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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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weinte. Hör auf!, befahl sie sich und startete den Roller. Hör doch auf, sie ist schon so lange tot, warum heulst du denn jetzt? Immer wieder neue Tränen wurden vom Fahrtwind waagerecht über die Schläfen bis zu ihren Ohren geweht und dort getrocknet.
    Â 
    Als sie den Roller hinter der Apotheke parkte, war die Haut um ihre Augen vom Salz gespannt, aber sie fühlte sich besser. Heute noch ein letztes Mal, Magdalena klappte die Sitzbank über ihrem Helm zu, morgen sage ich Sara, dass ich im August nicht mehr da bin.
    Â 
    Am nächsten Mittag, kurz bevor der Blumenladen schloss, kaufte Magdalena ein Bund Iris und fünf Callas. Als sie in die Bar kam, hörte sie Antonellos Lied aus den Lautsprechern. Sie biss
die Zähne zusammen und warf einen Blick auf die Tageszeitung, die neben dem Tresen auf einem Hocker lag. Dem Il Tirreno war Antonello eine große Schlagzeile wert: Morto il grande Pucciano a Firenze. Magdalena lächelte, es hätte ihn gefreut, der grande Pucciano genannt zu werden.
    Â»Guten Morgen, meine Liebe!« Sara schlurfte, so schnell es ihre Hauspuschen zuließen, an ihr vorbei hinter die Bar, um ein Tablett mit frischen Mandelhörnchen hinter das Glas der Vitrine zu stellen.
    Â»Willst du etwas trinken, Capúccio? Caffè latte? « Saras Lächeln zeigte alle Zähne in vorstehender Pracht. Ganz wie am ersten Tag, dachte Magdalena, ich mag ihren toskanischen Akzent. Sie merkte, wie es schon wieder in ihr zu flattern begann.
    Â»Nein danke.« Sie wickelte das Papier ab und überreichte Sara die Iris.
    Â»Für mich? Warum? Ach, aber du musst doch nicht weinen, was ist los?«
    Magdalena schniefte.»Ich muss zurück nach Deutschland, schon bald, es tut mir leid, ich will euch nicht im Stich lassen, am Wochenende ist schon der erste August, und …«
    Â»Ah, nein, nun mal keine Tränen, ich verstehe, ich verstehe, kein Grund, sich Sorgen zu machen! Wir werden schon jemanden finden!« Sara kam mit den Blumen hinter dem Tresen hervor, Walter guckte ihr stumm dabei zu. Wieso lächelt der so, als ob er bereits alles hätte kommen sehen?, fragte sich Magdalena.
    Â»Machen wir es so, dein letzter Tag ist Donnerstag, übermorgen, am Freitag ist der erste August. Es wird schwer, eine tedesca wie dich zu ersetzen, aber es wird schon gehen.« Sie lächelte wieder. »Ach, hier ist noch etwas für dich angekommen.« Sie übergab ihr einen braunen Umschlag, der kam von Opa Rudi, erkannte Magdalena, er schickte ihr jede Woche
ihre Post. Alles. Werbung, die Handyrechnung, die Aufforderung, zum Zahncheck bei ihrem Zahnarzt vorbeizukommen. Und einen kleineren, dickeren Umschlag, auf dem in säuberlicher Schrift »Maddalena - Bar Elba - Procchio - Isola d’Elba« untereinander stand, mehr nicht, er war dennoch angekommen. Neugierig öffnete Magdalena ihn. Ein kleines Buch rutschte heraus. Sprüche von Oscar Wilde. Auf Italienisch. Ein Geschenk von Antonello, vorn auf die erste Seite hatte er »per Maddalena - con affetto, Antonello Pucciano« hineingeschrieben. Magdalena spürte, wie etwas in ihrer Brust aufging, sie atmete ein und wusste, dass sie dieses Büchlein von Oscar Wilde nie in die Hand nehmen würde, ohne sich an diesen Geruch von affetto , Liebe, Wärme und Kuchenduft zu erinnern.
    Â»Danke, Sara! Bis heute Abend.« Mit der linken Hand befreite sie die Farbkopie von Heidi und dem unbekannten Paolo, die noch immer neben der Musikanlage hing, von ihrem Klebestreifen und steckte sie in das Buch. Draußen bahnte sie sich einen Weg durch die Touristen, die unter den Arkaden entlangschlenderten, bis zu ihrem Roller.
    Â 
    Vor Antonellos Haus war niemand zu sehen, die große Pforte aus Holz war fest verschlossen, am Tor lagen inzwischen mehrere in Zellophan verpackte Sträuße, dazwischen stand ein rotes Grablicht. Magdalena zählte die Sträuße, acht waren es. Besonders überschwänglich erinnerte Capoliveri sich nicht an seinen Sänger. Sie hätte gern einen ganzen Berg von Blumen gesehen, wie bei Lady Di. Sie legte ihre Callas dazu und bedauerte, keine Vase mitgebracht zu haben. In der Hitze werden sie sofort vertrocknen. Aber was macht das schon für einen Unterschied, ob nun heute oder morgen, das ist eigentlich egal, ging ihr durch den Kopf, sie verwesen wie Antonello, wie Heidi vor vielen Jahren in ihrem Sarg. Wieder fing sie an zu weinen. Sie
setzte sich unter die

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