Magic Park 1 - Das Geheimnis des Greifen (German Edition)
kann, die sie ohnehin nie liest.«
»Muss ich denn mit ihr reden?« Zoe seufzte. »Das letzte Mal hat sie mir einen endlosen Vortrag darüber gehalten, dass sogar ein altersschwacher Basilisk es zu schätzen wüsste, wenn ich hin und wieder hohe Schuhe tragen würde.«
»Ich deck den Tisch zu Ende«, bot Blue mit seinem Mann-zum-Glück-bin-ich-Einzelkind-Lächeln an.
Zoe eilte die Treppe hinauf und konnte schon unterwegs das Plingen und Bloopen von Skype auf ihrem Laptop hören. Als sie in das Zimmer kam, das sie sich mit Keiko teilte, lag die ausgebreitet auf ihrem Bett und starrte finster ihre Mathehausaufgaben an. Ihre langen geflochtenen Zöpfe hatte sie hochgesteckt, sodass es aussah, als hätte sie zwei Extraohren auf dem Kopf.
»Schalt das Ding endlich ab!«, keifte Keiko.
»Mein Tag war super, danke«, maulte Zoe. »Und deiner?«
»Oh, cleverer Spruch«, höhnte Keiko. »Und so einfallsreich. Wie dein Sinn für Mode.« Sie schloss ihre Mathebücher und stolzierte demonstrativ aus dem Zimmer.
Na HERZLICHEN Dank, Universum, dass du mir gleich ZWEI bescheuerte Schwestern geschenkt hast. Zoe setzte sich an ihren Schreibtisch und klickte auf »Mit Video annehmen«. Sofort tauchte Rubys Gesicht auf dem Bildschirm auf. Ruby beugte sich zur Kamera und hatte den Blick auf den unteren Bildschirm geheftet, wo sie sich selbst im Video sehen konnte. Immer wieder neigte sie den Kopf in eine etwas andere Richtung und probierte aus, wie sie am süßesten wirkte.
»Hi, Ruby.« Zoe gab sich Mühe, einigermaßen gut gelaunt zu klingen. »Hey, du bist ja wieder blond.« Rubys asymmetrischer Kurzhaarschnitt lag in einem auffälligen Seitenscheitel. Von ihren Ohren baumelten herzförmige Rubine, ein anderer winziger Rubin glitzerte an ihrer Nase. Zoe wusste, dass Ruby die Ohrringe von Jonathan zum siebzehnten Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Das dramatische Ende ihrer Beziehung schien Ruby ganz offensichtlich nicht davon abzuhalten, sie weiterhin zu tragen.
»Zoe, was TREIBST du denn nur?« Ruby spähte angestrengt auf den Bildschirm. »Und hast du da etwa schon wieder Flanell an? Haben wir darüber nicht erst geredet?«
»Es gibt gleich Abendessen, Ruby, also –«
»Spinnst du? Abendessen? Wie kannst du auch nur an Essen denken , solange die armen kleinen Greifenbabys irgendwo da draußen sind?«
Zoe atmete tief durch, um sich abzureagieren – jedoch ohne Erfolg. Es gab einen einzigen Weg, wie Ruby von den vermissten Greifen hatte erfahren können. Matthew! Warum tust du mir das an? »Schon okay«, sagte sie. »Drei haben wir bereits wieder.«
»Ach ja?« Ruby begutachtete ihre Zähne und rubbelte ein bisschen Lipgloss ab. »Wo waren sie?«
»In der Bibliothek, der Bank und …«, Zoe fiel auf die Schnelle keine Notlüge ein. »Und bei Logan zu Hause.«
» Wer? Logan? Er hat doch nichts mitbekommen, oder?«
»Er ist nur ein Typ aus meiner Klasse«, sagte Zoe. »Ähm. Er … hilft uns sozusagen. Er kann die Greifenbabys hören, Ruby. Das ist ganz schön abgefahren.«
»Nein!« Ruby spießte mit ihrem Zeigefinger fast den Bildschirm auf. »Oh nein, mein Fräulein! Du kennst die Regeln, Zoe! Mir ist völlig egal, wie süß er ist. Du willst dir doch bestimmt nicht auch noch das Herz brechen lassen, oder?«
Zoe gab sich wirklich allergrößte Mühe, die Bemerkung über Rubys gebrochenes Herz zu überhören. »Ich hab nie behauptet, dass er süß ist!«, beschwerte sie sich. »So ist das nicht. Ich kenne ihn ja kaum. Er hat uns geholfen, das ist alles.«
»Aber ihr lasst ihn doch nicht einfach wieder gehen, jetzt wo er von der Menagerie und allem weiß?!«
Wie ironisch. Ironisch und unfair, dachte Zoe bitter.
»Ruby, ich muss jetzt zum Abendessen.« Sie griff nach der Maus.
»ZOE!«, brüllte Ruby. »Hast du überhaupt eine Ahnung, worum es hier geht? Weißt du, was passiert, wenn FABA rausfindet, dass diese Knirpse getürmt sind?«
»Natürlich weiß ich das. Sie werden die Menagerie schließen. Das will ich genauso wenig wie du, Ruby.« Und das stimmte – sosehr sie sich manchmal auch ein normales Leben wünschte, die Menagerie würde sie für nichts und niemanden aufs Spiel setzen.
»Das meine ich nicht«, flötete Ruby ein bisschen schadenfroh. »Mom und Dad wollen nicht, dass du es erfährst, aber ich finde, du solltest es wissen. Seit diesem ganzen Dilemma letztes Jahr am Amazonas hat FABA eine neue Regel aufgestellt: Jedes entwischte Tier soll auf der Stelle getötet werden.«
Eine Hand auf
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