Magic Cleaning
ist sicher nicht falsch, und es gibt bestimmt Verfechter dieser Praktik. Doch meine eigene Auffassung weicht etwas ab, ja, ich wage sogar zu behaupten, dass Handlungsabläufe und eingefahrene Muster eben gerade
keine
Rolle spielen sollten.
Im Haus von Frau N., Hausfrau, um die 50 Jahre alt, erlebte ich Folgendes: Wir hatten bereits ohne Probleme Ordnung in ihre eigenen Dinge gebracht, als sie sagte, sie wolle nun die Sachen ihres Mannes aufräumen, dabei jedoch gleich einschränkte: «Mein Mann hasst es, wenn die Fernbedienung, das Buch oder was auch immer nicht sofort zur Hand ist.» Als ich mir das Haus genauer ansah, stellte ich fest, dass die Dinge des Mannes an höchst unterschiedlichen Stellen zu finden waren. Auf der Toilette gab es ein kleines Regal für seine Bücher, der Platz für seine Tasche war in der Diele, seine Unterwäsche und seine Strümpfe lagerten im Badezimmer. Wie immer ging ich nach der Strategie vor, alle Dinge an einem Ort zu versammeln. In diesem Fall einigten wir uns auf einen bestimmten Kleiderschrank, in dem auch bereits die Anzüge hingen. Ich ließ Frau N. also die Unterwäsche und Strümpfe dorthin umräumen sowie den Platz für die Tasche in den Schrank verlegen. «Ich glaube, er liebt es, die Dinge dort zu haben, wo er sie braucht. Hoffentlich wird er jetzt nicht grantig», sorgte sich Frau N. Doch die Befürchtung war unbegründet. Der Glaube, dass es praktisch sei, alle Dinge immer sofort zur Hand zu haben, beruht auf reiner Einbildung. Frau N.s Mann hat dies rasch eingesehen und erklärte schließlich sogar, dass er mit «seinem» Schrank bestens zurechtkäme – und warum seine Frau dies nicht schon vorher so eingerichtet habe …
Was geschieht, wenn wir uns überlegen, wo wir eine Sache hinräumen wollen? Richtig! Die meisten von uns bestimmen einen Ort, von dem sie meinen, dass er praktisch ist, weil sich die Sache dort schnell und einfach hervorholen lässt. Doch diese Logik hat einen Haken! Halten wir uns vor Augen, dass die Ursache der Unordnung oft darin liegt, dass wir zu träge sind, die Dinge wieder an ihren Ort zurückzulegen. Dies bedeutet, dass wir den Aufwand beim Zurücklegen minimieren müssen und nicht den beim Hervorholen. Da wir beim Holen oder Nehmen eines Gegenstands ein eindeutiges Ziel haben, stört uns der Aufwand dabei nicht so sehr. Wenn der Gegenstand dann nach Benutzung wieder weggeräumt werden soll, haben wir keine Lust dazu oder wissen gar nicht so genau, wie seine «Adresse» lautet. Also legen wir den Gegenstand irgendwo ab – und schon entsteht Chaos.
Viele Menschen haben den Wunsch, die Dinge gemäß ihren täglichen Handlungsabläufen zu ordnen. Doch
wie
, glauben Sie, wurden diese Handlungsabläufe ursprünglich einmal festgelegt? Nicht etwa anhand der Bedürfnisse der handelnden Person, sondern durch die Stelle, an der die Dinge aufbewahrt wurden. Lagerte das Toilettenpapier im untersten Regalfach der Speisekammer, musste man sich in die Küche bequemen, um für Nachschub im Badezimmer zu sorgen. Warum? Weil im Bad kein Platz dafür war – und weil man es eben schon immer so gemacht hat. Das, was Sie für einen gewohnten und bewährten Handlungsablauf halten, ist in Wirklichkeit durch eine Reihe von Zufällen und äußeren Gegebenheiten entstanden. Der Ablauf ist also beliebig und folgt keiner Logik. Er ist daher nicht geeignet, etwas zur Bestimmung eines festen Aufbewahrungsortes für diesen oder jenen Gegenstand beizutragen. Schnell werden sich die Dinge wieder auf mehrere Stellen verteilen und sich munter vermehren. Vor lauter verschiedenen Aufbewahrungsorten wissen wir bald nicht mehr, was sich wo befindet, und verzetteln uns in immer neuen Ordnungsstrategien, mit denen wir das Leben unnötig kompliziert machen.
Hinzu kommt, dass nur wenige Häuser so groß sind, dass man die täglichen Abläufe strukturieren muss. Wir wohnen ja nicht in Palästen, in denen man vom Westflügel bis in den Ostflügel fünf Minuten braucht. In unseren Räumlichkeiten sind die Wege kurz! Hat man etwas vergessen, kann man also ruhig noch einmal zurückgehen. Wenn Sie in einem aufgeräumten Ambiente leben möchten, dann ist es sinnvoller, die Dinge so aufzubewahren, dass Sie zu jeder Zeit ganz genau wissen, was sich wo befindet – und nicht zu überlegen, welche Dinge Sie wie und wann zur Hand haben wollen, ohne sich dafür auch nur einen Millimeter zu bewegen. Eine gute Idee ist es übrigens auch, bei der Suche nach einem geeigneten Aufbewahrungsort
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