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Mafiatochter

Mafiatochter

Titel: Mafiatochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Gravano
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Gepflogenheiten, dass sie mit mir und meinem Bruder zum Einkaufen in die Woodbridge Center Mall in New Jersey gehen wolle. Sobald wir aus dem Auto stiegen, näherten sich FBI-Agenten, die uns anwiesen, dass wir uns in ihren schwarzen SUV setzen sollten. Die Agenten waren dieselben Männer, die ich im Fernsehen gesehen hatte, als sie meinen Vater, John und Frankie im Ravenite in Gewahrsam genommen hatten.
    Papa wollte unbedingt mit uns reden. Er wollte uns seine Beweggründe erklären. Und er wollte ganz sichergehen, dass es uns gut ging. Er wollte uns ein letztes Mal sehen.
    Ich konnte nicht glauben, dass es tatsächlich passierte. Mein Vater wollte den Paten verraten. In meinem Herzen verriet Papa damit auch mich. Schließlich war er es, der mich gelehrt hatte, einen bestimmten Ehrenkodex zu befolgen, wenn dieser auch etwas fragwürdig gewesen sein mochte. Ich kannte jedoch nichts anderes, und er hatte diesen Kodex nun verletzt. Auch ich würde das bald zu spüren bekommen. In wenigen Stunden würde ich für die Welt nur noch die Tochter eines Verräters sein. Er hatte wenigstens Gitter, die ihn schützten, aber ich war da draußen, ein bewegliches Ziel in einer feindlichen Welt.
    Ich sah meine Mutter an und erklärte trotzig: »Ich komme nicht mit.«
    »Oh doch, das tust du«, entgegnete sie. »Wenn du deinen Vater danach nie wieder sehen willst, musst du das auch nicht. Aber dieses eine Mal komm bitte mit, mir zuliebe.«
    Ich weiß nicht, warum meine Mutter dem Treffen zustimmte. Ich weiß, dass sie meinen Vater immer noch liebte und hören wollte, was er zu sagen hatte. Sie war nicht einverstanden damit, was er tat, aber sie war auch verwirrt und verängstigt und erwartete von ihm Antworten. Tief in ihrem Innern wusste sie, dass mein Vater seine Familie über alles liebte und dass er uns stets den rechten Weg weisen würde, welche Entscheidung er auch immer träfe. Noch nie zuvor hatte Mama ohne ihn Entscheidungen fällen müssen. Ich fragte mich, ob sie glaubte, ihn durch ihren Besuch im Gefängnis noch einmal umstimmen zu können. Vielleicht hoffte sie aber auch, dass er ihr sagen würde, wie sie weitermachen sollte, wenn die ganze Geschichte erst in den Schlagzeilen wäre.
    Ehe ich mich versah, waren wir unterwegs zum Flughafen, um dort ein Charterflugzeug nach Quantico zu besteigen.
    »Ihr nehmt mich wohl auf den Arm«, sagte ich in einem sarkastischen Ton, als mich die Agenten zu der fünfsitzigen Maschine begleiteten. Ich kochte vor Wut und musste Dampf ablassen.
    »Karen, bitte lass das«, bat mich meine Mutter.
    Gerard hingegen blieb wie üblich passiv und machte brav mit. Mit fünfzehn begriff er noch nicht, wie komplex und weitreichend alles war, was bald geschehen würde. Er wollte einfach nur seinen Vater besuchen.
    »Ich hoffe, das Flugzeug stürzt ab, und wir sterben alle!«, sagte ich während des neunzigminütigen Fluges zu unserem Ziel.
    Papa wartete auf uns in einem Hotelzimmer in der Nähe der FBI-Zentrale. Er sah gut aus. Er war in Form und wirkte entschlossen. Ich war überrascht, wie zuversichtlich er war.
    »Na, wie geht es euch?«, fragte er, als er uns sah, als hätte sich nichts geändert.
    In diesem Augenblick wollte ich einfach wieder sein kleines Mädchen sein. Ich wollte mich in seine Arme werfen, wo ich sicher und behütet war. Ich wollte ihm erzählen, was ich heute Neues gelernt hatte. Doch ich war viel zu zornig, sodass dieses Gefühl nicht lange anhielt. Ich ließ mich gegenüber von ihm am Tisch auf einen Stuhl fallen.
    »Ich werde nicht am Zeugenschutzprogramm teilnehmen«, stellte ich klar.
    Das war meine größte Angst: Dass ich nicht nur aus meinem bisherigen Leben herausgerissen, sondern nach Nebraska geschickt würde, um dort Kühe zu hüten.
    »Niemand bittet dich, am Zeugenschutzprogramm teilzunehmen«, versicherte mir mein Vater.
    »Ich lasse mir lieber in den Kopf schießen als am Zeugenschutzprogramm teilzunehmen«, grollte ich.
    »Niemand wird dir in den Kopf schießen«, sagte Papa und räumte auch diese Angst aus.
    »Woher weißt du das?«, fragte ich. Ich wollte, dass mein Vater seine neuen Pläne sofort aufgab, und war überzeugt, dass ich ihn dazu überreden könnte, sich doch noch anders zu entscheiden. Wenn er mich derart aufgebracht sah, würde ihn das gewiss umstimmen. Ich hoffte, meinen Willen zu bekommen, wenn ich das richtige Maß an kindlichem Protest anwandte. Ich wollte nur, dass mein Vater nach Hause kam. Obwohl mein Vater direkt vor mir stand,

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