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Mafiatochter

Mafiatochter

Titel: Mafiatochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Gravano
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stieg, sagte er: »Du weißt, dass du niemandem etwas sagen darfst. Keinem deiner Freunde, niemandem. Wenn du es tust, wird man dich vielleicht umbringen, um deinen Vater von einer Aussage abzuhalten. Auch dein Bruder könnte getötet werden.« Wahrscheinlich glaubte er das selbst nicht, sondern versuchte nur, mir Angst zu machen. Ich sah, dass auch er Angst hatte. Er dachte, man würde ihn umbringen. Kurz bevor er davonfuhr, blickte er mich ein letztes Mal fest an und sagte: »Karen, verstehst du das?« Ich verstand nur allzu gut.
    Mein Onkel Eddie war ein gut aussehender Mann mit silbergrauem Haar. Wie John Gotti warf auch er sich gern in Schale: elegante Anzüge, schicke Krawatten, gute Schuhe. Er war still und wirkte nicht besonders hart oder charismatisch, insbesondere nicht neben Papa. Mein Vater war ein Typ, der immer Witze machte oder aus Spaß angetäuschte rechte Haken und linke Geraden austeilte. Onkel Eddie hingegen war eher reserviert und feinsinnig. Mit ihm hatte man nie so viel Spaß wie mit meinem Vater.
    Papa mochte ihn als Schwager und schätzte ihn wegen seines Wissens im Baugewerbe. Wenn es aber um die Mafia ging, war Papa nicht hundertprozentig von ihm begeistert.
    Als mein Vater Eddie bei der Mafia einführte, half er ihm nur, damit Eddie besser für den Unterhalt von Papas Schwester sorgen könnte. Es gab jedoch Bereiche der Mafia, in denen er Eddie nicht für geeignet hielt. Einige von Papas Leuten, die Sammy gegenüber sehr loyal waren, vertrauten Eddie nicht und warnten meinen Vater mehr als einmal vor ihm. Mein Vater jedoch protegierte Eddie weiterhin, gegen ihren Rat und wider besseres Wissen. Wie er über Eddie auch dachte, die Loyalität meines Vaters gegenüber seiner Schwester war stärker. Die Loyalität seiner Familie gegenüber wog schwerer als sein Misstrauen gegen Eddie, also wollte er ihn nicht davonjagen.
    Tatsächlich war es Onkel Eddie, der als Erster mit meinem Vater über eine Kooperation mit den Behörden sprach. Er hatte von einem Anwalt gehört, dass John plane, meinen Vater zum Sündenbock zu machen. Seine Verteidigung baue darauf auf, dass er angeblich vollkommen die Kontrolle über Sammy the Bull verloren habe. Somit wolle er meinem Vater den schwarzen Peter zuschieben. John hoffte offenbar, dass Richter und Geschworene ihn auch als Opfer sehen würden; der arme John hatte die Kontrolle über seinen Unterboss verloren, Sammy the Bull, die wahnsinnige Tötungsmaschine. Er hoffte, sie würden Milde walten lassen und dass ihm eine lange Gefängnisstrafe erspart bliebe. Papa wiederum, der Sündenbock, würde wahrscheinlich für den Rest seines Lebens ins Gefängnis wandern.
    Tief in seinem Innern dachte Onkel Eddie vielleicht, dass sich Papa niemals gegen John wenden würde. Doch als Eddie erst die Saat gesät hatte, dachte mein Vater lang und breit darüber nach, was John eigentlich tat. Dann beschloss er, dass es das Beste für ihn sei, mit den Behörden zu kooperieren.
    Ich möchte damit nicht sagen, dass Onkel Eddies Ermunterung der einzige Grund dafür war, dass sich mein Vater so entschied, denn er ließ sich kaum von anderen beeinflussen. Alles, was er tat, tat er erst, wenn er es sich gründlich überlegt hatte. Doch Onkel Eddie hatte definitiv den Anstoß gegeben. Außerdem versicherte er Papa, dass er sich um Mama, Gerard und mich kümmern werde, was meinem Vater die Entscheidung vermutlich ein wenig leichter machte.
    An dem Tag, an dem uns mein Vater mitteilte, dass er die Seiten wechseln wolle, bemerkte ich, dass ihm Onkel Eddie nicht in die Augen sehen konnte. Papa machte sein symbolisches Spielchen mit der geballten Faust, als wollte er sagen: Bleibt stark, wir sind eins. Als Papa an jenem Tag seine Faust erhob, drehte sich Onkel Eddie weg. Da wusste mein Vater, dass er sich von ihm abgewandt hatte.
    Was Papa tat, war extrem mutig und riskant. Er hatte eine starke Persönlichkeit und feste Überzeugungen. Wenn er sich für etwas entschiewden hatte, tat er es immer hundertprozentig. Ich glaube nicht, dass Eddie ebenso konsequent war. Er war zwar in der Lage gewesen, mit Papa über eine Kooperation zu sprechen, doch als sich Papa tatsächlich dazu entschied, stand er plötzlich vor ganz neuen Problemen. Obwohl sich Eddie nicht selbst gegen John auflehnte, hätte ihn doch allein der Kontakt zu jemandem, der die Seiten wechselte, gleichermaßen gebrandmarkt. Zudem war Eddie nicht derjenige, der im Gefängnis saß und eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes

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