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Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne

Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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in einer halben Stunde lesen!«
    Ich hatte finanzielle Bedenken. Wir hatten eine Zeitung abonniert, die in Abständen von wenigen Monaten teurer wurde, und ich wollte mir lieber gar nicht vorstellen, was sechs Zeitungen kosten würden. Und wie sollten wir so viel Altpapier beseitigen? Aber Barney war anderer Meinung. Er behauptete, das sei negativ gedacht. Er füllte den Bestellschein – und den dazugehörigen Scheck – noch am gleichen Abend aus.
    Barney stürzte sich wirklich auf den Schnellesekurs. Er übte jede Nacht mehrere Stunden und tat alles, was die Lehrer empfahlen. Wenn er manchmal vor der Kommode stand, auf der er ein Buch aufgebaut hatte, und streng nach Vorschrift eine Hand über die aufgeschlagenen Seiten bewegte, erinnerte er mich an Charlie Chaplin in den ersten Filmen. Aber er nahm es mir nicht übel, wenn ich ihn deswegen aufzog.
    Der Kurs schien tatsächlich zu helfen, denn Barney las jetzt sehr viel. Wir ließen uns alle sechs Zeitungen zustellen, weil Barney sie nicht im Zug mitschleppen konnte, und er hatte immer alle Taschen voll Taschenbücher, wenn er abends nach Hause kam. Eines Tages sah ich, daß er etwas Neues ausprobierte. Er erklärte mir stolz, das sei seine eigene Erfindung. Er las ein Taschenbuch, aber anstatt die Seiten umzublättern, riß er sie heraus. Auf dem Fußboden lagen bereits zwei Dutzend Seiten verstreut.
    »Grenzt das nicht an Verschwendung?« fragte ich.
    »Nein«, antwortete er, ohne dabei aufzusehen. »Auch Zeit ist Geld, weißt du, und eine gesparte Minute kann ein verdienter Dollar sein.« Ich brauchte einige Zeit, um zu erkennen, was er damit gemeint hatte, und ich gab es schließlich auf.
    »Funktioniert die Sache wirklich?« erkundigte ich mich eines Morgens, als er fünf Minuten lang beim Frühstück saß. Er beschäftigte sich am liebsten fünfundzwanzig Minuten ausführlich mit den Zeitungen.
    »Welche Sache?«
    »Das Schnellesen. Kannst du wirklich jedes Wort aufnehmen und trotzdem so schnell lesen?« Ich muß zugeben, daß ich ihn darum beneidete; ich lese selbst sehr langsam und lese manche Stellen, die mir besonders gefallen, am liebsten mehrmals.
    »Klar«, behauptete er. »Man liest natürlich nicht jedes Wort, sondern eigentlich nur die wichtigen.«
    »Aber wie verstehst du dann, was du gelesen hast?«
    »Die meisten Menschen vergeuden Worte«, erklärte Barney mir. Er warf einen Blick auf seine Uhr, die er gegen das Salzfaß gelehnt hatte. »Beim Schnellesen konzentriert man sich auf den Sinn und läßt den Unsinn beiseite.«
    Ich glaubte schon, er habe sich allmählich wieder gefangen, als mir etwas anderes an ihm auffiel. Barney war nie sehr redselig gewesen, aber in letzter Zeit verzichtete er auf alles überflüssige Beiwerk. Statt mir wie früher gute Nacht zu sagen, murmelte er jetzt nur etwas, das wie »Na« klang, und er gönnte den Kindern sogar noch weniger. Wir hatten unterdessen drei Kinder, und Barney hatte es sich bisher nicht nehmen lassen, ihnen abends eine gute Nacht und schöne Träume zu wünschen. Jetzt steckte er nur den Kopf zur Tür herein und winkte ihnen kurz zu, bevor er weiterging. Unsere älteste Tochter wollte dabei seine Stimme gehört haben, aber sie hatte nicht verstanden, was er sagte.
    Dann rief ich Barney eines Tages im Büro an, um ihn an die Bügeleisenschnur zu erinnern, die er mir mitbringen sollte. Er hob ab und sagte: »Hallo, auf Wiederhören.« Das war alles. Er legte wieder auf.
    Ich rief nochmals an, und seine Sekretärin sagte mir, er sei eben fortgegangen, deshalb bat ich sie, ihn an die Schnur zu erinnern. Barney brachte sie nach Hause, und ich erwähnte den Vorfall am Telefon mit keinem Wort. Vielleicht hatte er es wirklich noch eiliger als sonst gehabt.
    Aber am Samstag der folgenden Woche hatten wir einige Freunde eingeladen, die nun ebenfalls merkten, daß mit Barney irgend etwas nicht stimmte. Barney fragte jeden zweiten Gast, was er trinken wolle. Die Übergangenen waren zuerst etwas gekränkt, aber ich redete ihnen ein, das sei nur ein Scherz gewesen. Dann gingen wir zum Essen ins Speisezimmer hinüber, und Barney hatte nur drei Stühle an den Tisch gestellt. Wir waren aber acht Personen zum Abendessen.
    Barney drückte sich zudem völlig unverständlich aus, so daß ich schon dachte, er habe heimlich in der Küche getrunken. Nachträglich ist mir natürlich klar, daß nicht der Alkohol an seiner veränderten Sprechweise schuld war. Als wir nach dem Abendessen über die bevorstehende Wahl das

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