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Mafia Princess

Mafia Princess

Titel: Mafia Princess Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Merico
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sechsundsiebzigjährige alte Dame und deren Tochter als Geiseln fest, ehe er verhaftet wurde. Er wollte nicht, dass ich ihn deshalb verachtete, und meinte: »Es hätte ja auch das Team einer Rugbymannschaft in dem Haus sein können. Ich wusste das doch nicht. Ich bin nicht gemein zu ihr gewesen.«
    Das war er tatsächlich nicht. Er hatte ihnen Tee gekocht und sich um die beiden gekümmert. Die Frauen sagten aus, er sei ein netter Kerl, und die Zeitungen nannten ihn den »Gentleman-Räuber«.
    Frank hatte neuneinhalb Jahre verschärfte Haft hinter sich. Ein paarmal schlugen ihn die Wachen übel zusammen. Eine rivalisierende Gefängnisbande lockte ihn in einen Hinterhalt und verletzte ihn so, dass er deutlich sichtbare Narben behielt. Es waren schlimme Zeiten für ihn gewesen.
    Im April 1996 war meine Zeit in Durham vorbei. Ich wurde entlassen. Doch Trevor Colebourne hatte in Erfahrung gebracht, dass man mich erneut verhaften würde, weil Italien einen Auslieferungsantrag gestellt hatte. Die italienischen Behörden wollten mich vor Gericht stellen. Bei den Prozessen im Rahmen des Mani-Pulite -Programms wurden Leute mit Verbindungen zur Mafia zuweilen mit Haftstrafen bis zu zwanzig Jahren belegt. Was würde ich als Mitglied der Familie Di Giovine kriegen, wenn man mich nach Mailand auswies? Womöglich sah ich meine Tochter nie wieder.
    Als Häftling der Kategorie A entlassen zu werden war etwas geradezu Sensationelles; normalerweise wurde man vor der Entlassung erst einmal eine Kategorie heruntergestuft. Susan May und die anderen Frauen freuten sich für mich. Der Oberaufseher brachte mich ans Tor, als ich die Formalitäten hinter mir hatte. Zwei Schritte durfte ich als freie Frau machen.
    Als ich durch das Tor des H-Flügels ging, hörte ich einen Hubschrauber und dachte: »Oh Scheiße! Die sind meinetwegen da. Die lassen mich nicht gehen.«
    Die Frauen standen an den Fenstern und schrien: »Ihr Mistkerle!«
    Auf dem Gefängnisdach waren Scharfschützen postiert. Beim Rausgehen spürte ich die Windstöße von den Rotorblättern des Hubschraubers. Polizeiautos parkten direkt beim Tor.
    Ein Polizist packte mich und fragte mit schnarrender Stimme: »Sind Sie Marisa Merico?«
    »Ja.«
    Er sah den Gefängnisbeamten an und fragte: »Sind das ihre Sachen?«
    Der Beamte nickte, und der andere warf alles in den Kofferraum, drückte mich unsanft in den Wagen und fuhr davon. Vor uns als Eskorte zwei Motorräder, ein Wagen hinter uns und über uns der Hubschrauber.
    Sie brachten mich zum Polizeirevier nach Durham und registrierten mich: »Wir verhaften Sie zwecks Ausweisung nach Italien, wo Sie sich für Vergehen im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen verantworten müssen.«
    Es war alles geplant gewesen; zwei Beamte, bei Scotland Yard zuständig für Ausweisungen, erwarteten mich am Flughafen von Newcastle. Ich flog zum Flughafen Stansted, und von dort brachten sie mich nach London zum Polizeirevier Charing Cross, wo ich über Nacht blieb. In Durham war es mir nie unheimlich gewesen, obwohl es ganz bestimmt Geister gegeben hatte. Doch in dieser Zelle in London hatte ich definitiv das Gefühl, dass jemand bei mir war.
    Am nächsten Morgen war mir sehr unbehaglich zumute. Dann spielten sie im Radio »Ordinary Day« von Duran Duran. Das rief traurige Erinnerungen in mir wach. Michael, mein erster Freund, hatte einen Bruder in meinem Alter, Chris. Als ich in Italien lebte, nahm dieser sich das Leben. Er liebte Duran Duran, und bei seiner Beerdigung spielten sie »Ordinary Day«. Als ich das Lied nun wieder hörte, spürte ich eine überwältigende Ruhe über mich kommen. Mir war, als kümmere er sich irgendwie um mich. Ich weiß, es klingt verrückt, aber ich glaube, irgendwas ist da draußen. Ob es einen Gott gibt, bin ich mir nicht sicher. Ich möchte aber gerne glauben, dass es da etwas gibt und unsere Seele bleibt, auch wenn wir gehen.
    Am Gericht in der Bow Street wurde entschieden, ich solle drei Wochen in Untersuchungshaft bleiben und ins Gefängnis Holloway verlegt werden. Dort wurde ich eine neue Nummer in der Statistik: TG0416. In Holloway waren sie auf so etwas nicht vorbereitet, sie hatten keine speziellen Einrichtungen für Häftlinge der Kategorie A. Das sagte ich ihnen auch, ich rastete richtig aus. Ich hätte lieber meinen Mund halten sollen.
    Sie verfrachteten mich zurück nach Durham, aber nicht in meine alte Zelle im obersten Stock mit Blick auf die Kathedrale. Ich bekam eine neue Zelle. Die

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