Magic Cleaning
solche Gedanken sind taktlos. Wir sollten unsere Kleidung schließlich mit der Absicht kaufen, sie gerne zu besitzen, sich an ihr zu erfreuen und sie oft zu tragen. Deshalb schneiden wir die Schilder gleich nach dem Kauf ab. Dann ist das Stück keine Ware mehr. Es ist fast ein feierlicher Augenblick, denn mit dieser Prozedur durchtrennen wir die «Nabelschnur» zum Geschäft. Nun endlich kann das Kleidungsstück ein neues, selbständiges Leben als Familienmitglied beginnen.
Vorsicht, Reizüberflutung
D ie im Aufräumen Fortgeschrittenen konnten die typischen Ordnungsprobleme wie «zu viele Dinge» und «wohin mit den Dingen» meistern und haben auch keinerlei Rückfälle erlitten. Doch in diesem Stadium bekommen viele meiner Schüler und Schülerinnen das Gefühl, dass noch irgendetwas fehlt. Sie wünschen sich mehr Gemütlichkeit oder einfach nur eine harmonischere Atmosphäre.
Unter meinen Klientinnen gibt es solche, bei denen man beim Anblick ihres ordentlichen Hauses auf den ersten Blick meint, sie hätten keine weiteren Unterrichtsstunden mehr nötig. Wie zum Beispiel Frau K. ( 30 Jahre alt), verheiratet, eine sechsjährige Tochter. Frau K. war in meinem Kurs eine echte Musterschülerin. Sie liebt das Aufräumen seit ihrer Kindheit und hat auch mit dem Wegwerfen kein Problem. Bereits in der ersten Stunde entsorgten wir mehr als 200 Bücher und 32 Müllsäcke. Die passionierte Hausfrau und Mutter lädt zweimal im Monat andere Mütter mit ihren Kindern zum Tee ein und veranstaltet außerdem regelmäßig Kurse im Blumenstecken, sodass sie häufig Besuch hat. Sie interessiert sich aber auch für viele andere Dinge, ist gebildet und hat ein ausgeprägtes Gespür für Menschen, Dinge und Schwingungen.
Frau K. führt ihren Haushalt so, dass, wie sie sagt, «ich mich nicht schämen muss, wenn Gäste kommen». Fast alle Dinge kann sie in den Einbauschränken der Dreizimmerwohnung sowie in den zwei schulterhohen Drahtgestellen unterbringen. Auf dem hellen Buchenholzboden liegt nichts herum, und es ist immer tipptopp sauber. Von den befreundeten Müttern hört sie nur: «Wo willst du denn noch aufräumen? Hier sieht es doch aus wie geleckt!» Dennoch ist sie nicht ganz zufrieden. «Wir haben zwar nur wenige Dinge, und die Wohnung sieht gut aus, aber irgendwie finde ich es nicht gemütlich. Ich fühle mich oft nicht richtig wohl.» Als ich Frau K. dann mal wieder besuchte, war es, wie gesagt, wirklich sauber und ordentlich. Doch auch ich hatte ein komisches Gefühl.
In solchen Fällen überprüfe ich die Stauräume. Als ich den großen Wandschrank öffnete, hatte ich gefunden, was ich suchte. An den Plastikcontainern prangten noch die Markenetiketten und Werbeaufkleber, und auf den Verpackungen las man «jetzt neu», «Vorteilspack», « 15 % gratis», «verbesserte Formel» etc. Wohin man blickte: Buchstaben, Buchstaben, Buchstaben …
Tatsächlich war dies der Kern des Problems. Die Reizüberflutung, der wir ausgesetzt sind, sobald wir den Schrank oder die Kommode öffnen, verbreitet Unruhe, denn die Wörter, Schriftzüge und Slogans werden unbewusst als Information verarbeitet und klingen im Kopf nach. Wenn Frau K. morgens ihre Kleidung für den Tag auswählte, flüsterte es die ganze Zeit um sie herum « 15 % gratis» und «Vorteilspack». Beängstigend an der ganzen Sache ist, dass wir diese Reizüberflutung nicht ausschalten können, indem wir einfach die Türen schließen. Buchstaben werden zu Lauten und erfüllen so den Raum mit einem kaum hörbaren Hintergrundrauschen. Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass in Wohnungen, die auf den ersten Blick tadellos erscheinen, in denen aber trotzdem eine unruhige Atmosphäre herrscht, häufig die überflüssigen Informationen in den Schränken die Ursache sind. Je weniger Dinge wir besitzen und je besser aufgeräumt die Wohnung ist, desto lauter nehmen wir das Gewisper wahr und als desto störender empfinden wir es.
Deshalb ist es wichtig, marktschreierische Aufkleber zu entfernen beziehungsweise die Ware, wo es möglich ist, aus ihrer Verpackungen zu nehmen. Davon profitieren nicht nur wir, sondern auch die Ware selbst, denn ähnlich wie bei Kleidungsstücken, denen man das Preisschild entfernt, kann auch unser Weichspüler oder unsere Duftkerze ohne dumme Sprüche viel leichter ein «Familienmitglied» werden. Bedenken Sie immer, dass selbst der den Blicken verborgene Teil der Wohnung – wie etwa die Schränke, die Abseiten, die Kellerräume – zur Wohnung
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