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Mafia Princess

Mafia Princess

Titel: Mafia Princess Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Merico
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reif für mein Alter. Ich war immer gut angezogen. Piekvornehm sah ich zwar nicht gerade aus, aber ich wirkte wohlhabend, wie jemand aus der gehobenen Mittelschicht, und ich drückte mich gut aus. Immer wieder bezeichnete mich Dad als rispettabile [anständig]. Ich wusste, wohin ich ging, und ich wusste, was ich tat. In dem Punkt komme ich nach meinem Vater, ich bin schnell im Denken, und ich halte mich aus allem raus, was problematisch sein oder Ärger bringen könnte.
    Es war ganz typisch, dass er Mum zum Zigarettenschmuggeln mitnahm, als sie schwanger war, und dann später wieder mit mir als Baby. Frauen in der ’Ndrangheta sind aktiv mit dabei, auch bei einer Vendetta oder einem Krieg. Wenn die Männer bedroht werden, müssen die Frauen alles organisieren. In einem Krieg sind die Frauen nie das Ziel. In Kriegszeiten verkleiden sich Männer oft als Frauen, um einem Angriff zu entgehen. Manche haben versucht, sich mit Langhaarperücken zu tarnen, haben aber vergessen, sich den Schnurrbart zu rasieren.
    Die Freiheit der Frauen, sich unauffällig zu bewegen, nutzte mein Vater für seine Drogentransporte und die Lieferung und das Kassieren von Geld. Die Leute, einschließlich der Polizisten, sehen in Frauen, und erst recht in jungen Mädchen, einfach keine Gangster. Wir unterlagen nicht denselben Einschränkungen.
    Enge Kleider, kurze Röcke und tief ausgeschnittene Dekolletés waren wirkungsvolle Ablenkungsmanöver im Kontakt mit Grenzbeamten. Manipulation wurde Teil meines Lebens; allmählich kam ich auf einen richtigen Powertrip. Reiste ich mit dem Flugzeug, band ich mir das Geld am Körper fest. Ich trug regelrechte Liebestöter, wie die Riesenschlüpfer von Bridget Jones, und mehrere Lagen lose fallender Kleider. Das Geld in Plastikbeuteln war überall an meinem Körper befestigt, von Kopf bis Fuß. Ich war ein wandelnder Geldautomat, ein Bargeldweihnachtsbaum.
    Für die Beträge, die ich zur Bezahlung des Haschisch nach Spanien brachte, hätten Geldtransportunternehmen gepanzerte Fahrzeuge verwendet. Es waren Unmengen von Lire, im Gegenwert von etwa achtzigtausend bis neunzigtausend Pfund pro Transport, wenn ich allein unterwegs war. Waren wir zu zweit, war es doppelt so viel. Bei besonders großen Geldbeträgen reiste ich mit dem Auto, und das Geld wurde in der Innenraumverkleidung versteckt. Bruno chauffierte, denn obwohl ich Auto fahren konnte, hatte ich noch keinen Führerschein. Wir wollten vermeiden, dass so etwas zum Problem wurde.
    Bis zu fünfhunderttausend Pfund transportierten wir mit dem Auto, und gemächlich fuhren wir durch Italien und Frankreich nach Spanien – überquerten zwei Grenzen, passierten drei Länder.
    Einmal übernachteten wir in Frankreich in einem Hotel, und ich nahm das Geld aus dem Auto und steckte es in meine große Geldtasche. Es waren Lire, in Päckchen von bis zu zweihundertfünfzigtausend Pfund. Bevor ich am nächsten Morgen unter die Dusche ging, nahm ich das Geld aus der Tasche und steckte es zur Sicherheit unter die Bettdecke. Schließlich wollte ich nicht, dass jemand reinkam und das Geld klaute.
    Dann packte ich wieder um, und wir fuhren los, aber in Sevilla stellte ich fest, dass ungefähr dreizehntausend Pfund fehlten. Ich geriet in Panik: »Oh mein Gott!«
    Als ich Dad davon erzählte, war er leicht argwöhnisch: »Bist du sicher, Tochter, dass nicht etwa selbst … dann hätte ich nämlich lieber, du erzählst es mir.«
    Es war egal, wer man war, wenn es ums Geschäft ging: »Dad! Ehrenwort …«
    Ich überlegte, ob Bruno es wohl genommen haben konnte, aber das hatte er nicht. Wir hatten es unter der Bettdecke gelassen. Ich muss es übersehen haben. Ich vertraute Bruno. Er hätte es nicht genommen. So was tat er nicht. So was tat er nie. Es wäre sinnlos gewesen. Wieso sollte man wegen so etwas Kopf und Kragen riskieren, wenn man sowieso gut genug verdiente?
    Als ich wieder in Mailand war, rief ich Mum an und erzählte ihr, dass ich aus steuerlichen Gründen Geld für Dad transportierte und dass ein Teil davon verloren gegangen war. Sie arbeitete als Zimmermädchen im Hotel Imperial in Blackpool, und mit dem bei Leuten aus Lancashire angeborenen Vertrauen ins System meinte sie: »Vielleicht findet das Zimmermädchen das Geld.«
    Vielleicht tat sie es wirklich. Natürlich tauchte das Geld nicht mehr auf.
    Ich verlor dreizehntausend Pfund, aber bei den ganzen Millionen, die ich transportierte, blieb es das einzige Missgeschick.
    Oft fuhren wir direkt nach Sevilla,

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