Magic Girls 05 - Die grosse Prüfung
steinernen Fratzen verziert – Dämonen, die Theobaldus’ Haus bewachen sollten. Eusebius fühlte sich unbehaglich, als er an den Gesichtern vorbeiging. Die Augen der Dämonen schienen ihn zu beobachten. Eusebius baute eine magische Blockade um seinen Kopf auf, damit niemand seine Gedanken lesen konnte.
Der Weg durch das Kellergewölbe kam ihm endlos vor. Immer wieder gab es Kreuzungen und Seitengänge. Ab und zu erkannte Eusebius einige markante Punkte wieder, beispielsweise Runen, die in den Steinfußboden geritzt waren. Nicht immer kannte er die Bedeutung der mysteriösen Zeichen.
Schließlich kamen sie in einen Raum mit einer gewölbten Decke. In den Mauernischen brannten kleine rötliche Flammen. Ihr zuckender Schein warf gespenstische Schatten. Eusebius sah etliche Steintafeln, die sowohl in den Boden als auch in die Wände eingelassen waren. In der Mitte des Gewölbes standen mehrere Sarkophage. Ein Schauder überlief den jungen Zauberer. Hier war er noch nie gewesen.
»Unsere Familiengruft«, sagte Theobaldus Magnus mit heiserer Stimme. »Ich glaube, du kennst sie noch gar nicht, oder?«
Die Leuchtkugel wurde etwas heller, sodass Eusebius die Inschriften der Steintafeln lesen konnte. Hier waren lauter berühmte Zauberer begraben. Er kannte viele der Namen.
Eusebius zögerte. »Waren deine Vorfahren … auch Schwarzmagier?«, fragte er dann.
»Es sind auch deine Vorfahren«, meinte Theobaldus. »Schließlich bist du mein Neffe.« Nach einer kleinen Pause beantwortete er Eusebius’ Frage: »Nach außen galten unsere Ahnen als untadelige Zauberer, aber in Wahrheit waren sie große Meister der schwarzen Kunst. Sie bezwangen die stärksten Dämonen und machten sich sogar einige Höllenfürsten untertan.«
Eusebius presste die Lippen zusammen. Das Gewölbe hatte eine düstere Ausstrahlung. Man konnte die schwarze Magie förmlich spüren. Eusebius bildete sich ein, dass es in den Ecken leise flüsterte.
»Die Ahnen schlafen nur«, fuhr Theobaldus mit gedämpfter Stimme fort. »Manchmal komme ich in diese Gruft, wenn ich einen Rat brauche. Die Geister der Vorfahren antworten mir, und ich kann von ihrer Klugheit profitieren. Ich werde dich noch in die Kunst der Geisterbeschwörung einweisen, Eusebius. Aber nicht heute Abend, sondern in der nächsten Zeit.« Er machte eine kleine Pause und fuhr dann fort: »Du sollst das Ritual lernen, damit du auch meinen Geist einmal anrufen kannst – falls mir etwas zustoßen sollte.«
Er hat Angst
, schoss es Eusebius durch den Kopf. »Warum sollte dir etwas zustoßen?«, fragte er laut.
»Die Zeiten haben sich geändert, seit
er
wieder unter uns ist«, erwiderte Theobaldus Magnus. »Es gibt Leute, die ihn jagen. Ich weiß, dass der Geheimdienst hinter ihm her ist. Wir müssen ihn schützen, notfalls auch mit unserem Leben. Das ist unsere Aufgabe.«
»Redest du von Mafaldus Horus?«, fragte Eusebius leise.
»Von niemand anderem.« Theobaldus holte Luft. »Er ist der größte Magier aller Zeiten, Eusebius,« betonte er.
Eusebius benötigte all seine Kraft, um seine Gedanken abzuschirmen. Ihm wurde bewusst, auf welches gefährliche Doppelspiel er sich eingelassen hatte. Wenn Theobaldus etwas von seiner Abtrünnigkeit erfuhr, würde es sein Untergang sein!
»Komm jetzt!« Theobaldus klopfte seinem Neffen so unvermittelt auf die Schulter, dass dieser zusammenzuckte. »Wir müssen weiter. Die Versammlung der
Schwarzen Zauberkutten
beginnt bald.«
Noch nie war Eusebius eine Versammlung der
Zauberkutten
so lang vorgekommen wie diesmal. Die Reden, die einzelne Mitglieder hielten, zogen sich endlos hin. Eusebius trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Insgeheim befürchtete er, dass irgendjemand beobachtet hatte, wie er vor einigen Wochen versucht hatte, Miranda vor Mafaldus’ Fluch zu schützen. Doch bisher war weder Eusebius noch Theobaldus darauf angesprochen worden. Der junge Hexer hoffte sehr, dass er nicht erkannt worden war. Damals war ja alles auch rasend schnell gegangen, und die allgemeine Aufmerksamkeit hatte sich dann sehr rasch auf das Zauberduell zwischen Mafaldus Horus und Leon Bredov gerichtet.
Als letzter Redner trat Theobaldus Magnus nach vorne und winkte seinem Neffen, ihn zu begleiten. Eusebius folgte ihm missmutig und stellte sich neben das Rednerpult. Zum Glück fing es an zu nieseln, und Eusebius nutzte die Gelegenheit, um seine Kapuze tiefer ins Gesicht zu ziehen.
»Liebe Freunde«, begann Theobaldus. »Wir wissen alle, dass der
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