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Magermilch

Magermilch

Titel: Magermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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sagte sie. »Und Gute Nacht.«

14

    Es war am Montag um kurz vor zehn, als Fanni ihren Wagen startete, um zum Hütterl zu fahren. Sie hatte Verpflegung für sich und Sprudel in einen Korb gepackt, eine Tasche mit Vorräten hergerichtet (Kaffeepulver, Zucker, Teebeutel, trockene Kekse) und einen Träger mit Säften vorbereitet.
    Wenige Minuten nach zehn hielt sie an der großen Föhre.
    Sie öffnete den Kofferraum, nahm Träger und Tasche heraus. Dann wollte sie nach dem Korb greifen, aber der war nicht da.
    Steht wohl noch in der Garage, du musst vergessen haben, ihn in den Kofferraum zu tun!
    Ja, das hatte sie. Sie hatte ihn abgestellt, weil ihr eingefallen war, dass sie besser auch ihre Handtasche samt Führerschein und Portemonnaie mitnehmen sollte, war ins Haus gelaufen und hatte sie geholt. Und dann hatte sie den Korb mit der Verpflegung stehen lassen.
    Ob du willst oder nicht, du musst ihn holen! Oder möchtest du dir und Sprudel einen Fastentag verordnen?
    Das wollte Fanni keinesfalls, und deshalb musste sie noch mal nach Hause. Es dauert ja nicht lang, beschwichtigte sie sich selbst.
    Rasch sprang sie ins Auto. Träger und Tasche ließ sie einfach am Wegrand liegen. Sie würde ja gleich wieder da sein.
    Hier kommt doch sowieso niemand vorbei!
    Zwanzig Minuten später parkte Fanni den Wagen erneut unter der Föhre, wo Flaschenträger und Tasche geduldig auf sie gewartet hatten.
    Fanni ließ sie stehen, wo sie waren, nahm den Korb aus dem Kofferraum, schloss den Wagen ab und machte sich auf den Weg zur Hütte.
    Sprudel würde mit ihr zurückgehen, um ihr mit dem Rest zu helfen.
    Das Hütterl wirkte wie immer friedvoll und beschaulich, als es vor Fanni auftauchte. Unter dem Vordach waren knapp einen Meter hoch Holzscheiter aufgeschichtet. Ein ansehnlicher Haufen Brennholz lag noch auf dem Waldboden neben dem Klohäuschen und harrte darauf, ebenfalls unter den Schutz des Daches zu kommen.
    Von Sprudel keine Spur.
    Musste wohl mal pinkeln!
    Fanni drückte die Hüttentür auf, die nur angelehnt gewesen war, trat ein – und da lag er.
    Fanni ließ den Korb fallen, ihr Schrei gellte durch den Raum.
    Sprudel lag zusammengekrümmt vor der Polsterliege.
    Sie stürzte zu ihm hin, warf sich neben ihm auf die Knie.
    »Sprudel, was ist denn bloß passiert?« Ganz behutsam nahm sie sein Gesicht in beide Hände.
    Er stöhnte leise, öffnete die Augen und schaute sie an. Fanni erschrak vor dem, was sich darin spiegelte: Angst, Bestürzung und etwas, das ihr wie eine Warnung erschien.
    Hastig eilte ihr Blick über seinen Körper. Die Hände waren mit Kabelbinder fest zusammengeschnürt, sein linkes Bein lag in einer Weise nach außen verdreht da, wie es auf natürliche Art nicht daliegen hätte können. Von den Bodendielen darunter starrte ihr verschmiertes Blut entgegen.
    Fannis Blick sprang zurück zu Sprudels Gesicht. Und dann bemerkte sie das Blut an ihren Fingern.
    Hinter ihr ertönte ein Lachen.
    Fanni musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, von wem es kam.
    »Das wär’s dann gewesen, Fanni Rot«, sagte eine Stimme.
    Fanni setzte sich auf den Boden, bettete ganz vorsichtig Sprudels Kopf in ihren Schoß und begann unendlich sanft, seine Wange zu streicheln.
    Es wird das letzte Mal sein, Fanni Rot! Das letzte Mal, dass du die Falten auf seinen Wangen spürst! Das letzte Mal, dass dich seine Bartstoppeln kitzeln!
    »Woher wusstest du von dem Hütterl, Fritz?«, fragte Fanni, ohne den Blick von Sprudels Gesicht zu wenden.
    Wieder ertönte das Lachen. »Du hast mich selbst hergeführt heute Morgen. Besser hätte es sich gar nicht treffen können. Hier stört uns kein Mensch.«
    Fanni hörte, wie sich Fritz Maurer in einen der Polstersessel fallen ließ. Am Ächzen des Holzrahmens erkannte sie, dass es derjenige war, in dem Sprudel gewöhnlich saß.
    Ich spring den Schuft an, dachte sie plötzlich kämpferisch. Den Schürhaken kann ich als Waffe verwenden. Vielleicht …
    Er hat dir den Hals gebrochen, bevor du vom Boden hochkommst!
    »Da wir gerade so gemütlich beieinandersitzen«, ließ sich Fritz Maurer alias Magermilch vernehmen, »könntest du mir erzählen, Fanni Rot, was dich auf meine Spur gebracht hat.«
    Fanni antwortete ihm nicht.
    »Es war der Alfa, stimmt’s? Johanns Giulietta. Die Giulietta, mit der ich Hannes Gruber hereinlegen wollte, die ausgeschlachtete Giulietta, von der nur noch die Karosserie italienisch ist. Du hast den Wagen in Stockheim vorbeifahren sehen, als du mit Giselas Mutter vor dem Haus

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