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Magazine of Fantasy and Science Fiction 08 - Irrtum der Maschinen

Magazine of Fantasy and Science Fiction 08 - Irrtum der Maschinen

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 08 - Irrtum der Maschinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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standen auf dem Kopf. »Der kleine Gregory«, sagte ich, »noch so jung und schon an Büchern interessiert.« Dabei fiel mir plötzlich ein, daß ich nicht einmal wußte, wie alt Gregory war.
    Ich hörte Mr. Huntingtons vorsichtigen Schritt auf der Treppe und steckte meine Brille in die Tasche. Dann ging ich hinaus, um ihm die Frage zu stellen. Er war schon auf der Hälfte der Treppe. »Mr. Huntington«, rief ich, »wie alt ist Gregory eigentlich?«
    »Fünfzig«, erwiderte er. »Das heißt«, korrigierte er sich hastig, »fünf, meine ich. Ihre Sprache ist so ... ich habe noch immer Schwierigkeiten damit.«
    Ich brachte es nicht über mich, ihn zu fragen, welches seine Muttersprache war, deshalb schwieg ich, während ich ihm nachblickte, bis er am oberen Ende der Treppe verschwand. Er war ein gutgebauter Mann. Mein Vater hatte die gleiche Statur gehabt.
    Irgend jemand – es mußte Mr. Huntington gewesen sein – hatte eine Vase mit wunderschönen blauen Blumen, wie ich nie zuvor welche gesehen hatte, in mein Zimmer gestellt. Ihr schwerer Duft erfüllte den ganzen Raum. Während ich schon einschlief, mußte ich noch über die Frage nachdenken, warum Mr. Huntington, ein Ingenieur für Robotik, eine lebende Erzieherin einem sonst überall üblichen automatischen Lehrer vorzog ...
     
    Es schneite auch während der beiden folgenden Wochen. Und jeden Abend standen blaue Blumen in meinem Zimmer. Sehr aufmerksam von Mr. Huntington, dachte ich. Leider schien sein Sohn überhaupt nicht nach ihm zu geraten.
    Nicht etwa, daß der kleine Gregory nicht intelligent gewesen wäre. Für einen Fünfjährigen stellte er die erstaunlichsten Fragen, und er wünschte alle möglichen Dinge zu lernen, die einem Kind seines Alters einfach nicht angemessen waren. Und wenn ich ihn darauf hinwies, daß er dazu zu jung wäre, dann fluchte er, so glaube ich wenigstens, in seiner Muttersprache laut und anhaltend. Gelegentlich flocht er sogar einige sehr respektlose Bemerkungen auf Englisch ein, die er mit phänomenaler Schnelligkeit aus Sendungen des Videofons übernommen hatte.
    Es gelang mir nicht, zwischen ihm und mir einen inneren Kontakt herzustellen. Es war, als wäre sich Gregory der Tatsache gar nicht bewußt, daß er sich von anderen Kindern unterschied, und folglich hatte er auch keinen Minderwertigkeitskomplex, den er nach allen Regeln der Psychologie eigentlich hätte haben sollen. Natürlich war es eine außerordentliche Leistung von Mr. Huntington, daß er ihn so hatte erziehen können. Trotzdem – eines Tages würde der kleine Bursche der Welt gegenüberstehen, und darauf sollte man ihn vorbereiten; man sollte ihn vor dem furchtbaren Schock bewahren, den ich erlitten hatte, als mich meine Eltern im Alter von sechs Jahren zum erstenmal Freunden vorgestellt hatten. Dieses Kennen, lernen war deshalb so lange hinausgeschoben worden, weil meine Eltern gleich nach meiner Geburt zum Asteroiden-Gürtel geflogen waren, wo sie sich einige Jahre aufgehalten hatten.
    »... nettes Ding, Lavinia. Wahrscheinlich sehr intelligent und so – aber wahrscheinlich wird sie nie wie ihre Mutter aussehen ...«
    Und dann der prüfende Blick meiner Mutter und die Worte meines Vaters: »Sie wird sich schon machen; wir sehen sie leider nur sehr wenig ...«
    Das Wissen darum, daß Vater mich nicht liebte, daß mich niemand liebte, weil ich unscheinbar war – so etwas durfte Gregory nie widerfahren! Ich würde ihn vor der Welt beschützen. Er würde nie die Einsamkeit des Andersseins erleben, denn ich würde immer bei ihm sein, ihn beschützen – ja, ich würde mein Leben für ihn hergeben!
    »Gregory«, rief ich und kniete mich nieder, um ihn zu umarmen – er hatte eine ungewöhnliche Haut, fast so wie ein getrockneter Fisch – »vergiß das nie: ganz gleich, was auch kommen mag, ich bin dein einziger Freund!«
    »Wo sind Ihre anderen beiden Arme?« fragte er und machte sich los. »Warum haben Sie nicht vier Arme wie alle anderen?«
    »Gregory, mein Liebling –«, ich streckte meine Arme nach ihm aus, aber er wich zurück, versteckte sich hinter dem Schreibpult, »die meisten Menschen haben nur zwei Arme.«
    »Aber ich habe vier«, antwortete er. »Sie lügen!«
    »Aber Gregory, mein Lieber, dein Papa hat auch nur zwei Arme.«
    »Dieser Narr! Er weiß nicht einmal, was er mit ihnen an fangen soll!«
    »Gregory«, sagte ich und versuchte, seinen kantigen kleinen Körper gegen mich zu drücken, »man spricht von seinen Eltern nicht in dieser Weise. Ja,

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