Mafia Princess
und alle sahen zu.
Dann kam Bruno und machte mit, trat den Jungen immer weiter, auch als er längst bewusstlos auf dem Boden lag. So heftig traten sie auf ihn ein, dass sie sich die Schuhe kaputtmachten. So etwas hatte ich noch nie im Leben gesehen. Sie dachten, er wollte sich an mich ranmachen – »Hallo, Süße«, so was in der Art –, und dafür hatten sie ihn halb umgebracht!
Als ich ihnen erzählte, was er wirklich gewollt hatte, grummelte Onkel Guglielmo: »Er hätte nicht mit dir reden dürfen.«
Wieder zu Hause, war ich noch immer total verstört. Onkel Guglielmo legte den Arm um mich und sagte: »Du musst wissen, Marisa, dass die Familie dich immer beschützen wird. Mit uns legt sich keiner an.«
In Anbetracht der Umstände hielt ich lieber den Mund und genoss mein Zusammensein mit Bruno. Er ging mit mir zum Einkaufen und führte mich zum Mittagessen aus. Wir fuhren an den Comer See und nach Rom, wo wir uns die Sehenswürdigkeiten ansahen, es war sehr romantisch. Und unschuldig. Mir war klar, dass viele Mädchen ihn toll fanden, aber er wollte mit mir zusammen sein, und so kam ich mir wie etwas Besonderes vor.
Aber irgendwann musste ich zu Mum zurück. Bruno fuhr mich zum Flugplatz, und bevor ich durch die Passkontrolle ging, küsste er mich auf den Mund. Unser erster Kuss. Es war nur ein harmloses Küsschen, aber es fühlte sich unglaublich an. Er nahm mich in die Arme und sagte: »Ciao, bella.«
Den ganzen Weg zurück nach Manchester weinte ich. Ich war so verzweifelt, dass sich die Stewardess neben mich setzte, um zu sehen, ob alles mit mir in Ordnung war, und um darauf zu achten, dass ich nicht bei zehntausend Metern Höhe aus dem Flugzeug sprang.
Kaum war ich zu Hause, lief ich schnurstracks an Mum vorbei und machte mich daran, Bruno einen Brief zu schreiben.
Ich war ganz zittrig. Ich hatte das Gefühl, mein Leben hing davon ab zu wissen, wann ich ihn wiedersehen würde. Ich weiß nicht, ob es allein Bruno war, der mich verführte, oder eine Kombination aus Bruno und meinem ganzen Leben in Italien. Wie meine Gene war auch mein Denken zweigeteilt. Irgendwie saß ich mal wieder zwischen allen Stühlen. In meinem Herzen, tief innen, wusste ich, dass Bruno mich vor allem beschützen konnte. Und ich wollte einen starken Mann, der für mich sorgte.
Doch zunächst mal musste Bruno für sich selber sorgen. Ein Drogengeschäft in Mailand war schiefgegangen, und er musste aus der Stadt verschwinden, ehe die Polizei sich um die Sache kümmerte.
Onkel Guglielmo befahl ihm: »Na los, sieh zu, dass du wegkommst.«
Und so rief mich Bruno einen Monat nach meiner Abreise aus Italien vom Flugplatz in Manchester an und bat mich um die Wegbeschreibung nach Blackpool. Ich war vollkommen aus dem Häuschen. Er hatte sich einfach ins Flugzeug gesetzt, und bei ihm war sein Kumpel Coby, der sechzehnjährige Sohn von Onkel Guglielmos Freundin. Coby hatte einen ganzen Packen Bargeld dabei, über tausend Pfund, und im Schlepptau seine Freundin Sarah. Und Bruno hatte die Taschen voller Marihuana. Es fiel ihm leicht, das Zeug durch den Zoll zu bringen. Mit dem Schmuggeln von Drogen verdiente er sich schließlich seinen Lebensunterhalt.
Sie mieteten ein Auto, und nachdem Bruno es raushatte, auf der linken Fahrbahnseite zu fahren – und das bei hoher Geschwindigkeit –, standen sie auch schon bei uns vor der Tür. Wir nahmen uns zwei Zimmer in einer Pension in Blackpool. Ans College dachte ich nicht mehr und auch nicht daran, zu Mum nach Hause zu gehen.
Mum war alles andere als glücklich. Im Gegensatz zu mir. Das war das aufregende Leben, nach dem ich mich gesehnt hatte. Keine langweiligen Tabellen mehr, keine Diagramme, keine Schaubilder. Das hier war das echte Leben, eine Ahnung des Tempos, der Geschäftigkeit und der Aufregung von Mailand. Und es war Sex, Drogen und Duran Duran. Bruno und Coby verbrauchten Marihuana, als wollten sie sich Rauchsignale schicken. Andauernd pafften sie. Ob wir nun an der Promenade oder am Strand von Blackpool spazieren gingen, ihnen war das egal.
Anfangs rauchte ich nur auf unseren Zimmern Joints mit ihnen, ich wollte schließlich nicht wie ein kleines Kind wirken, aber bald machte es mir richtig Spaß. Es war entspannend, und auch der Alkohol, den wir wegkippten, half, meine Sorgen zu vertreiben.
Wie ich so mit Bruno durch die Gegend kurvte, fühlte ich mich ganz erwachsen, ganz Teil eines Teams. Wir hatten eine Partnerschaft. Das gefiel mir. Und Bruno war süß und sanft, wenn er
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