Magazine of Fantasy and Science Fiction 07 - Musik aus dem All
hatte. Sie kam aus dem Restaurant, er wollte gerade hineingehen, und als sie auf einem Stück Eis im Eingang ausrutschte, fing er sie gerade noch rechtzeitig auf, so daß sie nicht stürzte. Sie war so dünn, daß ein etwas stärkerer Wind sie wahrscheinlich weg geblasen hätte, und ihre Augen waren so groß, daß sie die Hälfte des Gesichts einzunehmen schienen. Ihr Haar hatte einen goldenen Schimmer. Er war groß, hatte struppiges Haar, und seine Augen waren grau und vermittelten das Gefühl der Einsamkeit.
Es ist nicht schwierig, herauszufinden, wie zwei Menschen einander begegneten und sich näherkamen; viel schwieriger ist es, festzustellen, worüber sie als erstes sprachen. Wenn man jedoch den Hintergrund der Geschichte kennt, und, was noch viel wichtiger ist, weiß, was später geschieht, dann ist es möglich, ihre Unterhaltung wenigstens ungefähr zu rekonstruieren.
»Vielen Dank«, sagte sie, und dann fügte sie hinzu: »Ich kenne Sie doch, nicht wahr?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, daß wir uns je begegnet sind. Ich heiße Clay Evans.«
Ihre blauen Augen leuchteten auf. »Jetzt erinnere ich mich. Ich habe Sie im Forschungsgelände gesehen. Sie sind der Pilot der Selene I.«
»Ich werde es sein«, sagte er. »Statt Pilot würde Passagier viel besser passen. Ich brauche nichts zu tun, als einen Knopf zu drücken, mich dann bequem zurückzulehnen und den Flug zu genießen. Würden Sie eine Tasse Kaffee mit mir trinken?«
»Ja«, antwortete sie. »Ich heiße Janet Martin.«
Sie betraten das Restaurant und setzten sich an einen Fenstertisch, von dem aus sie den Märzschnee betrachten konnten und die Wagen, die auf der Straße vorbeifuhren, und nachdem die Kellnerin den Kaffee serviert hatte, unterhielten sie sich eine sehr lange Zeit. Sie erzählte ihm von ihrer Sekretärinnenstelle im Versuchsgelände, und wie groß ihr Heimweh nach der kleinen Stadt sei, in der sie als Kind gewohnt habe; und er erzählte ihr von dem bevorstehenden Flug um den Mond und daß er sich als kleiner Junge schon immer gewünscht habe, hinauf zu den Sternen zu fliegen.
»Sie müssen sehr viel Mut haben, in den Raum zu fliegen und nicht zu wissen, ob Sie je zurückkehren werden«, sagte sie.
»Nein«, antwortete er, »ich habe Angst. Ich kann kaum schlafen, und manchmal bin ich die ganze Nacht wach; ich liege in meinem Bett und blicke durch das Fenster zu den Sternen, und dann muß ich immer denken, daß ich bald auch selbst ein Stern sein werde – ein kleiner Stern, von den Menschen gemacht, den sie über Bandaufnahmen durch das Radio und das Fernsehen hören werden; und dann, wenn die Selene II sich zu mir gesellt, dann werden wir ein Doppelstern sein, der zum Mond fliegt.«
Es war allgemein bekannt, daß niemand den Raum für längere Zeit ganz allein ertragen konnte. Es gab sechs psychotische Piloten – vier russische und zwei amerikanische –, die das bewiesen. Und zwei Männer in einem Raumschiff war auch nicht das richtige; das hatten die Russen bereits ausprobiert. Nein, die Lösung waren zwei Schiffe, die dicht beieinander flogen, jedes groß genug, um den Piloten des anderen aufzunehmen, falls einer von ihnen zusammenbrechen sollte. Der psychologische Wert einer solchen Formation war lange und gründlich überlegt worden, aber bis vor kurzem war es unmöglich gewesen, Kreisbahnen zu errechnen, die genau genug waren, um einen solchen Start praktisch durchführbar zu machen.
Die beiden jungen Menschen saßen am Fenster des Restaurants, unterhielten sich und blickten einander in die Augen, bis das Lokal geschlossen wurde; dann nahmen sie einen Bus zurück zum Forschungsgelände. Sie liebten einander schon jetzt so sehr, daß sie nichts anderes mehr wahr nahmen, und niemand war erstaunt, als sie Anfang April ihre Hochzeit ankündigten.
Die Zeremonie fand in der kleinen Kapelle auf dem Forschungsgelände statt, und zwar am Tag vor dem großen Ereignis; und George Simmons, der Pilot der Selene II, war Trauzeuge. Natürlich gab das eine gute Story, und unzählige Reporter und Fotografen hatten sich eingefunden.
Das große Ereignis gab noch mehr Schlagzeilen. Noch mehr Reporter und Fotografen erschienen auf der Bildfläche, und die drei größten Rundfunkanstalten hatten mehrere Teams geschickt, die den Start filmen sollten. Natürlich war Janet auch dabei, und immer wieder erschien ihr Gesicht in Großaufnahme auf den Bildschirmen. Clay kam erst, als es Zeit war, das Schiff zu besteigen, trotzdem
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