Magazine of Fantasy and Science Fiction 08 - Irrtum der Maschinen
dieser Nacht bereitete mir der Duft der blauen Blumen – wahrscheinlich ihre Lieblingsblumen, so daß er glaubte, jede Frau müßte sie mögen – Übelkeit. Ich öffnete das Fenster und warf sie hinunter in den Schnee. Dabei bemerkte ich zum erstenmal, daß die Fenster vergittert waren.
An diesem Abend konnte ich lange nicht einschlafen. Ich wälzte mich im Bett herum, bis die Matratze laut knarrte. Irgendwo tickte laut eine Uhr. Von oben hörte ich das Summen und Dröhnen der Maschinen – Mr. Huntington arbeitete an seinen Versuchen.
Plötzlich vernahm ich lautes, durchdringendes Kreischen. Das war Gregorys Stimme! Irgend etwas war dem kleinen Gregory zugestoßen!
Ich riß mir die Lockenwickler aus dem Haar, schlüpfte in die Pantoffeln, zog einen warmen Morgenrock über und eilte die Treppe hinauf – denn die Schreie waren vom Dachgeschoß her gekommen. Ich riß die Tür auf, konnte aber, kurzsichtig und aufgeregt, wie ich war, Lichter und Instrumente nur ganz verschwommen erkennen ... scharfe Umrisse, etwas, das mir Übelkeit verursachte und mir doch vertraut war. Dann riß mich ein Arm zurück auf die Treppe, die Tür flog zu. »Was haben Sie hier zu suchen, Miss Brown?« fragte Mr. Huntington.
»Ich bin gekommen, um Gregory zu helfen!« Ich versuchte, ihn beiseite zu schieben, aber er war viel stärker als ich. »Ist er verletzt?«
»Verletzt?« ertönte Gregorys Stimme. Er stand in der wieder geöffneten Tür, hinter ihm lag jetzt alles im Dunkel. »Wieso glauben Sie, daß ich verletzt bin?«
»Du hast geschrien«, sagte ich. »Bitte, Gregory, sag mir, was geschehen ist. Hab keine Angst. Wenn es dein Vater war, werde ich dich beschützen!«
»Geschrien!« kreischte Gregory. »Ich habe gesungen, Sie dumme Gans!«
»Und warum bist du noch so spät am Abend auf? Kleine Jungen –«, ich warf seinem Vater einen vorwurfsvollen Blick zu, »– sollten zu dieser Zeit schon lange im Bett sein.«
»Es tut mir leid«, sagte Mr. Huntington. »Er hat so gebettelt, daß ich ihm schließlich erlaubte, mir dieses eine Mal zu helfen.«
»Und warum haben Sie nicht geschlafen?« fragte mich Gregory.
»Fehlt Ihnen irgend etwas? Ist Ihr Zimmer – Ihr Bett – nicht bequem?« fragte Mr. Huntington ängstlich.
»Das Zimmer ist sehr bequem«, versicherte ich. »Es ist nur: Gregorys ... Singen hat mich geweckt. Du solltest wirklich mehr Rücksicht auf andere nehmen, Gregory.«
»Es tut mir furchtbar leid, Miss Brown«, sagte der kleine Junge erstaunlich höflich. »Ich verspreche Ihnen, daß es nie wieder vorkommen wird.« Er warf seinem Vater einen kurzen Blick zu.
Ich war angenehm berührt. »Schon gut, Gregory«, antwortete ich, »das macht wirklich nichts. Nur, tu es nicht noch einmal. Und versprich mir, daß du jetzt sofort schlafen gehst.«
»Das verspreche ich«, sagte Gregory und blickte wieder seinen Vater an.
Mr. Huntington trat einen Schritt auf mich zu. »Erlauben Sie, daß ich Sie zu Ihrem Zimmer begleite.«
Ich stieß ein schrilles Lachen aus; ich hoffte, daß seine Augen zu schlecht waren, um sehen zu können, daß ich am ganzen Körper zitterte. »Ach, danke, ich finde schon allein zurück«, entgegnete ich. »So schlecht sehe ich nun auch wieder nicht.«
»Aber ich bestehe darauf.« Er zerrte mich im wahrsten Sinne des Wortes zu meinem Zimmer. Krampfhaft hielt ich mit beiden Händen meinen Morgenrock zusammen, ich war darauf vorbereitet, meine Ehre so teuer wie möglich zu verkaufen. Aber ich hatte Mr. Huntington falsch eingeschätzt. Er stieß die Tür auf und warf einen Blick in mein Zimmer. »Wo sind die Blumen?«
»Ich fand den Geruch zu aufdringlich ...«, begann ich, aber ich konnte ihn nicht anlügen. »Es waren ihre Lieblingsblumen«, sagte ich gequält. »Ich habe sie weggeworfen.«
»Ihre Lieblingsblumen? Wessen?«
»Mrs. Huntingtons.«
»Ach so.« Er schwieg. Endlich sagte er: »Sie verabscheute sie. Es sind meine Lieblingsblumen.«
»Oh«, erwiderte ich erleichtert. Warum war ich so froh darüber, daß es nicht ihre Lieblingsblumen gewesen waren? Lag es daran, daß ich vielleicht ein warmes Gefühl für Mr. Huntington in mir aufsteigen fühlte, etwas wärmer, als es von einer Angestellten für ihren Arbeitgeber angemessen war? Gregory hat recht, sagte ich mir selbst; du bist wirklich eine Närrin.
»Werden Sie mir erlauben, Ihnen ein paar andere Blumen zu bringen? Ich finde, ihr Duft hat etwas sehr Beruhigendes ... etwas, was den Nerven guttut.«
»Bitte, ich würde mich
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