Magazine of Fantasy and Science Fiction 06 - Die Überlebenden
großen Raum, der mit Schaltungen, Hebeln und großen Maschinen vollgestopft war, die wir alle ins Leben gerufen hatten – für diesen furchtbaren Augenblick. Außer uns befand sich niemand hier. Simon ging auf einen Stuhl zu, der sich vor einer großen Schalttafel befand, und ließ sich dar auf nieder.
»Es ist alles für den Sektor des Himmels eingestellt, den sie uns zugeteilt haben«, sagte er. »Aber es ist falsch.« Bevor ich ihn abhalten konnte, glitten seine Hände über die Schaltungen, veränderten, drückten Knöpfe und Hebel.
»O Simon!« flüsterte ich. »Das darfst du nicht tun!«
»Ich muß es tun«, erklärte er. »Jetzt ist es für den Himmel eingestellt, den ich sehe.«
»Aber sie werden es merken und alles wieder zurückstellen«, erwiderte ich zitternd.
»Nein«, sagte Simon. »Es ist eine so kleine Veränderung, daß sie es gar nicht bemerken werden. Und wir werden genau dort sein, wo wir hin müssen.«
Ich stand noch immer im Kontrollraum, aber meine Gedanken eilten hinaus in den Weltraum: Ich fühlte, wie die Heimat von mir abglitt und zu einem schwachen Traum wurde. Ich ließ sie so vollständig zurück, daß ich erstaunt war, als ich noch einmal ganz kurz eine Bergspitze auftauchen sah, während wir uns in den Weltraum hinein entfernten. Plötzlich war mein Herz leicht. Wie wunderbar! Welche Abenteuer lagen vor uns! Mir war, als würde ich mich auf eine Helligkeit zu bewegen, die die Sonne weit übertraf ...
Dann aber überfiel mich Schwäche. Meine Muskeln versagten, und ich fiel auf mein Lager. Dunkelheit umfing mich, und das Atmen fiel mir schwer. Nur undeutlich spürte ich, wie ich am Lager befestigt wurde und daß Simons Hand meine Wange streichelte.
»Eine halbe Stunde«, murmelte der Älteste.
»Eine halbe Stunde«, wiederholte das Volk. Ich fühlte, wie ich mich innerlich mit den anderen zusammenschloß, mit ihnen die unbeschreibliche Länge und zugleich atemberaubende Kürze der Zeit fühlte.
Dann verlor ich wieder das Bewußtsein. Dunkelheit hüllte mich ein.
Und dann kam er – der Ruf! Er war unmißverständlich! Ich wurde zurückgerufen in die Gegenwart! Meine Stunden waren abgelaufen, es war alles zu Ende. Diese Seite war etwas, das mich nicht mehr betraf. Mein Gesicht muß aufgeleuchtet haben wie das von Thann. Der ganze Kampf, das Leid, die Trennung – vorbei. Jetzt würden die drei oder vier Tage der Vorbereitung kommen, in denen ich mein Besitztum auflöste, mich verabschiedete – verabschiedete? Ich versuchte mich aufzurichten. Aber wir verließen ja die Heimat! In weniger als einer halben Stunde würde ich kein ruhiges, kühles Bett mehr haben, auf dem ich mich niederlegen konnte, wenn ich meinen Körper verließ, kein duftendes Gras, das über meinem Grab wachsen würde!
›Simon‹, rief ich lautlos, ›du weißt es! Was soll ich tun?‹
›Ich sehe dich verweilen‹, kam seine ruhige Antwort.
Verweilen? Wie schnell ich das Bild erfaßte! Wie schnell meine eigenen Worte zu mir zurückkamen, kalt und weiß gegen die Dunkelheit meiner Verwirrung. So viel Raum und Leere, von Horizont zu Horizont, von Pol zu Pol, vom Himmelsgewölbe bis zum Erdboden. Und ich ganz allein. Niemand sonst. Nirgends, nirgends!
»Ganz allein hier verweilen?« fragte ich Simon. Aber er sah mich nicht mehr. Ich war schon allein. Ich fühlte die ängstlichen Tränen, und dann hörte ich Lythas vertrauende Stimme – bis dein Versprechen erfüllt ist. Meine Furcht löste sich auf. Meine Panik und meine Angst gingen in dem Ruf unter.
»Hört!« rief ich mit hoher und erregter Stimme, mit freudigem Herzen. »Hört!«
»O David! Chell! Ich bin abberufen worden! Hört ihr mich denn nicht? Hört ihr mich?«
»Mutter! Nein! Du mußt dich irren!« David beugte sich über mich.
»Nein«, flüsterte Chell. »Ich fühle es, sie ist gerufen worden.«
»Jetzt kann ich bleiben«, sagte ich und machte mich an den Riemen zu schaffen, die mich an das Lager fesselten. »Hilf mir, David, hilf mir.«
»Aber du mußt doch noch nicht jetzt sofort gehen!« rief David. »Vater wußte es vier Tage, bevor er empfangen wurde. Wir können dich nicht allein in einer verdammten, verlassenen, leeren Welt zurücklassen!«
»Eine leere Welt!« Hastig stand ich auf und stützte mich auf David. »Ach David! Eine Welt voller Vertrautheit, Geborgenheit und Erinnerungen! Und verdammt? Es wird noch eine Woche dauern. Vorher werde ich aufgenommen sein. Laß mich hinaus. Bitte, laß mich hinaus!«
»Bleib bei uns,
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