Maggie O´Dell 01 - Das Boese
haben?“
„Nein. Ich entnehme das den Spuren, die wir nicht gefunden haben. Das Opfer war offenbar nicht sexuell missbraucht worden. Es gab keine Spermaspuren in Mund oder Rektum, obwohl er sie abgewaschen haben könnte. Es gab keine Anzeichen für Penetration oder sexuelle Stimulation. Selbst bei Jeffreys’ Opfern gab es nur einen - Bobby Wilson“ , sagte sie und vergewisserte sich in den Unterlagen. „Nur bei dem Wilson-Jungen gab es Hinweise auf sexuellen Missbrauch, und die waren offensichtlich. Mehrfache Penetration, Zerreißungen, Blutergüsse.“
„Warten Sie einen Moment. Wenn unser Täter Jeffreys nur kopiert, wie können wir dann sicher sein, dass sein Vorgehen uns einen Hinweis auf seine Person gibt?“
„Nachahmungstäter suchen sich Morde aus, die ihren eigenen Fantasien entsprechen. Manchmal geben sie diesen Taten dann noch eine persönliche Note. Ich finde keinen Hinweis darauf, dass Jeffreys seinen Opfern die Letzte Ölung gegeben hat, allerdings könnte es leicht übersehen worden sein.“
„Ich weiß, dass er vor seiner Hinrichtung um einen Priester bat, bei dem er beichten wollte.“
„Woher wissen Sie das?“ Sie blickte auf Nick Morrelli hinunter und wurde sich bewusst, dass sie schräg auf der Armlehne des Sessels saß und ihr Schenkel seinen Arm berührte. Sie stand sofort auf. Vielleicht ein wenig zu plötzlich, doch ihm schien es nicht aufzufallen.
„Sie wissen wahrscheinlich, dass mein Vater der Sheriff war, der Jeffreys geschnappt hat. Er hatte bei der Hinrichtung einen Platz in der ersten Reihe.“
„Ist es möglich, ihm einige Fragen zu stellen?“
„Er und Mom haben sich vor einigen Jahren ein Wohnmobil gekauft und sind das ganze Jahr unterwegs. Von Zeit zu Zeit melden sie sich, aber ich weiß nicht, wie ich sie erreichen kann. Wenn sie von dieser Sache erfahren, melden sie sich garantiert sofort, aber es kann eine Weile dauern.“
„Vielleicht können wir herausfinden, wer der Priester bei der Hinrichtung war.“
„Das ist kein Problem. Pater Francis arbeitet immer noch hier in St. Margaret. Allerdings weiß ich nicht, wie er uns helfen könnte. Jeffreys’ Beichte wird er zweifellos nicht preisgeben.“
„Ich möchte trotzdem mit ihm sprechen. Dann sollten wir mit den Tanners reden. Sie kennen sie ja offensichtlich.“
„Seine Mom. Matthews Eltern sind geschieden.“
Maggie sah ihn an, stutzte und begann in ihren Unterlagen zu suchen.
„Was ist los?“ Nick beugte sich vor und berührte sie fast.
Sie fand, was sie suchte, blätterte einige Seiten durch und hielt inne. „Alle drei von Jeffreys’ Opfern kamen aus geschiedenen Elternhäusern. Alle drei lebten bei allein erziehenden Müttern.“
„Was bedeutet das?“
„Das bedeutet, dass es vielleicht doch kein Zufall ist, wie er seine Opfer sucht. Er wartet vermutlich nicht einfach, bis er einen Jungen allein erwischt. Er wählt jeden sehr sorgfältig aus. Sie sagten, der kleine Alverez ließ sein Fahrrad und den Zeitungsbeutel an einem Zaun zurück?“
„Ja. Er hatte seine Tour gar nicht angefangen.“
„Und es gab keine Anzeichen für einen Kampf?“
„Nein. Es sah aus, als habe er sorgfältig sein Fahrrad abgestellt und sei zu dem Täter ins Auto gestiegen. Deshalb dachten wir, es sei jemand gewesen, den er kannte. Diese Jungen kommen zwar aus der Kleinstadt, aber sie kennen das Leben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Danny bei einem Fremden eingestiegen wäre.“
„Es sei denn, es war jemand, den er für vertrauenswürdig hielt.“
Maggie sah Sheriff Morrellis wachsende Besorgnis. Sie erkannte die Panik, diesen speziellen Ausdruck des Entsetzens, wenn Menschen begreifen mussten, dass der Täter aus ihrer Gemeinde stammt.
„Was meinen Sie damit? Dass jemand vorgegeben hat, seine Mom oder seinen Dad zu kennen?“
„Vielleicht. Oder jemand wirkte vertrauenswürdig, weil er eine Uniform trug.“ Das hatte sie oft genug erlebt. Niemand bezweifelte, ob einem Uniformierten auch tatsächlich die Uniform gehörte.
„Vielleicht eine Militäruniform, wie sein Dad sie getragen hatte?“
„Oder auch ein weißer Laborkittel oder eine Polizeiuniform.“
16. KAPITEL
Timmy rutschte an der Wand hinab, bis er auf dem Boden saß, und beobachtete die Badezimmertür. Er musste dringend, aber er wollte seine Mom nicht stören. Wenn er anklopfte, würde sie rufen, er solle hereinkommen und aufs Klo gehen, während sie sich schminkte. Er fühlte sich zu alt dafür, in Gegenwart seiner Mom zu
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