiten erzählt, die im Zusammenhang mit den dunklen Machenschaften der Mafia stehen. Seine Aussagen stellten sich als besonders wertvoll heraus, weil sie Licht ins Dunkel um die Interessen der Mafiosi in der Welt der legalen Wirtschaft und des Bankwesens brachten.
    Die Affäre Cavazzuti hängt mit Baglio und der ’Ndrangheta zusammen. Zu Beginn der neunziger Jahre stellte Fausto Bencivegna, ein Rechtsanwalt aus Modena, Cavazzuti zwei Männer vor, zwei Führungsfiguren der örtlichen ’Ndrangheta-Ableger, Rocco Baglio und Domenico Falleti, beide aus Polistena. Der Rechtsanwalt fragte den Finanzberater, ob er zwei Konten für die Herren eröffnen könne. Cavazzuti stimmte zu, trotz der kriminellen Vorgeschichte der beiden Kalabresen. In der Folge begannen der Rechtsanwalt und der Bankier ein gewagtes Spiel mit einem anderen Mann aus der Welt der »weißen Westen«, dem Direktor der Kreissparkassen-Filiale von Soliera (bei Modena).
    1991 ordnete der Ermittlungsrichter von Modena die Festnahme von Baglio an, »wegen Anstiftung zum Betrug« und weil er »zusammen mit anderen den Konkurs kleiner Unternehmen oder Einzelhandelsgeschäfte provoziert habe, um sich in deren Besitz zu bringen und in diese Kapital illegaler Herkunft einzubringen.« Nachdem zwischen Maranello und Fiorano ein ganzes Waffenarsenal gefunden worden war, musste der Wahl-Modeneser Baglio 1993 für einen weiteren Aufenthalt ins Gefängnis. Das Sondereinsatzkommando der Carabinieri fand damals zwei Panzerfäuste mit 18 Raketen, 41 Handgranaten, 14 Dynamitstangen, eine Kalaschnikow AK 47, zwei Maschinenpistolen Marke Skorpion, eine Uzi-Maschinenpistole sowie 2 600 Schuss Munition verschiedener Kaliber.
    Seit seiner Ankunft in der Emilia-Romagna, so erzählt Renato Cavazzuti, hat es Baglio vermocht, ein dichtes Netzwerk unverdächtiger Unterstützer zu knüpfen. Ein Netzwerk, das den Ermittlern zufolge, die im Fall Serramazzoni die Untersuchungen führen, bis heute aktiv ist. Auch die Lokalpolitik soll in dieses eingebunden sein. Da erstaunt es nur wenig, dass der Sohn von Baglio in dieser Sache anderer Meinung ist. Er beharrt darauf, dass sie von niemandem Gefälligkeiten entgegengenommen hätten. Als der entsprechende Untersuchungsbericht, der auch Bürgermeister Ralenti betrifft, veröffentlicht wurde, schlug der regionale Kultur-Beigeordnete Massimo Mezzetti von der Partei
Sinistra e Libera
, der vor einigen Jahren von der Mafia bedroht worden war, vor, eine vorbereitende Kommission zur Auflösung des Gemeinderats von Serramazzoni einzusetzen, um auf diesem Wege die Tatbestände innerhalb der Stadtverwaltung der Gemeinde endlich aufzuklären. Die PD dagegen vertrat den Standpunkt, dass man abwarten müsse. Und der Bürgermeister, den ich wenige Monate vor Abschluss des Manuskripts traf, wies meine Frage, ob es mafiöse Unterwanderung in dieser Gegend gebe, zurück und erklärte, dass hier eine solche Beeinflussung nicht existiere. Ob das in anderen Regionen der Fall sei, wisse er nicht.
    Das Jahr 2011 war in der Emilia-Romagna geprägt von den Enthüllungen zu einem weiteren Fall bedenklicher Nähe zwischen Politik und ’Ndrangheta. Zu den bisher völlig Unbescholtenen, die von der Anti-Mafia-Behörde Bologna zur Vernehmung vorgeladen wurden, zählte der Steuerberater Nerio Marchesini. Er gehört dem Bezirksverband der PD in San Matteo, einem Ortsteil von San Giovanni an. Sein Vater ist einer der führenden Exponenten der Kommunistischen Partei Italiens (PCI). Den Staatsanwälten zufolge soll Marchesini dem Drogenhändler Barbieri dabei geholfen haben, Strohmänner für verschiedene Firmen und Immobilien einzusetzen. Konkret wurde Marchesini vorgeworfen, sich beim Ankauf des
Café Montecarlo
im Zentrum von Bologna engagiert zu haben. »Durch einen zielgerichteten und bewussten Beitrag von Marchesini« sei es Vincenzo Barbieri und seiner Lebensgefährtin Marika Aiello gelungen, heißt es im Haftbefehl, die Eigentümerschaft des Cafés auf Francesco Ventrici zu übertragen, der zufälligerweise genauso hieß wie der Gehilfe von Barbieri.
    Marika Aiello ist die Tochter von Carmelo Aiello, dem ehemaligen Beigeordneten für Städtebau von Vibo Valentia (Kalabrien). Nerio Marchesini hatte anonymen Berichten zufolge die Rolle des Schatzmeisters der Partei PD übernommen. In der Zwischenzeit ist er freiwillig zurückgetreten. Der Staatsanwalt betont jedoch: Wäre

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