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Magermilch

Magermilch

Titel: Magermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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betonte Fanni.
    Der Friseurmeister stimmte ihr zu. »Deshalb stehen Jonas und noch ein paar Stadträte – abgesehen von denen, die sich sowieso schmieren ließen – auf dem Standpunkt, die Sache nicht aufzuplustern. ›Es genügt ja, diesem schwarzen Schaf einfach zu zeigen, wo’s langgeht bei uns in Deggendorf‹, hat Jonas erklärt.«
    »Krumme Touren«, hat Jonas Böckl dem Hannes Gruber vorgeworfen!
    Stein nahm einen Pinsel und stäubte damit eine Wolke abgeschnittener Härchen aus Mäxchens Nacken. »Fertig!«

    Fanni hatte ihrem Enkel versprochen, sich mit dem Einkaufen zu beeilen, denn Max hatte keine Zeit zu vertrödeln. Die Rindviecher auf dem Klein-Hof rechneten ein letztes Mal mit ihm.
    »Oma, alles, was wir brauchen, gibt’s im Supermarkt, und der liegt direkt auf unserm Heimweg am Kreisverkehr. Obstecke, Bäcker, Wurstwaren, im Supermarkt gibt’s alles. Du wirst doch nicht kreuz und quer übern Stadtplatz von Geschäft zu Geschäft laufen wollen, das dauert ja ewig.«
    Fanni hätte den Tafelspitz zwar lieber bei ihrem bevorzugten Metzger in der Graflinger Straße gekauft, die Radieschen am Marktstand beim alten Rathaus und das Olivenöl in dem kleinen Laden gegenüber der Kirche, aber sie wollte Max nicht enttäuschen. Um halb sechs war Melkzeit am Klein-Hof, und Fanni sah ein, dass ihr Enkel noch mal dabei sein wollte, bevor er die Heimreise antrat.
    Sie eilte an den Regalen im Supermarkt entlang.
    Max hatte ihr den Merkzettel abgenommen und warf in den Einkaufswagen, was ihm die Notizen darauf sagten.
    »Nein, Max, ›Schoko-P.‹ heißt nicht ›Schokoplätzchen‹, sondern ›Schokopulver‹ – zum Backen, bitte schön. Das ›T.‹ hinter ›Menthol‹ bedeutet ›Tempotaschentücher‹, nicht ›Tic Tac‹.«
    »Oma, jetzt haben wir alles, was auf der Liste steht. Komm, da vorn ist die Kasse.«
    Fanni wollte sich eigentlich noch bei den Teesorten umsehen, ließ es jedoch bleiben. Das würde sie bei ihrem nächsten Einkauf in der kommenden Woche tun.
    Kaum lag die bezahlte Ware in einer Klappbox in Fannis Kofferraum, schoss Max mit dem leeren Einkaufswagen davon. Er kam zurück, bevor Fanni den Deckel unten hatte, und warf sich auf den Rücksitz.
    »Oma, du bist so eine lahme Ente.«
    Fanni legte die Strecke Deggendorf–Erlenweiler um einiges schneller zurück als sonst und sagte sich, dass Kinderbetreuung wohl doch eher etwas für junge Leute sei.

13

    »Kommst du mit nach Stockheim zum Freundschaftsspiel?«, fragte Max am Samstag nach dem Mittagessen, das Fanni in Veras Küche in Klein Rohrheim zubereitet hatte.
    »Auf alle Fälle«, antwortete Fanni entschieden.
    Sie wollte ganz unbedingt nach Stockheim, allerdings nicht um sich dort das Fußballspiel anzusehen. Und erst recht nicht, um an der anschließenden Kürbisprämierung teilzunehmen.
    An Ostern waren in den beiden Grundschulen von Klein Rohrheim und Stockheim Kürbiskerne verteilt worden. Die beiden Städte fühlten sich irgendwie verschwistert, denn sie führten viele solcher gemeinsamen Aktionen durch. Jeder Schüler sollte aus seinem Kern einen Kürbis ziehen, und heute nach dem Fußballspiel wurde der größte prämiert.
    Der größte Kürbis von Stockheim und Klein Rohrheim! Was für ein Mumpitz.
    Auf einmal begann sie kichern. Wie pflegte Obelix zu sagen? Obelix, der Gallier aus den Comics, die Leni und Leo als Kinder so geliebt hatten und heute noch lasen, wenn ihnen einer in die Hände fiel: »Die spinnen, die Römer.«
    »Die spinnen, die Klein Rohrheimer«, murmelte Fanni. »Die spinnen, die Stockheimer.«
    Es ist, wie Hans Rot vormals sagte! Du bist eine Soziopathin, Fanni! Jedes gesellschaftliche Ereignis ist dir suspekt!
    Nicht nur das, dachte Fanni selbstkritisch, mir sind auch viele Menschen suspekt. Solche beispielsweise, die so tun, als könnten sie kein Wässerchen trüben, und andere anschwärzen. Und auch solche, die mir einen schönen Tag wünschen, so oft sie mir über den Weg laufen.
    Hast du sie noch alle, Fanni?

    Etwas abseits der zusammengeknäuelten Zuschauer herumlungernd, wartete Fanni den Anpfiff gar nicht erst ab, weil sich ohnehin niemand um sie kümmerte.
    Der Ball flog gerade das erste Mal in Richtung Tor, da stand Fanni bereits vor dem gelben Haus, an dessen Zaun die Lilien nun verwelkt waren.
    Giselas Mutter war dabei, die Blüten abzuschneiden. Sie schaute auf, als Fanni herantrat. Ihr Blick wurde vorwurfsvoll. »Sie hätten es mir sagen sollen.«
    »Das konnte ich nicht, Frau Brunner«,

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