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Mafiatod

Mafiatod

Titel: Mafiatod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald E. Westlake
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Times nannte sie »bizarr«. Es war nur eine kurze Meldung auf der achten Seite mit der Überschrift: »Autofahrer am Steuer erschossen«.
    Die Archivarin kam zu mir und sagte, es sei fünf Uhr, Feierabend. Ich legte den Mikrofilm in die Schachtel zurück, steckte Bleistift und Notizblock ein und ging.

6
     
    Bei der Rückkehr ins Hotelzimmer fand ich einen Besucher vor. Er trug einen braunen Anzug; das Jackett stand offen, und sein weißes Hemd knitterte in der Taille. Der Schlips war braun, orangefarben und grün; der braune Hut saß auf dem Hinterkopf; er hatte ihn im Zimmer nicht abgenommen. Es war ein magerer Mann.
    »Das ist Ed Johnson, ein Privatdetektiv«, sagte Bill.
    Johnson lächelte mich an. »Stimmt.«
    »Zum Teufel, wozu das?«, fragte ich Bill stirnrunzelnd.
    »Allein erreichen wir nichts«, antwortete Bill. »Du hast dir den verrückten Gedanken in den Kopf gesetzt, Dad hätte mit der Unterwelt zu tun gehabt. Wir brauchen einen Menschen, der sich auskennt.«
    Ich sah Johnson an. »Raus!«, sagte ich.
    Sein Lächeln verblasste. »Ich weiß nicht recht.« Er blickte von mir zu Bill und dann wieder zu mir. »Ich habe schon einen Vorschuss erhalten, um ein Nummernschild nachzuprüfen.«
    »Das haben wir vor«, belehrte mich Bill.
    Ich setzte mich und zündete mir eine Zigarette an. »Wir wollen keinen Wind um unsere Angelegenheit machen«, sagte ich zu dem Streichholz. »Wir wollen uns nicht selbst verpfeifen.«
    »Ich bin vertrauenswürdig«, verteidigte sich Johnson, »hundertprozentig.«
    »Es dreht sich ja nur um das Nummernschild, Ray«, sagte Bill. Es klang verlegen.
    »Sie könnten das nicht, ich kann es«, sagte Johnson.
    Ich zuckte die Schultern. »Was soll’s! Gehen Sie und vergnügen Sie sich mit dem Nummernschild. Es war an einem Plymouth.«
    Er sah wieder von einem zum anderen, dann verabschiedete er sich und ging.
    »Du warst sehr unhöflich zu ihm«, sagte Bill. »Er ist ein netter Typ.«
    »Er ist ein Fremder«, entgegnete ich.
    »Wir brauchen einen Unbeteiligten. Du hast dir diesen verrückten Gedanken in den Kopf gesetzt …«
    Ich holte mein Notizbuch heraus und las ihm daraus vor. Dann warf ich es auf die Kommode und sagte: »Werd endlich schlau.«
    Bill stieß seine Worte in die Stille wie ein Mann, der Pfosten in die Erde treibt. »Das war nicht Dad. Willard Kelly ist kein ungewöhnlicher Name. Ich heiße ja auch so.«
    »Reiner Zufall also?«
    »Klar.«
    »Zwei Willard Kelly. Beide im gleichen Alter. Beide in New York. Beide von Beruf Rechtsanwalt. Beide haben an derselben Universität studiert.«
    »Kann sein. Warum nicht?«
    »Du solltest nach Binghamton zurückkehren, Bill. Du bist auf beiden Augen blind. Du wirst uns noch in echte Schwierigkeiten bringen.«
    Er sah mich an, dann ging er zum Bett hinüber und setzte sich. Mit untergeschlagenen Beinen, wie ein Yogi, saß er mitten auf dem Bett. Trotz all seiner Massigkeit wirkte er rührend. Seine behaarten und sommersprossigen kurzen Finger zeichneten das Muster der Tagesdecke nach.
    »Mein Vater«, sagte er nach einer Weile.
    Noch eine Weile verging. »Er war nicht so«, sagte er dann.
    »Er änderte sich. Er besann sich eines Besseren. Er sagte sich vom Syndikat los und zog weg.«
    Mit traurigen Augen fragte er: »Ist das wahr?«
    »So ähnlich.«
    »Ist er das wirklich, der Mann in der Zeitung?«
    »Das weißt du ganz genau.«
    Er ballte die Hand und schlug auf das Bett ein. »Wie, zum Teufel, kann ich ihn dann respektieren?«
    Ich nahm das Glasauge heraus, stand auf und legte es auf die Kommode. »Steh auf, Bill.«
    Er war verwirrt. »Warum?«
    »Du verlierst den Respekt allzu leicht.«
    »Ich mag mich nicht mit dir schlagen, Ray.«
    Er stand mit gespreizten Händen auf, und ich traf ihn an der Kinnlade.
    Als ich das dritte Mal zuschlug, gab er es mir zurück. Ich war im Nachteil. Ich schätzte den Abstand nicht immer richtig ein. Ich lief in einige Hiebe hinein. Immer wieder raffte ich mich auf. Er begann zu weinen; sein Gesicht war so rot wie seine Haare, und er schlug mich fortwährend zu Boden. Dann drückte er die Hände an die Seiten, schüttelte den Kopf und flüsterte: »Genug.« Ich stand auf und versetzte ihm einen linken Haken. Er wich nicht aus, er hob die Arme nicht in die Höhe, und er verteidigte sich auch nicht. Ich versetzte ihm einen rechten Haken, dann wieder einen linken. Er stammelte: »Genug.« Als ich ihm noch eine Rechte und wieder eine Linke versetzte, sank er in die Knie, und durch die

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