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Mafia Princess

Mafia Princess

Titel: Mafia Princess Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Merico
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Großmutter, wo ich immer noch Dad traf. Wenn er mich sah, lächelte er immer, und das liebte ich. Ich wollte gar nicht raus aus seiner Umarmung. Aber wie das bei kleinen Kindern nun mal ist, begriff ich nicht, wieso ich ihn nicht jeden Tag sehen konnte. Liebte er mich denn nicht so sehr, wie ich ihn liebte?
    Bei uns, in der ärmsten Gegend der Stadt, würde er sich im Leben nicht sehen lassen. Damals fuhr er einen schokoladefarbenen Porsche – der ausnahmsweise bezahlt war – und wohnte in einer exklusiven Gegend. Ich fragte mich: »Weshalb haben wir so wenig und mein Dad so viel?«
    Er nahm mich mit zu einem Treffen mit Daniella, einer seiner Freundinnen, die einen Sohn in meinem Alter hatte. Wir gingen in einen Spielzeugladen, und er meinte, wir dürften uns etwas aussuchen. Ich war an die billigsten Sachen gewöhnt und wählte eine kleine Frisierkommode mit Make-up und Haarbürsten. Der Junge nahm ein motorbetriebenes Tretauto, in dem man sitzen konnte – es muss ein Vermögen gekostet haben. Ich mochte meine Frisierkommode, aber später zog mich die Familie auf und meinte, das Geschenk für den Jungen sei viel besser als meines.
    Mum arbeitete in Wechselschichten bei Upim, wo es alles zu kaufen gab, eine Art Mini-Supermarkt. Ihre Arbeitszeiten waren immer unterschiedlich, angepasst an meinen Stundenplan in der Schule.
    Englisch sprach ich damals nicht, nur Italienisch. Ich verstand »setz dich« und »danke«, aber Mum sprach ansonsten nur Italienisch mit mir. Sie wollte, dass ich »dazugehörte«. Wir hatten Bilderbücher, »Pinocchio«, »Alice im Wunderland«, Kindergeschichten. Die Lehrer zwangen uns, Zucchini zu essen und Nachmittagsschlaf zu halten, und ich hasste beides. Sie stellten Feldbetten auf, darin mussten wir eine Dreiviertelstunde liegen. Ich tat, als ob ich schlief, denn sie schimpften mit uns, wenn wir uns bewegten oder auch nur einen Mucks von uns gaben.
    Wir trugen weiße Overalls, und jede Klasse hatte ihren andersfarbigen kleinen Kragen – meiner war rot und orange. Die Overalls waren unterschiedlich im Farbton, sie waren in verschiedenen Größen zu haben, manche waren besser, manche schlechter, je nachdem, wo man sie gekauft hatte. Sie mussten über der normalen Kleidung getragen werden. Wie bei jeder Schuluniform war es der Versuch, in der Klasse oder auf dem Spielplatz nicht das Gefühl aufkommen zu lassen, dass es »Die anderen« gab.
    Am 17. Februar, dem Karnevalstag, musste ich mir immer etwas von Tante Angela zum Anziehen borgen. Sie bekam das Kostüm, und ich musste es ausleihen. Ich konnte nicht wählen, ich nahm, was immer sie bekam. Einmal, als ich noch sehr klein war, ging ich als Fee. In einem anderen Jahr bekam ich ein spanisches Flamencokostüm, das Angela nie getragen hatte. Ich war sehr glücklich; das war etwas Besonderes.
    Die Schule war fünf Minuten zu Fuß von zu Hause entfernt, und Mum brachte mich kurz vor acht hin, kurz bevor ihre Schicht bei Upim begann. Es war alles zeitlich abgestimmt. Die Schule war um halb zwei aus, und da endete auch Mums erste Schicht. Sie holte mich ab und wir fuhren zu Großmutter. Danach kehrte sie zurück und arbeitete bis sieben Uhr. Aus der Schule kam nie jemand mit zu Großmutter. Diesen Teil unseres Lebens hielt Mutter streng geheim. Mitschülerinnen kamen lediglich in Mums Wohnung. Simona, die Tochter ihrer Freundin Linda, war in meiner Klasse. Ihr Sohn Luca war etwas jünger, und mit beiden spielte ich Ball und fuhr Fahrrad. Außerdem gab es noch viele andere Kinder in der Mussolini-Wohnanlage.
    Ich bekam Läuse, ganz typisch für unsere Nachbarschaft. Ich hörte Mum sagen: »Das wird dir nicht gefallen, Marisa, aber es bleibt mir nichts anderes übrig«, und im nächsten Moment fielen meine langen Locken auf den Boden. Als ich in den Spiegel sah, schaute ein kleiner Junge zurück. Ich stand da und brüllte, und die Tränen liefen mir das Gesicht runter. Ich hatte rote Gummistiefel an, ein rotes Oberteil und Jeans, dazu der geschorene Kopf. Mum machte eines von ihren »künstlerischen« Fotos.
    Für mich war es eine Riesentragödie. Als kleines Kind wurde ich vor anderen Tragödien geschützt, die sich überall um mich herum abspielten. Großmutter war immer warmherzig und tröstete mich, wenn ich nachmittags und am frühen Abend bei ihr war. Da waren mehr Leute und auch mehr Platz als bei uns zu Hause, und ich mochte das Essen meiner Großmutter so gern. Die Mahlzeiten schienen Stunden zu dauern. Ich hatte meine Cousins und

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