Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)
größere Aussicht auf Erfolg.
Sie schafften es, zwei Wärter zu bestechen: Die beiden korrupten Justizvollzugsangestellten Nicola Mennillo und Roberto Micillo waren den Bologneser Staatsanwälten zufolge »komplett in der Hand des Clans und erleichterten unerlaubterweise nicht nur die Haftbedingungen von Nicola Nappa, Antonio Pagano, Pasquale Ciocia und Antonio Noviello – etwa mit dem heimlichen Einschmuggeln von zahlreichen Waren aller Art –, sondern sorgten auch dafür, dass Besuche von Angehörigen stattfinden konnten, die offiziell nie erlaubt worden wären. Dies war nur mit gefälschten Dokumenten möglich. Aber damit nicht genug, wirkten die beiden auch noch bei verbrecherischen Umtrieben der Clan-Vertreter in Castelfranco und Carpi mit, die für die Clans enorme Profite abwarfen, so etwa im Wettgeschäft.«
So weit die Ausführungen der Staatsanwälte, die durch ein abgehörtes Telefonat belegt werden. Zwei Clan-Mitglieder hatten sich darüber unterhalten, dass der Clan dazu verpflichtet sei, Roberto Micillo die Spielhalle in Carpi als Zeichen der Anerkennung für geleistete Dienste innerhalb und außerhalb des Knastes von Sant’Anna zu überlassen. Das, was die Ermittler da mithörten, war eine Lektion in Sachen Knastgebräuche: »Er sorgt dafür, dass sie sich im Freien treffen können, um zu quatschen … im Hof … ach Scheiße … er schmuggelt ihnen die Sachen rein … Mozzarella und so … er nimmt die Sachen einfach mit rein … versteh doch, es ist riskant … er bringt ihn dazu, seinen Posten zu riskieren … er sagt, entweder ihr gebt mir den Laden oder ich stoppe alles … er sagt, ich hab was riskiert, riskiere immer noch was … du hast es mir angeboten, ich hatte nicht drum gebeten … er hat genau aufgeschrieben, was sie tun müssen … wenn du dich gegen die Wärter stellst, hast du ausgespielt.«
Die zwei Gefängniswärter sorgten dafür, dass die Clan-Gefangenen MP3-Player, Rasierwasser und kleine Botschaften erhielten, sowohl schriftliche wie mündliche, und dazu noch Besuche außerhalb der regulären Zeiten empfangen konnten. Den Anklägern zufolge wurde Micillo zusammen mit seinem Schwager Carlo di Bona die Leitung der Spielhölle
Matrix 2
in Carpi übertragen. Die Profite aus dem Wettgeschäft teilten sie mit dem Clan.
Zwei Männer aus Bologna, Gianluca und Maurizio Maselli, Vater und Sohn, wurden von den Ermittlern als Lieferanten von Spielautomaten für die Clan-Spielhalle in Carpi ausgemacht. Sie sollen die Automaten auch manipuliert haben, indem sie mittels Fernbedienungen die Software änderten. Damit, so schreiben die Ermittler weiter, konnten sie illegale Profite generieren. Zum Nachteil der Spieler, denen natürlich nicht bewusst war, dass die Manipulation die Rate an verlorenen Spielen drastisch erhöhte. Damit betrogen die Mafiosi auch den Staat und die staatliche Monopolverwaltung, da die Software-Änderung dazu führte, dass die Verbindung zu den staatlichen Servern unterbrochen wurde und somit deren Prozente nicht abgerechnet werden konnten. Letzter Anklagepunkt war schließlich die Förderung der mafiösen Verbrechen des Casalesi-Clans im Raum Modena.
Illegale Profite nannten es die Ermittler. Wobei alles minutiös auf Papier festgehalten wurde. Ein Betrug, der dem Clan alle zwei Wochen 100.000 Euro einbrachte. Die Steuerung dieser Geldmaschine hatte der Clan einer Frau, eben jener Ioana, anvertraut. Diese war angeblich auch Nicola Schiavone sehr zugetan, dem Unternehmerfilius von »Sandokan«, der 2005 für kurze Zeit am Rand der Innenstadt von Modena wohnte. Mittlerweile sitzt er hinter Gittern, aber bis letztes Jahr war er noch völlig frei von Vorstrafen, und seine unternehmerischen Aktivitäten erstreckten sich bis nach Rumänien.
Die Spieler, denen man das Geld mittels Betrug aus den Taschen zog, gewannen zwischendurch auch vereinzelt höhere Summen. In einem dieser Fälle geriet Ioana in Panik. Aber ein gewisser »Rocco« beruhigt sie. »Rocco« ist ein bezeichnendes Beispiel, um die Zusammenarbeit der verschiedenen Mafia-Organisationen zu verstehen. Dieser Mensch, den Ioana um Rat bat, heißt im richtigen Leben Nicola Femia. Er stammt aus Marina di Gioiosa Ionica, im Hinterland von Locri, Provinz Reggio di Calabria. Den Staatsanwälten zufolge lieferte er die Online-Spiele des Clans und garantierte die entsprechenden Gewinne. Im Hinblick auf die Spielautomatenfirma
Slot Point Production
im norditalienischen Varese fungiere zwar einer seiner Verwandten
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