Magdalenas Garten
mit den Tränen, seine dezent braun-gelb gestreifte Seidenkrawatte verschwamm vor ihren Augen ebenso wie der Ladentisch aus Rosenholz, auf dem er jetzt die gepflegten Hände ablegte. Sein Laden glich einer hübsch eingerichteten Schatulle, weil er ⦠natürlich, er war schwul, und sein Freund Antonello Pucciano wahrscheinlich auch. Warum war sie nicht eher darauf gekommen? Vermutlich waren sie sogar ein Paar. Tanino bellte drauÃen auf der StraÃe kurz auf.
»Ich habe meine Mutter nie richtig kennengelernt. Es wäre ein groÃes Glück für mich, über sie zu sprechen. Sagen Sie ihm das bitte!« Magdalena wischte sich unauffällig die Nase ab, glielo dica ! Gut, dass ihr diese Wendung zum Schluss noch eingefallen war. Mit seiner Visitenkarte in der Hand verlieà sie den Laden. Edmondo Giannoni, Krawatten. Er wolle es ausrichten, hatte er gesagt, sie solle ihn in zwei Tagen anrufen.
Auf der StraÃe reichte Magdalena Joe zum Abschied die Hand und dankte ihm. »Glaubst du, dass er mich sprechen will?«, fragte sie und hörte selbst das Betteln in ihrer Stimme.
»Wenn du ihn sprechen sollst, dann wirst du ihn sprechen, das Universum hält für jeden das Glück bereit«, war seine Antwort. Danke, Zappa. Das ist beruhigend.
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Magdalena machte sich auf den Weg zu ihrem Roller, sie platzte fast, sie musste unbedingt mit jemandem reden. Und wer war da besser geeignet als Matteo?
31
U m Nina nicht zu begegnen, schlich sie die linke Treppe hoch und huschte durch die Büsche, und tatsächlich, dort vorne stand er, schaute sogar in ihre Richtung, als ob er sie erwartet hätte. Noch nie hatte sie sich so sehr gefreut, ihn zu sehen, wie in diesem Moment. Am liebsten hätte sie sich ihm in die Arme geworfen, aber dann beschränkte sie sich auf ein knappes Ciao !, schaute kurz in seine Augen und richtete den Blick dann schnell auf die Hacke in seiner Hand. Sie würde sich zusammenreiÃen und es ihm nicht erzählen, noch nicht, erst in zwei Tagen, wenn sie eine positive Nachricht von Antonello Puccianos Freund Edmondo erhalten hätte.
»Komm, ich zeige dir was«, sagte Matteo. Das hatte Roberto auch zu ihr gesagt - und was war dabei herausgekommen? Ein Nachmittag mit Schüssen aus einer Pistole, Champagner und nachher Sex in seinem Bett. Ringkampf, nasse Küsse auf ihrem Bauchnabel, auf ihrem Po. Orgasmus - ja, sein Penis in ihr - nein. Bei Matteo würde es definitiv etwas anderes sein, was er ihr zeigen wollte â¦
»Wo kommst du her? Du siehst irgendwie aus, als würdest du ein schlechtes Gewissen haben.«
»Ich? ⦠Nein!« Ich versuche nur, Roberto in deiner Gegenwart aus meinem Kopf zu verdrängen, fügte sie unhörbar hinzu, und Ninas Tagebücher aus meinem Kopf zu verbannen, ich
schleiche durch den Park, um ihr nicht in die Arme zu laufen, und versuche, bei all diesen Bemühungen ganz normal zu wirken.
»Hier«, sagte er stolz, »wenn du dich da oben auf die Mauer setzt ⦠ach, machâs einfach mal!«
»Wo ist die Brombeerhecke? Du hast alles weggemetzelt!«
»Sieht gut aus, oder?« Magdalena nickte, die Mauer überragte sie um einen Kopf. Erst jetzt, befreit von den dunkelgrünen Ranken, sah man die schönen Natursteine, die die gleiche Tönung wie die Orangerie hatten. Irgendwo dahinter, zwischen den angrenzenden Bäumen des ansteigenden Berges, verlief der Maschendrahtzaun.
»Wusstest du, dass Pflanzen sich das merken?«, fragte sie. »Da gab es mal einen Test, man hat Studenten in einen Raum mit mehreren Pflanzen geschickt, und einer der Studenten hat eine der Pflanzen ausgerissen und zerstückelt.« Matteo schaute skeptisch auf die roten Kratzer der Brombeerranken, die seine Unterarme zierten. »Hinterher haben die anderen Pflanzen den âºMörderâ¹ unter den Studenten erkennen können. Sie gerieten in Panik, wenn er den Raum betrat. Hat man an ihren Impulsen messen können.«
»Die zittern jetzt also vor mir ⦠Ich tue euch ja nix, versprochen.« Er machte eine kleine Verbeugung in Richtung der Zitronenbäume.
Magdalena lachte und legte ihre Hände auf die Kante, Matteo zeigt ihr die Vorsprünge, auf die sie ihre FüÃe setzen sollte. Gut, dass ich Hosen trage, dachte sie und kletterte rasch die Mauer hoch, drehte sich zu ihm um und lieà die Beine baumeln.
»Und? Was siehst du?« Erwartungsvoll schaute er zu ihr nach
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