Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne
achtete nicht auf diese feinen Unterschiede im Ausdruck. »Alles ist gefährlich«, stellte er nüchtern fest. »Wir lassen uns absichtlich Zeit, um die dabei auftretenden Gefahren etwas zu verringern. Der Zeitbedarf, die Kombination verschiedener Fähigkeiten zu einem Operationsteam und die umfangreichen Vorbereitungen sind schuld daran, daß derartige Operationen nur an einigen bevorzugten Patienten ...«
»Ja, ich weiß«, unterbrach der Patient ihn ungeduldig. »Ich weigere mich jedoch, deswegen schuldbewußt zu sein oder Gewissensbisse zu haben. Oder wollen Sie damit andeuten, ich hatte unerlaubten Druck ausgeübt?«
»Keineswegs, Senator. Die Entscheidungen des Rats sind noch nie angezweifelt worden. Ich erwähne die Schwierigkeiten dieser Operation nur deshalb, weil ich den Wunsch habe, sie so gut wie möglich durchgeführt zu sehen.«
»Darin sind wir uns völlig einig«, stellte der Patient fest.
»Dann muß ich Sie bitten, sich zu entscheiden. Sie haben die Wahl zwischen zwei Arten von Kyber-Herzen – aus Metall oder aus ...«
»Plastik!« warf der Senator irritiert ein. »War das nicht die Alternative, die Sie mir anbieten wollten, Doktor? Billiges Plastikmaterial. Das will ich nicht. Ich habe mich bereits entschieden. Ich will das Metall.«
»Aber ...«
»Hören Sie, man hat mir bisher immer erzählt, die Entscheidung sei völlig mir überlassen. Oder stimmt das etwa nicht?«
Der Chirurg nickte. »Wenn zwei ähnliche Verfahren vom medizinischen Standpunkt aus gleichwertig sind, hat der Patient die Wahl. In der Praxis hat er sie sogar auch dann, wenn die beiden Verfahren nicht gleichwertig sind, wie es hier der Fall ist.«
Der Patient kniff die Augen zusammen. »Wollen Sie etwa behaupten, das Plastikherz sei besser?«
»Das hängt vom Patienten ab. Meiner Meinung nach wäre es in Ihrem Fall besser. Und wir bezeichnen sie nicht als Plastikherzen, sondern als fibröse Kyber-Herzen.«
»Für mich ist das Ding ein Plastikherz!«
»Senator«, sagte der Chirurg unendlich geduldig, »dieses Herz besteht keineswegs aus gewöhnlichem Plastikmaterial, wie Sie anzunehmen scheinen. Das Material ist natürlich ein Polymerisat, aber es ist wesentlich komplexer als die meisten derartigen Verbindungen. Es ist eine proteinähnliche Fiber, die es ermöglicht die natürliche Struktur des Herzens, das Sie jetzt in der Brust tragen, weitgehend zu imitieren.«
»Ganz recht, aber das menschliche Herz in meiner Brust ist bereits ausgeleiert, obwohl ich noch nicht sechzig bin. Ich will kein zweites dieser Art, das dürfen Sie mir glauben. Ich will etwas Besseres.«
»Wir alle wollen etwas Besseres für Sie, Senator. Das fibröse Kyber-Herz wäre besser. Es hat eine potentielle Lebenserwartung von mehreren Jahrhunderten. Es ruft absolut keine allergischen Reaktionen hervor ...«
»Gilt das nicht auch für das Metallherz?«
»Ganz recht«, stimmte der Chirurg zu. »Das metallische Kyber-Herz besteht aus einer Titanverbindung, die ...«
»Und es nutzt sich nicht ab? Und es ist widerstandsfähiger als Plastik? Oder Fibern oder was Sie vorhin erwähnt haben, Doktor?«
»Das Metall ist physikalisch stärker, das gebe ich zu, aber die mechanischen Eigenschaften stehen hier nicht zur Diskussion. Davon hätten Sie ohnehin nichts, weil das Herz gut geschützt im Brustraum liegt. Was bis zum Herzen vordringt, ist meistens aus anderen Gründen lebensgefährlich, selbst wenn das Herz heil geblieben sein sollte.«
Der Patient zuckte mit den Schultern. »Wenn ich mir jemals eine Rippe breche, lasse ich sie mir ebenfalls durch Titan ersetzen. Knochen sind leicht ersetzbar. Das kann jedermann jederzeit haben. Im Laufe der Zeit bin ich dann so metallisch, wie es mir Spaß macht, Doktor.«
»Das ist Ihr gutes Recht, wenn Sie sich dafür entscheiden. Ich möchte Sie jedoch warnen. Bisher ist noch kein Fall bekannt, daß ein metallisches Kyber-Herz mechanisch versagt hätte, aber einige haben elektronische Störungen gehabt.«
»Was soll das heißen?«
»Das bedeutet, daß jedes Kyber-Herz einen Schrittmacher enthält. Die Metallherzen sind mit einem elektronischen Gerät ausgerüstet, das dafür sorgt, daß sie ihren Rhythmus beibehalten. Das klingt ganz einfach, aber in der Praxis sind unzählige komplizierte Teilchen erforderlich, die dafür sorgen, daß der Herzrhythmus dem geistigen und körperlichen Zustand des Betreffenden angepaßt ist. Gelegentlich funktioniert dabei etwas nicht, und einige Patienten sind gestorben,
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