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Mafia Princess

Mafia Princess

Titel: Mafia Princess Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Merico
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und war nur froh, dass ich nicht quengelte und Großmutter besuchen wollte und auch nicht mehr fragte, wann Dad zu uns käme. Sie war ruhiger geworden. Das sah ich ihrem Gesicht an. Es war friedlicher, aber trotzdem immer in Alarmbereitschaft.
    Den Anruf, der alles verändern sollte, erhielten wir im Juni 1983. Dad war in New York verhaftet worden. Graf Marco Carraciolo fuhr in Manhattan bei Rot über die Ampel, ein Streifenwagen stoppte ihn, und er wurde verhaftet. Auf dem Polizeirevier wurde er erkennungsdienstlich behandelt, man nahm ihm die Fingerabdrücke ab und erklärte, gegen Zahlung einer Kaution in Höhe von fünfhundert Dollar werde er freigelassen.
    Er durfte einmal telefonieren, und er rief Fanny an und verlangte, dass sie möglichst rasch das Geld brachte. Sie schickte ihren Bruder. Doch Emo ließ sich Zeit, Sorgen machte er sich nicht – ein Verkehrsvergehen, keine große Sache –, aber genau das gab der Polizei die Möglichkeit, Graf Marcos Angaben etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Wegen jüngster diplomatischer Verwicklungen war die New Yorker Polizei besonders achtsam, wenn es um festgenommene Ausländer ging. Graf Marco war in der Tat Italiener, doch die Datei mit den Fingerabdrücken ergab, dass sein richtiger Name Emilio Di Giovine war und er in Mailand einen Mord begangen hatte. Genau in diesem Augenblick endete alle Höflichkeit Graf Marco gegenüber.
    Statt Kaution zu stellen und nach Hause zu fahren, wanderte Dad in die Strafanstalt von New Jersey, während in aller Eile die notwendigen Auslieferungsformalitäten in die Wege geleitet wurden. Es war ein ungleicher Kampf. Im Gefängnis hatte Dad nur die eine Hoffnung, dass Großmutter im Lauf der drei Jahre, in denen er als Graf Marco gelebt hatte, in der Sache von Mafodas Ermordung so viele Leute wie möglich geschmiert hatte.
    Trotz allem war seine Lage nicht ganz so bedrohlich wie die eines anderen Häftlings, den die Amerikaner gefangen hielten, eines geheimnisvollen Mannes, der in Roberto Calvis Tod verwickelt war. Calvi, den man wegen seiner engen Verbindungen zum Vatikan »Gottes Bankier« nannte, wurde am 17. Juni 1982 erhängt unter der Blackfriars Bridge in London gefunden. Der Mithäftling, der sich mit Dad über Calvis vermeintlichen Selbstmord unterhielt, war »auf der Durchreise«. Er erzählte Dad die Insider-Geschichte jenes geheimnisvollen Vorfalls mit dem Mann, der früher einmal Vorstandsvorsitzender der Banco Ambrosiano gewesen war, die 1982 pleite ging; die Folge war ein riesiger politischer Skandal, bei dem es um mehrere Milliarden illegal exportierter Lire ging. Es stellte sich heraus, dass Calvi mit Geldwäsche zu tun hatte. Es waren diverse Geschichten im Umlauf über seine Verbindung zur Vatikan-Bank und etliche weitere einflussreiche Organisationen. Allgemein war man davon überzeugt, dass er nicht Selbstmord begangen hatte, sondern »selbstgemordet wurde«, wie die Italiener sagen. Es gibt im Italienischen sogar ein Wort dafür: suicidoto .
    Klugerweise erzählte mein Vater nichts von dem mysteriösen Mord an »Gottes Bankier«, und der Mann, mit dem er sich unterhalten hatte, blieb in Haft, als Dad in ein Flugzeug nach Italien gesetzt wurde, wo er sich für den Tod von Mafoda vor Gericht verantworten musste. Er war überraschend gelassen.
    Für Mum war es eine weit größere Tortur.
    Wie auch für mich.
    Es sollte unser Leben verändern.

7 Das gute Leben
    »Wir sind ein kleines Land, aber gräbt man zwei Meter
in die Tiefe, ist man mitten unter den alten Römern.«
    Der italienische Rockstar Vinicio Capossela, 2009
    Graf Marco Carraciolo wurde auf schnellstem Wege aus Amerika hinausbefördert. Sie schickten Dad rascher weg, als irgendein Auslieferungsabkommen vorgesehen hatte. Nur wenige Wochen nachdem er in Manhattan in Handschellen abgeführt worden war, traf er in Rom ein. Die Anwälte scherzten, dass noch nicht einmal die Tinte auf den Auslieferungspapieren getrocknet sei: »Er bekam die Füße nicht auf den Boden. Emilio Di Giovine war ein höchst unerwünschter Mann.« Doch das betraf nur Amerika.
    Die italienischen Behörden wollten ihn geradezu verzweifelt haben. Sie hatten hohe Aktenschränke voll mit Ordnern über Verbrechen, von denen sie vermuteten, er hätte sie begangen. Ganz sicher wussten sie, dass er Mafoda erschossen hatte, und dafür belangten sie ihn: wegen Mord. Amerika hatte ihn ausgewiesen, Rom wollte ihn vernichten. Ihn wegsperren und den Schlüssel wegwerfen.
    In dieser Situation

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