Magic Girls 01 - Der verhängnisvolle Fluch
– fünf Jahre im HEXIL zu leben! Mit diesem Gedanken wollte sich Elena nicht anfreunden. Sie hatte sich nie besonders für die Menschen interessiert, obwohl sie im Geschichtsunterricht manchmal über sie sprachen. Sicher waren die Menschen langweilig und fantasielos, ungehobelt und ohne Kultur. Wie konnte man ohne Zauberei zurechtkommen? Was lernten die Menschen denn in der Schule? Das musste doch tödlich langweilig sein! Und die geheimnisvolle Technik, um die die Menschen so viel Aufhebens machten, bestand bestimmt hauptsächlich aus einem Gewirr von Kabeln, über das man stolperte, bevor man ins Bett ging, das einen wahrscheinlich nicht einmal in den Schlaf wiegen konnte.
Am unvorstellbarsten aber war es für Elena, dass sie die ganze Zeit von Miranda getrennt sein sollte. Fünf Jahre lang! Das war ja nicht zum Aushalten, allein schon der Gedanke daran!
»Ich weiß, was du gerade denkst«, sagte Miranda und lächelte Elena an. »Das ist lieb von dir, aber ich finde, du solltest dir den Vorschlag deiner Großmutter durch den Kopf gehen lassen. Es wäre nämlich wirklich eine Chance für euch, aus diesem Schlamassel hier rauszukommen.«
»Danke, Miranda«, sagte Mona. »Ich sehe, du hast begriffen, worum es geht.«
»Fünf Jahre sind allerdings schon eine sehr lange Zeit«, meinte Miranda. »Darf man zwischendrin mal die Welten wechseln? Besuche machen? Darf man telefonieren und Post austauschen?«
»Sicher wird das möglich sein«, entgegnete Mona. »Der Oberamtszaubermeister wollte mir die HEXIL-Unterlagen baldmöglichst zukommen lassen, und darin steht alles, was wir wissen müssen.«
»Das heißt also tatsächlich, dass man im HEXIL nicht völlig abgeschnitten von der Hexenwelt ist«, sagte Miranda nachdenklich.
»Garantiert nicht«, bekräftigte Mona.
Miranda sah Elena an. »Du weißt, dass ich mich brennend für Menschen interessiere. Es muss doch wahnsinnig spannend sein, in einer Gesellschaft zu leben, die ganz ohne Magie zurechtkommt! Wie machen die Menschen zum Beispiel Licht? Wie verständigen sie sich ohne Kommunikationskugel? Wie wissen sie, wenn sie dringend gebraucht werden – ohne den Gedankennotruf?«
Elena zuckte die Achseln. War das wirklich so wichtig? Miranda übertrieb es. Menschenkunde war ihr größtes Hobby. Sie besaß sogar ein Märchenbuch der Gebrüder Grimm, das aus der Menschenwelt stammte. Miranda hatte es vor einem halben Jahr auf einem Flohmarkt ergattern können.
»Könnte ich nicht ins HEXIL mitkommen?« Miranda sah Mona bittend an. »Ich müsste natürlich erst meine Eltern fragen, ob sie einverstanden sind. Aber es wäre für mich eine einmalige Chance. Mein Wunsch ist es, später als Diplomatin zu arbeiten. Ich weiß, das ist alles noch Zukunftsmusik, aber vielleicht kann ich eines Tages einmal zwischen den Menschen und den Hexen vermitteln.«
»Das ist allerdings ein kühner Wunsch«, sagte Mona und ihr Gesicht wurde dabei ernst. »Die Menschen haben den Hexen in der Vergangenheit sehr großes Unrecht zugefügt, und seither wurden alle diplomatischen Beziehungen abgebrochen. Die Grenze zwischen den Welten wurde immer mehr verstärkt.«
»Darf ich ins HEXIL mitkommen?«, wiederholte Miranda flehend. »Ach bitte! Elena wird sich nicht so einsam fühlen, und wir könnten uns gegenseitig dabei unterstützen, Informationen über die Menschen zu sammeln.«
»Wir wissen ja noch gar nicht, ob wir tatsächlich gehen«, schaltete sich jetzt Jolanda ein, die die ganze Zeit geschwiegen hatte. »Ich gebe zu, Mutter, dein Vorschlag hört sich nicht schlecht an, aber so einen Entschluss kann man nicht übers Knie brechen. Außerdem muss ich Daphne und Rufus fragen, was sie davon halten – denn ohne meine Kinder gehe ich auf keinen Fall!«
Elena konnte sich schon vorstellen, dass ihre Schwester Daphne überhaupt nicht begeistert sein würde. Sie war fünfzehn und hatte seit Kurzem einen Freund. Daphne und die Jungs – das war ohnehin ein Kapitel für sich. Seit ihrem zwölften Geburtstag war Daphne fast ständig in irgendjemanden verliebt und sorgte dadurch für jede Menge Chaos. Es lag nicht nur an ihren wechselnden Gefühlen oder an ihrem Herzschmerz. War eine Hexe verliebt, dann geriet ihre Magie außer Kontrolle. Zaubersprüche funktionierten nicht mehr oder ihre Wirkung war ungleich stärker als sonst. Gedanken oder Wünsche konnten Vasen zerschmettern oder Dinge zu Boden fallen lassen. Selbst während des Schlafs riefen die Sehnsüchte einer verliebten Hexe zuweilen
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