Maggie O´Dell 02 - Das Grauen
seufzend entspannte sie sich.
„Das Bier kannst du gerne mitbringen, aber die Pizza lasse ich hierher liefern.“
„Aber denk dran, keine Salami auf meiner Seite. Ein paar von uns müssen auf ihre Linie achten. Wir sehen uns gegen sieben.“
„Prima, passt mir gut.“ Doch Maggie war bereits abgelenkt, da ein weiteres Polizeifahrzeug vorbeifuhr. Sie legte auf und nahm, ohne weiter nachzudenken, ihr FBI-Abzeichen. Eilig schaltete sie die Alarmanlage ein, steckte den Revolver in den rückwärtigen Hosenbund und ging zur Haustür. So viel zum Thema Abgeschiedenheit.
4. KAPITEL
Maggie eilte an drei neuen Nachbarn vorbei, die höflich auf der Straße stehen blieben, in sicherer Entfernung von dem Haus, das von zwei Polizeilimousinen flankiert wurde. Der Van des Leichenbeschauers stand in der Zufahrt. Sie ignorierte einen Polizeibeamten, der sich auf Händen und Knien bemühte, eine Rolle Absperrband aus einem Rosenbusch zu klauben. Anstatt es einfach zu zerreißen und von neuem mit der Absperrung zu beginnen, nahm er es mit den Dornen auf und riss die Hand immer wieder gestochen zurück.
„He!“ rief er, als er endlich bemerkte, dass Maggie auf die Haustür zuging. „Sie dürfen da nicht rein!“
Da sie ihre Schritte nicht verlangsamte, sprang er auf und ließ die Rolle Absperrband fallen, die den abschüssigen Rasen hinunterkullerte. Einen Moment sah es so aus, als wolle er dem Band nachlaufen, anstatt Maggie. Sie musste fast lachen, blieb jedoch ernst und hielt ihr Abzeichen hoch.
„Ich bin vom FBI.“
„Na klar. Und das ist jetzt Mode beim FBI, was?“ Er riss ihr das Lederetui aus der Hand, nicht ohne einen nachdrücklichen Blick über ihren Körper wandern zu lassen.
Maggie straffte sich instinktiv und verschränkte die Arme vor dem verschwitzten T-Shirt. Für gewöhnlich achtete sie sehr auf ihr Erscheinungsbild. Sie war immer ein wenig schüchtern gewesen. Zumal sie mit ihren 53 Kilo bei nur mittlerer Größe im Sinne des FBI nicht gerade als Respekt einflößende Erscheinung galt. Dazu wurde sie erst im blauen Hosenanzug und mit kühl distanzierter Haltung. In T-Shirt und abgewetzter Jeans jedoch nicht.
„Heiliger Strohsack, Sie sind ja wirklich vom FBI.“
Ein wenig verlegen reichte er ihr rasch den Ausweis zurück.
„Ich wusste nicht, dass das FBI in dieser Sache ermittelt.“
Tat es wahrscheinlich auch nicht. Sie behielt für sich, dass sie in der Nachbarschaft lebte, und fragte stattdessen: „Wer ist der leitende Ermittler?“
„Wie bitte?“
Sie wies zum Haus. „Wer leitet die Untersuchung?“
„Oh, das ist Detective Manx.“
Auf dem Weg zum Eingang spürte sie seinen Blick im Rücken. Ehe sie die Haustür hinter sich schloss, eilte der Beamte jedoch dem entlaufenen Absperrband nach, das sich über den größten Teil des vorderen Rasens verteilt hatte.
Niemand befand sich in der Nähe der Tür. Es war überhaupt niemand da. Das Foyer war fast so groß wie ihr neues Wohnzimmer. Sie ließ sich Zeit, schaute in jeden Raum, trat vorsichtig auf und berührte nichts. Das Haus war makellos sauber, nirgends ein Staubkorn, bis sie in die Küche kam. Auf dem Schneideblock der Kochinsel entdeckte sie alle Zutaten für ein Sandwich, allerdings vertrocknet und verschrumpelt. Ein welker Salatkopf lag auf dem Schneidebrett neben Tomatenkernen und Paprikastücken. Das Einwickelpapier mehrerer Schokoriegel, ein paar Getränkedosen und ein offenes Mayonnaiseglas warteten darauf, weggeräumt zu werden. Mitten auf dem Tisch lag ein Sandwich, dessen üppiger Belag sich über das Vollkornbrot wölbte, nur einmal angebissen. Maggies Blick wanderte durch die übrige Küche. Glänzende Arbeitsflächen und -geräte und ein blitzsauberer Fußboden, auf dem drei weitere Einwickelpapiere von Schokoriegeln lagen. Der Verursacher dieser Unordnung lebte eindeutig nicht hier.
Sie hörte jetzt Stimmen, gedämpft und von oben kommend. Während sie die Treppe hinaufstieg, vermied sie es, das Eichegeländer anzufassen, bezweifelte allerdings, dass die Detectives ebenso sorgfältig gewesen waren. Auf einer Stufe entdeckte sie einen Lehmklumpen, eventuell vom Schuh eines Beamten. Er glitzerte jedoch ungewöhnlich. Sie widerstand der Versuchung, ihn aufzuheben. Leider hatte sie nicht immer Beutel zum Sichern von Beweismitteln dabei. Obwohl es schon vorgekommen war, dass sie plötzlich einen in der Jackentasche entdeckte. Heutzutage fand sie ihre Beweise vornehmlich in Büchern, warum also Beweismittel klauen.
Sie
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