Magic Cleaning
dass der Stauraum, der Ihnen zur Verfügung steht, perfekt ist. Schließlich haben die Innenarchitekten, die die Einbauschränke etc. in Ihrer Wohnung geplant haben, sich etwas dabei gedacht. Ich habe im Laufe der Jahre zwar unzählige Beschwerden darüber gehört, dass der Stauraum zu klein sei, doch bisher habe ich noch kein Haus und keine Wohnung gesehen, wo dies tatsächlich der Fall gewesen wäre. Die Bewohner besaßen einfach nur zu viele Dinge, die sie gar nicht brauchten. Wenn wir gelernt haben, die Dinge auf die richtige Art und Weise auszuwählen und den Rest wegzuwerfen, bleibt wie durch Zauberhand nur das übrig, was wir mühelos im vorhandenen Stauraum unterbringen können. Das ist «Magic Cleaning».
Deshalb – ich kann es gar nicht oft genug wiederholen – dürfen wir das Pferd nicht von hinten aufzäumen. Erst hektisch mit dem Aufräumen zu beginnen, dann kopflos Dinge wegzuwerfen und sich am Ende zu fragen, wo der übriggebliebene Kram hinsoll, ist definitiv die falsche Strategie. Wir müssen zuerst einmal komplett ausmisten und entrümpeln, daran führt kein Weg vorbei. Wenn wir damit fertig sind, ist es einfach, einen festen Ort für die Dinge zu bestimmen, und zwar deshalb, weil sich unser Besitz auf ein Drittel oder gar Viertel der ursprünglichen Menge reduziert hat. Machen wir uns dagegen Gedanken über das Auf- und Wegräumen, bevor wir ausgemistet haben, oder fangen wir womöglich an, beim Verstauen der Dinge zu tricksen, dann ist die ewige Wiederkehr der Unordnung vorprogrammiert, egal wie sehr wir uns tagtäglich bemühen, das Chaos in Schach zu halten. Warum ich dies mit solcher Sicherheit behaupten kann? Ehrlich gesagt: weil ich es selbst erlebt habe.
Heute betone ich in meinen Kursen immer wieder, dass wir keine Meister im Verstauen, Wegräumen, Aufbewahren und Lagern werden dürfen. Und wie wichtig es ist, erst einmal diesen Programmpunkt zu vergessen und zunächst den Besitz zu verringern. Doch bis vor kurzem beschäftigte ich mich selbst auch zu 90 Prozent meiner Zeit mit den verschiedenen Methoden und Strategien des Verstauens. Da ich mich seit meinem sechsten Lebensjahr dafür interessiere, habe ich darin mehr Erfahrung als im Wegwerfen, dessen Bedeutung mir ja erst als Mittelschülerin bewusst wurde. Während meiner «Verstauungsphase» habe ich, mit dem neuesten Aufbewahrungsratgeber in der Hand, sämtliche Anweisungen umgesetzt und alle Tipps und Tricks durchprobiert – sowie regelmäßig deren Scheitern erlebt.
Täglich starrte ich die Dinge in meinen eigenen Schubladen, aber auch die Sachen in denjenigen meiner Geschwister und in der Schule an, verrückte sie auf der Suche nach der perfekten Ordnung um wenige Millimeter, überlegte, wie es wäre, wenn diese Schublade dahin oder dorthin geräumt würde, oder was passieren würde, wenn man diese oder jene Unterteilung wegnähme. Abends im Bett, mit geschlossenen Augen, sah ich immer noch die Ordnungspuzzleteile vor mir, wie sie verzweifelt ihren Platz suchten.
In meiner Jugendzeit dachte ich, dass das Verstauen ein Gedankenspiel sei, bei dem es darum ging, den Platz superrationell zu nutzen, um so viele Dinge wie möglich unterbringen zu können. Sobald ich einen Spalt zwischen den Möbeln entdeckte, stopfte ich dort irgendwelche Ordnungsutensilien hinein (schmale CD -Ständer zum Beispiel), und wenn dann der Spalt wunderbar geschlossen war, war das für mich ein Triumph, als hätte ich dem Teufel den Kopf abgeschlagen. Unmerklich hatte ich irgendwann dem Haus und den Dingen gegenüber eine feindselige Einstellung angenommen. Es gab für mich nur noch Sieg oder Niederlage.
So einfach wie möglich
Z u Beginn meiner Arbeit als Ordnungsberaterin hatte ich oft das Gefühl, dass ich beim Aufräumen in den Häusern meiner Klienten immer wieder wahre Wunder vollbringen müsse. Ich machte mir selbst den Druck, durch spektakuläre Verstauungsmethoden meine Professionalität unter Beweis zu stellen. Einmal wurde in der Sonderausgabe einer Zeitschrift vorgeschlagen, mit Hilfe eines Lattenrosts auch in den kleinsten Spalten Stauraum für verschiedene Dinge zu schaffen. Eine abstruse Idee, doch ich setzte sie um, in der Hoffnung, meine Kunden damit zufriedenzustellen. Wenn man nur eine Sekunde darüber nachdenkt, ahnt man schon, dass solch innovative Ideen höchstens den Erfinder glücklich machen, für den Nutzer aber kaum brauchbar sind.
Ich erinnere mich noch, wie ich einmal bei einer Klientin ein Utensil für die Küche
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