Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne
packte mich also und verschlang mich, und ich sah plötzlich gar nichts mehr. Der Wagen flog ungerührt weiter, ohne auf den Roc zu achten, aber die Turbulenz nahm erheblich zu, als der Roc wegfliegen wollte und trotz aller Anstrengungen nicht dazu imstande war. Ich hörte draußen mahlende, knirschende Geräusche. Mein Funkgerät war ausgefallen. Entweder war das Fleisch um mich herum zu dick oder die Antenne war angerissen, als der Wagen durch die Speiseföhre des großen Vogels rutschte.
Ich sah ein, daß ich vorläufig nichts dagegen unternehmen konnte, deshalb machte ich in der Kabine Licht und setzte das unterbrochene Spiel fort. Die mahlenden Geräusche hörten noch immer nicht auf, und ich merkte allmählich, wodurch sie hervorgerufen wurden. Der Roc hatte irgendwann etliche Felsbrocken zu dem gleichen Zweck verschlungen, zu dem Hühner Steinchen schlucken: dadurch sollte die Verdauung gefördert werden. Die Felsbrocken wurden nun gegen meinen Wagen gedrückt und sollten ihn allmählich zerkleinern, damit die Verdauungssäfte den Rest leichter aufbereiten konnten.
Ich fragte mich, wie intelligent der Computer der Holzfällmaschinen war. Würde er den richtigen Schluß aus der Tatsache ziehen, daß ein Roc auf dem Landeplatz aufsetzte und nicht wieder starten konnte, obwohl er laut kreischend mit den Flügeln schlug? Würde der Computer merken, daß dieser Vogel einen Wagen verschluckt hatte? Ich befürchtete, daß er nichts dergleichen merken würde. Wäre der Computer nämlich so schlau gewesen, hätte er sich längst selbständig machen können.
Meine Fragen wurden leider nie beantwortet. Der Sitzkokon umhüllte mich plötzlich von allen Seiten wie eine besorgte Mutter, und ich hörte deutlich einen saftigen Aufprall bei fünfhundert Sachen!
Der Kokon öffnete sich langsam wieder. Die Innenbeleuchtung der Kabine zeigte mir, daß ich von einer rötlichen Flüssigkeit umgeben war, die jedoch langsam röter wurde. Die Felsbrocken lagen jetzt still. Meine Spielkarten waren überall in der Kabine verteilt.
Als ich das Programm für den Autopiloten vorbereitete, hatte ich offenbar einen ganz klitzekleinen Berg übersehen. Der Körper des großen Vogels hatte Radar und Sonar wirksam blockiert, so daß dieser Aufprall unvermeidbar gewesen war. Meine Versuche zeigten mir, daß der Antrieb ausgefallen war, daß das Funkgerät noch immer hartnäckig schwieg und daß Leuchtraketen die Magenwände des Rocs nicht durchdringen konnten.
Es gab also keinen Ausweg, wenn ich nicht riskieren wollte, die Kabine mit Verdauungssäften zu füllen. Hätte ich einen Druckanzug bei mir gehabt, wäre sogar das ungefährlich gewesen – aber woher sollte ich wissen, daß ich auf einer zweistündigen Fahrt einen brauchen würde?
In dieser Situation blieb mir nur eine Möglichkeit.
Ich sammelte die Karten ein, mischte, gab und begann ein neues Spiel.
Es dauerte ein halbes Jahr, bis der Roc soweit verwest war, daß ich ins Freie konnte. In dieser Zeit gewann ich fünf Partien 3-D-Solitär, kann jedoch nur vier beweisen, denn beim fünftenmal war die Filmkamera bereits leer. Der Lebensmittelmacher arbeitete hervorragend, wenn auch etwas eintönig; der Luftmacher versagte keine Sekunde lang; der Uhr-Fernseher arbeitete wunderbar als Uhr. Als Fernseher zeigte er nur farbige Schlangenlinien. Irgendwann im August wollte der Waschraum nicht mehr, aber ich konnte ihn ohne große Mühe reparieren.
Am 24. Oktober um 14.10 Uhr drückte ich die Tür auf, hackte mir einen Weg durch Rocrippen, mumifiziertes Fleisch und zähe Haut ins Freie und atmete endlich wieder richtige Luft. Sie stank nach Roc. Ich hatte die Kabinentür offengelassen, und der Luftmacher summte jetzt wie verrückt, als er den Gestank zu absorbieren versuchte.
Ich schoß Leuchtraketen ab und wurde kurze Zeit später von einem vorbeikommenden Wagen mitgenommen. Angeblich war ich der behaarteste Mensch, den die Passagiere je gesehen hatten. Ich habe deshalb Mr. Dickson, Präsident der Firma General Transportation, gefragt, weshalb die Notausrüstung eines Wagens kein Rasierzeug enthält.
»Ein Schiffbrüchiger soll wie ein Schiffbrüchiger aussehen«, erklärte er mir. »Wenn Sie sich ein Jahr lang nicht mehr rasiert haben, weiß der Retter sofort, daß Sie seit einiger Zeit überfällig sind, und kann entsprechende Maßnahmen ergreifen.«
Die Firma General Transportation hat mich äußerst großzügig dafür entschädigt, daß mein Wagen nicht imstande war, mit
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