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Magazine of Fantasy and Science Fiction 24 - Der letzte Krieg

Magazine of Fantasy and Science Fiction 24 - Der letzte Krieg

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 24 - Der letzte Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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dabei seine Fellweste, die mit großen Stichen zusammengeheftet war.
    »Eine Frau hat sie mir genäht«, erklärte er mir. »Aber das ist schon lange her.«
    »Hmm«, sagte ich und versuchte ihn mir mit seiner Frau vorzustellen. Eine dreieinhalb Meter große Frau ...
    »Hast du noch ein Bild von ihr?«
    »Nur in meinem Herzen.« Er antwortete so gelassen, als handle es sich um eine rituelle Erwiderung. Ich fragte mich, wie einem zumute war, wenn man der letzte eines ganzen Volkes war, aber ich stellte ihm diese Frage nicht. Statt dessen erkundigte ich mich: »Warum bist du noch hier? Warum lebst du hier ganz allein?«
    Er warf einen Blick auf die Schneewüste in unserer Umgebung. »Hier ist meine Heimat«, erklärte er mir. Wieder eine automatische Antwort, die er sich nicht erst hatte überlegen müssen. Dieser ungeschlachte Einfaltspinsel ahnte nicht einmal, wie er sein Einsiedlerdasein in klingende Münze hätte umsetzen können. Mit Hilfe eines geschickten Managers hätte er einige Milliarden sensationslüsterner Trivisionszuschauer begeistern und dafür gewaltige Honorare einstecken können. Ein wirklich rührendes Stück. Das Ende des Pfades. Der arme Johnny Thunder, der so tapfer und so allein war ...
    »Warum tust du , was du tust?« fragte er plötzlich, und ich spürte eine kalte Hand nach meinem Herzen greifen.
    »Was soll das heißen?« stieß ich hervor, während mein Ministrahler wie von selbst in die dem Riesen abgewandte rechte Handfläche fiel.
    »Du lebst ebenfalls allein, Carl Patton. Du führst ein Raumschiff. Du erträgst Einsamkeit und Fährnisse. Und jetzt setzt du dein Leben für das deiner Kameraden aufs Spiel.«
    »Sie sind nicht meine Kameraden«, knurrte ich. »Sie sind wertvolles Frachtgut, sonst nichts. Ich bekomme erst Geld, wenn ich sie heil abgeliefert habe. Und ich setze mein Leben nicht aufs Spiel. Ich mache aus Gesundheitsgründen eine kleine Wanderung.«
    Er studierte mich. »Nur wenige Menschen würden in dieser Jahreszeit versuchen, die Höhen von Kooclain zu ersteigen. Sie müßten alle gute Gründe haben.«
    »Ich habe gute Gründe – insgesamt vierzigtausend.«
    Der Riese lächelte. »Du bist vielseitig, glaube ich, Carl Patton. Aber du bist bestimmt kein Narr.«
    »Komm, wir müssen weiter«, drängte ich. »Wir haben noch viel vor uns, bevor ich kassieren kann.«
     
    Johnny Thunder marschierte bewußt langsamer, damit ich einigermaßen mit ihm Schritt halten konnte. Der Hund wirkte etwas nervös; er hob den Kopf, sog prüfend die Luft ein und trabte dann voraus. Ich blieb dem Riesen dicht auf den Fersen, keuchte überzeugend, wenn es bergauf ging, und atmete jedesmal tief ein, wenn eine Ruhepause begann. Auf diese Weise sah meine Vorstellung durchaus realistisch aus, aber ich hütete mich vor jeder Übertreibung, die den Riesen vielleicht dazu gebracht hätte, langsamer zu gehen. Ich erhöhte das Marschtempo sogar unauffällig immer mehr, bis wir über sechs Stundenkilometer erreichten. Das wäre auf ebener Strecke kein schlechtes Tempo gewesen; hier im Gebirge mußte man schon ein gut trainierter Athlet sein, um dieses Tempo durchzuhalten. Da mir die Servomotoren meines Anzugs die meiste Arbeit abnahmen, war der Marsch nicht sonderlich anstrengend – für mich.
    Wir rasteten zum Mittagessen. Der Riese holte Brot, Käse und eine große Flasche Wein aus seinem Bündel und gab mir eine Portion, die normalerweise für zwei Mahlzeiten ausgereicht hatte. Ich aß das meiste und steckte den Rest in meine Schultertaschen, als er nicht hersah. Nachdem er aufgegessen hatte – seine Portion war nicht viel größer als meine gewesen –, stand ich auf und warf ihm einen erwartungsvollen Blick zu. Aber er bewegte sich nicht.
    »Wir müssen jetzt eine Stunde ausruhen«, behauptete er.
    »Okay«, sagte ich. »Du kannst dich ausruhen, solange du willst. Aber ich habe etwas Wichtigeres zu tun.« Ich wollte weitergehen und hatte schon drei oder vier Schritte gemacht, als das Hundevieh an mir vorbeigaloppierte, auf der Hinterhand kehrtmachte und mir den Weg versperrte. Ich wollte nach rechts ausweichen, aber der Köter stand auch dort. Links ging es mir nicht besser.
    »Ruh dich aus, Carl Patton«, riet mir der Goliath. Er streckte sich aus, legte die Hände unter den Kopf und schloß die Augen. Nun, wenn er nicht marschieren wollte, konnte ich wenigstens verhindern, daß er schlief. Ich ging zurück und setzte mich neben ihn.
    »Hier scheint noch niemand gewesen zu sein«, begann ich.

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