Magazine of Fantasy and Science Fiction 24 - Der letzte Krieg
eigenartigen Situation, in der er sich befand und fügte hinzu, er hoffe jedoch, die Krise bis Ende des Jahres zu meistern, falls er bis dahin freie Hand erhalte. Ansonsten schrieb er nichts über den Krieg, sondern schilderte ausführlich gewisse Erinnerungen aus der Zeit ihrer ersten Bekanntschaft, die er jetzt mit ganz anderen Augen sah. In den Gefechtspausen war er zu erstaunlichen Einsichten imstande, die den eigentlichen Sinn seines Lebens betrafen, und er schrieb seiner Frau, warum er zu diesem oder jenem Zeitpunkt so und nicht anders gehandelt hatte, und fragte sie, ob sie seine Beweggründe verstehe. Wir kommen dieser Sache auf den Grund, erinnerte er sie oft, wenn Du mir nur dabei hilfst. Die Antwortbriefe seiner Frau waren manchmal fast streitsüchtig und manchmal verwirrt, sie erklärte ihm, er vergeude seine Energie mit zwecklosen Grübeleien, obwohl er doch jetzt darauf angewiesen sei, sich möglichst schnell zu akklimatisieren. Als der Captain diese Briefe las, hätte er am liebsten geweint, aber sein Feldbett stand zu nahe an dem des Sergeanten, und er schämte sich. Keiner der Offiziere wollte sich mit Tränen in den Augen erwischen lassen.
Unterdessen stellte der Captain fest, daß seine Verbindung zum Hauptquartier gelegentlich tagelang unterbrochen war und daß die Nachrichten und Mitteilungen, wenn sie dann doch eintrafen, höchst eigenartig waren. Manchmal hatte der Captain kurzzeitig den Verdacht, daß das Hauptquartier die Lage nicht richtig erfaßte, aber er unterdrückte derartige Überlegungen sofort wieder. Ob er daran dachte oder nicht, machte fast keinen Unterschied mehr; er war meistens deprimiert. Weitermachen wie bisher, kein Grund zur Sorge, antwortete das Hauptquartier nach drei Tagen auf eine Routineanfrage. Oder: Wir entwerfen hier eine neue Taktik und bitten Sie, die Stellung zu halten, bis sie formuliert ist. Solche Dinge waren höchst beunruhigend; daran konnte niemand zweifeln.
Eines Morgens kurz vor Weihnachten durchlitt der Captain eine halbe Katastrophe. Der Sergeant kam in sein Zelt und teilte ihm mit, Hastings trage sich mit dem Gedanken, wegen seines Erholungsurlaubs direkt ans Hauptquartier zu schreiben. Der Captain sagte, er könne einfach nicht glauben, daß selbst Hastings verrückt genug sein solle, etwas dergleichen zu unternehmen, und der Sergeant war derselben Meinung, fügte jedoch hinzu, Hastings habe ihm jedenfalls an diesem Morgen irgendeine Art Brief gebracht und ihn gebeten, für die Weiterbeförderung zu sorgen. Der Captain fragte den Sergeanten, ob er ihm den Brief zeigen könne, und der Sergeant erwiderte, er habe Hastings empfohlen, damit zu verschwinden, aber Hastings habe versprochen, später wiederzukommen.
Der Captain zog sich einen alten Arbeitsanzug an und ging ehrlich bekümmert in den Wald hinaus; er sah zu Hastings Zelt hinüber, das eigenartig graumeliert war, und er seufzte. Hastings saß vor dem Zelt auf den Hacken und kritzelte irgend etwas mit einem Stock vor sich auf die Erde. Der Captain kam zu der Ansicht, er sei krank; er wollte nichts mit Hastings zu tun haben. Statt dessen ging er in sein Zelt zurück, um noch etwas zu schlafen, aber als er dort auftauchte, erwartete ihn der Sergeant mit einer erstaunlichen Mitteilung. Er berichtete dem Captain, der Fall Hastings müsse irgendwie doch bis ins Hauptquartier vorgedrungen sein, denn draußen warte ein Korporal aus dem Hauptquartier, der den Auftrag habe, Hastings mitzunehmen und in ein Irrenhaus zu bringen. Als der Captain das hörte, wurde er wütend und erzählte dem Sergeanten, er führe seine Kompanie selbst und weigere sich, derartige Unverschämtheiten von irgendeiner Seite hinzunehmen. Der Sergeant war ganz seiner Meinung und erbot sich, hinauszugehen und dem Korporal diese Entscheidung mitzuteilen, aber der Captain wollte nichts davon hören, sondern behauptete, diesmal werde er selbst dafür sorgen, daß ausnahmsweise richtig gehandelt werde. Er befahl dem Sergeanten, er solle gefälligst verschwinden, und ging dann auf die Lichtung hinaus, wo der Korporal in einem Jeep saß, und erzählte ihm, Hastings sei vor einigen Stunden bei einem vergeblichen Angriff gefallen und werde jetzt begraben. Der Korporal antwortete, das sei verdammt schade, denn das ganze Hauptquartier habe von dieser Sache gehört und hätte gern gewußt, wie verrückt dieser Hastings wirklich war. Der Captain versicherte ihm, er könne ihm genügend Geschichten erzählen, wenn er nur wolle, was nicht
Weitere Kostenlose Bücher