Magic Cottage
einem ganz anderen Licht erscheinen, hab' ich recht?« flüsterte sie.
Sie hatte recht; wirklich. In diesem Raum herrschte eine Aura, die, wie ich zu erkennen meinte, dem unbehinderten Sonnen-strahlen zuzuschreiben war; und der Helligkeit, die von den runden Wänden reflektiert wurde . . . und doch war das nicht alles, da war mehr, viel mehr, eine Lebendigkeit, eine Vitalität, etwas Nicht-Greifbares und doch sehr Reales. Aber du mußt dich ihm öffnen, flüsterte eine leise Stimme in meinem Hinterkopf. Du mußt es fühlen WOLLEN. Ich mag ein Zyniker sein, dann und wann, aber ich kannte mich durchaus auch mit den feineren Gefühlsanwandlungen aus, und die wurden durch die Atmosphäre dieses Raumes (und verstärkt noch ganz sicher durch Midges Begeisterung) irgendwie freigesetzt. Lieber Gott, ja, ich wollte es fühlen, und ich wollte diesen Ort besitzen. Doch dessen ungeachtet raunte mir jene andere Hälfte in mir zu, wie es wohl im Winter sein würde, wenn Schneewolken die Sonne verbargen. Würde die Energie dieses Raumes verlorengehen? Würde die Magie — dort, in jenem Raum, kam es mir zum ersten Mal in den Sinn, dieses Wort, obwohl ich die Bedeutung noch grausam unterschätzte -, würde die Magie verschwinden? — Doch in diesem Moment war mir das gleich. Die Gegenwart und diese so jäh geweckte Sehnsucht — das war alles, was zählte.
Ich ging zu Midge hinüber und drückte sie so fest an mich, daß sie nach Luft schnappte. »Weißt du, ich glaube, jetzt packt es mich auch«, sagte ich, ohne es wirklich zu verstehen.
Der Rest des Hauses war daraufhin nicht mehr so wichtig. In einem der eher konventionellen Nebenzimmer fanden wir noch einen langen, gezackten Riß, der vom Boden zur Decke hochlief, und im darauffolgenden Zimmer Schimmelflecken. Das winzige Bad war gerade noch funktionell zu nennen. Dunkle Flecken verfärbten die Wanne. Das Treppenhaus verjüngte sich nach oben hin; die Treppe führte empor, in seltsam geformte Speicherräume — sie lagen direkt unter dem Dach und waren mit kleinen Fenstern versehen, die das Tageslicht nur ungenügend hereinließen. Die Decken waren jedoch isoliert; eine Falltür führte auf den Dachboden hinauf.
Ich hätte einen Stuhl oder eine Trittleiter gebraucht, um hochzukommen und einen Blick hineinwerfen zu können; also machte ich mir erst gar nicht die Mühe. Ich konnte mir vorstellen, daß es im Dach einige Löcher gab — jedenfalls nach der Menge von Ziegeln zu urteilen, die draußen verstreut lagen. Wir schnüffelten im zweiten und dritten Stock herum, entdeckten morsche Fensterrahmen, verzogene Schranktüren, die man nicht schließen konnte, und noch mehr Feuchtigkeit und Risse in den Wänden — alles jedoch weniger ernsthaft als der Boden-Decke-Riß. Selbst die Stufen protestierten unter unserem Gewicht, und ein Brett bog sich so stark durch, daß ich schon befürchtete einzubrechen und hastig wegsprang. — Natürlich lag auch überall eine feine Staubschicht.
Ich weiß nicht, warum, aber wir vermieden es wissentlich, das runde Zimmer noch einmal zu betreten — vielleicht warnte uns unser Unterbewußtsein davor, diesen Effekt an einem einzigen Tag zweimal auszukosten, oder vielleicht wollten wir uns auch nur unsere Objektivität bewahren, nachdem wir jetzt das ganze Haus inspiziert hatten. Ohne jede Schwierigkeit konnte ich den Schlüssel drehen, nachdem ich die Haustür hinter mir zugezogen hatte, und dann gingen wir (allerdings sehr langsam) jenen Weg zurück, den wir vorhin gekommen waren.
Außerhalb des Gartentors lehnten wir uns gegen den Kotflügel unseres Passat; ich zog Midge behutsam an mich, und so standen wir da, beide eine ganze Weile gedankenverloren. Der verwahrloste Garten und der schlechte Allgemeinzustand des Hauses bereiteten mir eine Menge Sorgen, und als ich Midge von der Seite her ansah, war ich mir sicher, zumindest auch ein vages Flirren von Unsicherheit in ihren Augen zu bemerken.
Das Auf und Nieder meiner eigenen Begeisterung machte mich schon nervös genug; vielleicht hatte ich mir von ihr eine Bestätigung erhofft. Unsicherheit hätte ich bei ihr ganz zuletzt vorzufinden erwartet.
Ich sah auf meine Armbanduhr und sagte: »Unterhalten wir uns bei einem Bier und einem Sandwich.«
Sie konnte den Blick nicht abwenden von Gramarye; nicht einmal, als sie schon ins Auto stieg — und als wir losfuhren, verdrehte sie den Hals, um weiterhin nach hinten sehen zu können. Ich fuhr nicht nach Cantrip zurück, noch nicht (ich konnte mich
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