Mafia Princess
sich Bruno in die Hose, zwischen seine Eier, oder in ein ausgespartes Versteck in seinen Turnschuhen, das von der inneren Sohle verdeckt war. Mit dem Geld bestach er die Wachen und ließ sie Zigaretten kaufen. Was er sonst wollte, besorgten die Kolumbianer.
War ich an den Wochenenden unterwegs, kümmerten sich Brunos Eltern um Lara. Sie waren nette Leute, finanziell einigermaßen gut gestellt und entsetzt über das, was mit ihrem Sohn passiert war. Sie wussten nicht, was alles gelaufen war, obwohl sie hätten Verdacht schöpfen können, denn wir hatten offensichtlich reichlich Geld. Dass junge Leute so viel haben, schien kaum möglich. Außer, es ging etwas Ungesetzliches vor. Und das war natürlich auch die Erklärung.
Jetzt musste ich mich um alles kümmern. Bei meinen Besuchen im Gefängnis gab Dad mir Anweisungen. Meine Stimme war Dads Stimme. Durch ihn leitete ich das Unternehmen. Ich hatte Hilfe von einem gewissen Mauritso, einem Freund von Bruno. Dad vertraute ihm und respektierte ihn. Mauritso war ein Capo, Chef weiterer vertrauenswürdiger Männer.
Oft sagte Dad zu mir: »Lass sie dies und jenes machen. Erledige das.«
Ich hätte mühelos eigene Anweisungen erteilen können, und sie hätten alles buchstabengetreu ausgeführt.
Weil Dad im Gefängnis war, zogen meine Onkel ihre eigenen Sachen durch. Genau wie Großmutter. Ich ging zu jedem und erteilte Anweisungen. Mein Onkel Antonio war erfolgreich im Geschäft, genoss aber in der Familie nicht denselben Respekt wie sein Bruder. Da Dad nun aus dem Weg war, wollte er sich hineindrängen. Ich musste mich also vor meinem eigenen Onkel hüten.
Ich habe eine Aufnahme, auf der zu hören ist, wie er droht: »Sie soll tun, was ich sage, wenn nicht, reiße ich ihr den verdammten Kopf ab. Ich ziehe sie raus an ihren eigenen … Ich trete ihr in den Arsch …«
Meine Reaktion darauf war einfach: »Was bildet der sich denn ein, wer er ist? Ich mache ganz bestimmt nicht, was er sagt. Ich spreche im Namen von meinem Vater – und ihr alle macht, was ich sage.«
Diese erwachsenen Männer, die in ihrer skrupellosen Welt nicht zögern würden, eine Pistole zu ziehen und einen Menschen zu erschießen, mussten dem zustimmen: »Ja, Marisa.« Sie hatten Respekt. Was immer ich auch anordnete, es wurde gemacht. Sie hätten getötet für mich. Das waren die Menschen in meiner Umgebung. Sie behüteten und beschützten mich.
Großmutter war eine gerissene Geschäftemacherin und versuchte, Vorteil aus der Situation zu ziehen; hätte sie mehr Geld aus Dad herausholen können, sie hätte es getan. Inzwischen hatte sich die Lage umgekehrt, ich verlieh Geld an sie, weil zu viele ihrer Geschäfte schlecht gingen und sie sich finanziell übernommen hatte.
Die Leute dachten, ich wäre einfach nur ein junges Mädchen, aber das ließ ich ihnen nicht durchgehen, und die Männer um mich herum auch nicht. Sie waren loyal meinem Vater gegenüber. Sie hatten großen Respekt vor meiner Großmutter, doch letztlich zählte, was ich sagte. Nicht, was meine Großmutter sagte. Und ganz bestimmt nicht, was mein Onkel sagte. Großmutter hatte einen Spitznamen für mich gefunden: pazzesco criminale [verrückte Verbrecherin].
Eine meiner wichtigsten Aufgaben war, die Autorität meines Vaters aufrechtzuerhalten und vernünftig mit dem Geld umzugehen. Dazu gehörte vor allem, mich um die Investitionen in der Schweiz zu kümmern. Dabei hatte ich Hilfe von einem sehr gewieften Mitarbeiter namens Fabio. Er war ein Mann mit guten Manieren, der keinen Verdacht erweckte. Zur Familie gehörte er nicht, er war ein rein geschäftlicher Kontakt, aber wir vertrauten ihm das Einsammeln der Gelder an. Er begleitete mich in die Schweiz.
Ganz besonders gut war er bei Coutts, den Bankiers der Queen, am Quai de l’île in Genf. In harter Währung zahlte ich dort verblüffend hohe Beträge ein – in US-Dollar, in Pfund Sterling, in Lire, und zwar auf spezielle Währungskonten, die mein Vater mit Hilfe von zwei Mittelsmännern aus Sevilla eröffnet hatte. Das war einer seiner Wege, die Profite aus den Drogenhandelsgeschäften zu waschen. Zusätzlich gab es noch einige Schließfächer für Notfälle.
Jedes Mal, wenn ich die Schweizer Grenze überquerte, brachte ich Geld ins Land oder aus dem Land heraus. Bis Lugano fuhr ich mit dem Wagen, da die italienisch-schweizerische Grenze das kleinere Risiko war, und dann flog ich nach Genf. Bei meiner ersten Reise nach Dads Verhaftung hob ich einen riesigen Betrag ab: Allein
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